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FR vom 17.11.2006 Gescannter Bericht
Kein Freibrief für Sparkassengesetz
Europäische Union behält sich Einwände gegen Hessens
Pläne vor/SPD-Abgeordneter warnt vor Zerschlagung
Die hessische Landesregierung will
Kommunen ermöglichen, untereinander Anteile an Sparkassen zu
übertragen. Kritiker warnen, dass damit - gewollt oder
ungewollt-der Weg für Privatisierungen geebnet werde.
BRÜSSEL -EU-Kommissar Charlie McCreevy erklärt, seine
Behörde sei nicht befugt, „Gemeinschaftsrecht in bindender Weise
auszulegen". Zudem dürfe die EU-Kommission „nicht auf ihr Recht
verzichten, zukünftige Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten",
schreibt der Ire auf Anfrage des SPD-Europa-abgeordneten Udo Bullmann.
In anderen Worten; Brüsseler Freibriefe für Gesetzesvorhaben
darf es nicht geben.
Dieser Hinweis ist eigentlich selbstverständlich, dennoch hat er
in Zusammenhang mit dem geplanten Sparkassengesetz politische
Bedeutung. Hessens Landesregierung wirbt nämlich dafür
ausgerechnet mit dem Argument, dass „die Grundlinien" mit der
EU-Kommission abgestimmt seien. Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU)
stützt sich dabei ebenfalls auf einen Brief von McCreevy. Darin
heißt es: „Aus Sicht des Binnenmarkts bestehen gegen die
Kernelemente keine Bedenken."
Blick nach Rheinland-Pfalz.
Die Landesregierung will Sparkassen erlauben, Stammkapital zu bilden.
Das ist zunächst einmal nur ein buchhalterischer Akt, durch den
die „Träger" - also meist die Kommunen - zu Eigentümern
werden. In der neuen Rolle können sie Beteiligungen an ihrem
Eigentum verkaufen. Allerdings sieht das geplante Gesetz vor, dass sich
nur andere Sparkassen, andere Gemeinden oder die . Helaba in hessische
Sparkassen einkaufen dürfen. Eine Privatisierung, so heißt
es in einem Papier der Staatskanzlei, „wird wie bisher ausgeschlossen
sein".
Genau daran hegen Kritiker Zweifel. Sie vermuten, dass Privatbanken auf
den Plan gerufen werden können, die schon seit langem - bislang
erfolglos - versuchen, sich Sparkassen einzuverleiben. Bullmann spricht
gar von der Gefahr einer „Zerschlagung eines funktionierenden Systems".
Berlin verhandelt gerade mit Brüssel über die Bedingungen
beim Verkauf einer Sparkasse.
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„Lex Helaba" nennen Kritiker die
geplante Novelle des Sparkassengesetzes-die Errichtung einer
Rhein-Main-Bank unter dem Dach der Landesbank würde damit
möglich. (Bild Oliver Weiner)
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Eine Privatisierung der Sparkassen kann die EU-Kommission nicht
verlangen. Wenn sich jedoch ein Träger oder Eigentümer
entschließt, seinen Laden teils oder ganz zu privatisieren, kann
Brüssel einen diskriminierungsfreien Verkauf verlangen.
Befürworter des geplanten Sparkassengesetzes argumentieren, das
Szenario erzwungener Privatisierungen sei unrealistisch. Sie verweisen
darauf, dass in Rheinland-Pfalz Sparkassen bereits Stammkapital bilden,
und sie werben für die Vorteile, wenn Beteiligungen innerhalb des
Sparkassenlagers handelbar werden.
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REFORM-PLÄNE
• Das hessische Landeskabinett hat in
diesem Jahr den Entwurf für ein neues Sparkassengesetz abgesegnet.
Das Recht der Sparkassen ist Landessache -zumal die Institute sich
selbst in der Tradition kommunaler Selbstverwaltung verstehen und
gerade deshalb eine für angelsächsische Kapitalisten
schwerverständliche Eigentumsstruktur, die „Trägerschaft",
aufweisen.
• Die Gesetzesnovelle liegt nun dem
Hessischen Landtag vor, der wahrscheinlich im Frühjahr
entscheidet. Kernpunkt des Entwurfs ist die Möglichkeit,
Stammkapital zu bilden und es zu veräußern. Das Gesetz
schließt aus, dass private Investoren wie etwa Banken sich an
Sparkassen beteiligen dürfen. FED
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Dann nämlich könnten Sparkassen ihr Kapital verflechten, ohne
- wie bei Vollfusionen - dass eine ihren Namen aufgeben müsste.
Auch wäre es möglich, einen höheren Anteil am Gewinn
auszuschütten, was womöglich Kämmerer von Städten
und Kreisen dazu bewegen könnte, an ihrer Sparkasse festzuhalten.
Großes Ballungsraum-Institut
Gegner hingegen monieren, dass der Sparkassengruppe Geld entzogen wird,
wenn Kommunen ihre'Finanznot durch gegenseitige Anteilsverkäufe
lindern. Zudem werde die Sparkasse damit zu einem Finanzinvestment.
Während eine Sparkasse heute ihrer Heimatgemeinde vor allem
dadurch nutze, dass sie Bürger und lokale Firmen mit
Finanzdiensten versorgt und Ziele der Region unterstützt,
wären ortsfremde Anteilseigner kaum interessiert, unprofitable,
aber regional wichtige Dienste anzubieten.
Am Finanzplatz Frankfurt wird zudem spekuliert, dass Hessens geplantes
Gesetz darauf ziele, aus den Sparkassen rund um Frankfurt ein
gewichtiges Ballungsrauminstitut schmieden zu können. Daran
beteiligt, hätte die Landesregierungwirkungsvollen
Einfluss. DETLEF FECHTNER