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Kommentar Flugsicherung

Privatisierung mit Grundgesetz

Eine Überraschung ist das nicht. Das Zögern des Präsidenten war schon öffentlich, seine Skepsis halb öffentlich geworden, bevor daraus der definitive Bescheid wurde: Dies Gesetz unterzeichne ich nicht. Mal abgesehen von den jedesmal umstrittenen Fragen, ob das Staatsoberhaupt die Arbeit des Gesetzgebers überhaupt dem Inhalt nach (oder nur auf korrektes Verfahren) prüfen darf, und ob bei Nicht-Billigung die verweigerte Ausfertigung angemessen ist, oder nicht vielmehr eine Signatur unter Vorbehalt (mit Verweis auf das Verfassungsgericht) - abgesehen davon ist Köhlers Entscheidung zu begrüßen.

Im Gegensatz zu den genannten Fragen handelt es sich nämlich nicht um Spitzfindigkeiten für konstitutionelle Feingeister. Das Überlinger Flugzeug-Unglück hat es auf schreckliche Weise gezeigt, die Rechtsprechung dazu hat es in wünschenswerter Deutlichkeit festgehalten: Die Eigentümerstruktur der Flugsicherung und die Aussicht auf wohlbehaltene Landung der Fluggäste haben miteinander zu tun. Köhlers Feststellung, der Staat verstoße gegen seine Aufgabe, wenn er das Instrument zu ihrer Erfüllung aus der Hand gebe, verdient Beifall.

Allzu sorglos folgt allerdings sein Fingerzeig, der Gesetzgeber könne sich ja durch Änderung des Grundgesetzes aus der Verlegenheit helfen. Die Hürden des Grundgesetzes sind kein sportliches Problem, sie haben durchaus eine sinnvolle Schutzfunktion.

Es geht also nicht darum, die Verfassung privatisierungsgerecht hinzuhobeln. Umgekehrt wird Sicherheit draus: Wer privatisieren will, halte sich gefälligst ans Grundrecht. Knut Pries

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Copyright © FR online 2006
Dokument erstellt am 24.10.2006 um 17:16:20 Uhr
Letzte Änderung am 24.10.2006 um 17:45:31 Uhr
Erscheinungsdatum 25.10.2006