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Dossier Kiel riegelt Sparkassensektor ab

von Fidelius Schmid, Hamburg

Die künftige Kieler Landesregierung will den Sparkassensektor in Schleswig-Holstein anders als Berlin nicht für Privatinvestoren öffnen. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen haben CDU und SPD sich bei ihren Koalitionsgesprächen darauf geeinigt, die Institute in ihrer öffentlich-rechtlichen Form zu belassen.

Peter Harry CarstensenDer Beschluss zerstört zuletzt aufkeimende Hoffnungen der Privatbanken auf eine rasche und breite Öffnung des Sparkassenlagers. Ob Beteiligungen anderer Institute aus der Sparkassen-Familie ermöglicht werden sollen, wird den Informationen zufolge in den kommenden Monaten geprüft. Wie es in Verhandlungskreisen weiter hieß, ist diese Option direkt auf den Expansionswillen der Hamburger Sparkasse (Haspa) gemünzt. Sie will ihren Einflussbereich über kapitalunterlegte Beteiligungen an anderen Instituten und die gemeinsam mit Bremen betriebene Norddeutsche Retailholding massiv ausbreiten. "Das Ganze ist nicht so formuliert, aber es geht eindeutig um die Haspa", sagte ein mit der Situation Vertrauter der FTD.

Sparkassenpolitisch sind auch diese Überlegungen brisant: Anders als die meisten deutschen Sparkassen ist die Haspa kein kommunales Institut, sondern gehört über eine verwinkelte Konstruktion de facto sich selbst. Ihr Expansionsstreben hat bei den Sparkassen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen wiederholt für Aufregung gesorgt.

Umso überraschender war, dass der Schleswig-Holsteinische Sparkassen- und Giroverband und die Haspa kürzlich bekannt gaben, der Verband beteilige sich künftig an der von der Haspa dominierten Norddeutschen Retailholding.

Zu genauen Inhalten äußerten sich die Parteien damals nicht; es wird auch nicht erwartet, dass Haspa-Chef Karl-Joachim Dreyer sich auf Bilanzpressekonferenz des Instituts am Freitag dazu äußern wird.

Verband begrüßt Entscheidung

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) begrüßte am Donnerstag, dass der Sparkassensektor in Schleswig-Holstein sein öffentlich-rechtliches Gesicht wahren soll. Als zentrales Organ der kommunal bestimmten Gruppe hat er sich stets gegen den Einfluss privaten Kapitals auf die Institute gewehrt. Zwischen dem privaten und öffentlichen Bankenlager tobt in Deutschland seit Jahren ein erbitterter Streit, der sich unter anderem daran entzündet, dass die privaten Banken Teile ihrer Ertragsschwäche auf die Existenz der Sparkassen zurückführen und sie diese nicht erwerben können. Zuletzt war in Stralsund der Versuch gescheitert, eine Sparkasse zu privatisieren. Ob das möglich ist, bestimmt das in dem jeweiligen Bundesland gültige Sparkassengesetz.

Für helle Aufregung hatten deswegen in der Organisation Pläne der Berliner Regierung gesorgt: Danach sollen die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, die es erstmals privaten Investoren ermöglichen, die Berliner Sparkasse zu kontrollieren. Hinzu kamen Anfang der Woche Medienberichte, Schleswig-Holstein wolle ebenfalls seinen Sparkassensektor für Private öffnen. Zu der möglichen Expansion einer freien Sparkasse in den kommunalen Sektor in Schleswig-Holstein wollte der DSGV auf Anfrage keine Stellung nehmen.

Privates Engagement bei Sparkassen will die Kieler Regierung möglicherweise Kunden über stille Einlagen ermöglichen. Dies werde aber noch geprüft. Zudem hieß es, dass diese Beteiligungen maximal bis zu 49 Prozent betragen dürften. Da es sich außerdem nicht um Beteiligungen am Stammkapital handele, sei damit auch ausgeschlossen, dass dadurch Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftspolitik der Institute entstünden. Sparkassenpolitisch gilt das als absolut unspektakulär, da dies bereits in einigen Ländern möglich ist.

Der zuletzt stellenweise heraufbeschworene Dammbruch in Richtung einer Privatisierung hat mit der Kieler Einigung nun keinen Vorschub erhalten. Möglicherweise aber könnten Entwicklungen im Saarland die strikte Trennung zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor der Kreditwirtschaft aufweichen. In dem Bundesland arbeitet eine Arbeitsgruppe an einer Reform des Sparkassensektors. CDU-Wirtschaftsminister Hanspeter Georgi hat sich wiederholt für die Beteiligung privaten Kapitals an Sparkassen ausgesprochen.

Aus der FTD vom 15.04.2005
© 2005 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP