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Hessischer Sparkassenverband will keine Ruhe geben

Präsident Böhmer vermisst aus Wiesbaden "vernünftige" Begründung der Gesetzesänderung / Mehrere Modelle für 1822direkt

Der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen hält am Widerstand gegen die Änderung des hessischen Sparkassengesetzes fest. Sein Chef Gregor Böhmer will in der parlamentarischen Beratung auf die nach seiner Überzeugung damit verbundenen Gefahren hinweisen.

Weimar - "Wir würden nur zu gerne verstehen, was den hessischen Gesetzgeber treibt." Es gleicht einem verzweifelten Stoßseufzer, wenn Böhmer auf das Thema kommt, das ihm derzeit heftig auf den Nägeln brennt. Durch die vor acht Tagen von der Landesregierung auf den Weg gebrachte Gesetzesänderung sollen die Sparkassen-Beteiligungen der Kommunen handelbare Objekte werden und die Institute selbst die Möglichkeit erhalten, so genanntes Stammkapital zu bilden. Doch was die CDU-Landesregierung als Schritt zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Sparkassen rühmt, markiert für deren Verband den Beginn einer höchst gefährlichen Entwicklung.

Nach Auffassung des geschäftsführenden Präsidenten Böhmer verlieren die Sparkassen durch die Stammkapitaloptionen ihren besonderen Charakter. Sie würden disponibel und damit einer schlichten Finanzbeteiligung angenähert, woraus ein unauflösbarer Konflikt mit deren öffentlichen Auftrag entstehe. Schließlich müsse eine verkaufte Sparkasse für den Erwerber zur Rechtfertigung der Transaktion eine möglichst hohe Rendite erwirtschaften. Dies aber stehe im Widerspruch zur Gemeinwohlverpflichtung.

Ferner hegt Böhmer kein Vertrauen in die im Gesetz festgeschriebene Begrenzung des potenziellen Erwerberkreises von Sparkassen-Anteilen. Anders als Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU), der betont, dass EU-Kommissar Charlie McCreevy, nichts dagegen einzuwenden habe, wenn nur öffentlich-rechtliche Adressen - also andere Sparkassen oder die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) - als Käufer auf den Plan treten dürfen, bezweifelt Böhmer die "Europa-Festigkeit" der Novelle. "Im angelsächsischen Vorstellungswesen hat eine öffentlich-rechtliche Bank keinen Platz", betont er. Die grundsätzliche Haltung der EU-Kommission zeige sich auch deutlich bei dem den Paragrafen 40 Kreditwesengesetz betreffenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung. Dieser garantiert den besonderen Schutz des Namens Sparkasse hier zu Lande und spielt eine zentrale Rolle bei dem von Brüssel geforderten Verkauf der Landesbank Berlin Holding (früher Berliner Bankgesellschaft) mit samt ihrer Sparkasse. "Wer berechtigt die Brüsseler Kommissare eine Organisation anzugreifen, nur weil die eine Rechtsform hat, die denen nicht geläufig ist", klagt Böhmer.

Dass die hessische Landesregierung die Vorbehalte der Sparkassenorganisation bei ihrem Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt und bis heute keine "vernünftige Antwort" auf deren Fragen und Sorgen gegeben habe, empfindet er als bedauerlich. Deshalb "werden wir keine Ruhe geben", kündigt der Verbandschef an, und der CDU-Landesregierung "die volle Verantwortung" für eine aus seiner Sicht verhängnisvolle Entscheidung zuweisen.

Während diese Auseinandersetzung wohl noch bis ins Frühjahr 2007 anhalten dürfte, glaubt Böhmer, ein anderes Thema bis Ende Dezember abhaken zu können - die Zukunft der 1822direkt. Dafür seien mehrere Modelle entwickelt worden. Einzelheiten lässt er sich zwar nicht entlocken, doch herrsche innerhalb der regionalen S-Finanzgruppe Einvernehmen darüber, die Direktbank der 2005 von der Helaba aufgefangenen Frankfurter Sparkasse zu erhalten. Wiederholt haben einzelne hessische und thüringische Institute Interesse an einer Beteiligung bekundet. Dem steht jedoch das Ziel entgegen, die 1822direkt geschäftspolitisch und ertragsmäßig in die Gesamtheit der 50 Sparkassen beider Bundesländer einzubinden. Jürgen Klotz

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Dokument erstellt am 03.10.2006 um 17:00:23 Uhr
Erscheinungsdatum 04.10.2006