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Hintergrund

Berliner Bankenskandal

Hängende Mundwinkel

VON THOMAS WÜPPER

Selten hat man auf der Anklagebank in Saal 700 des Kriminalgerichts Moabit so viele Beschuldigte auf einmal gesehen. Gleich 13 Topmanager und Aufseher der Bankgesellschaft Berlin sitzen mit noch mal so vielen Verteidigern vor Richter Josef Hoch, dicht gedrängt in fünf Reihen und meist mit gesenktem Kopf.

Der prominenteste Angeklagte, der frühere CDU-Fraktionschef und Lenker der Berlin Hyp Klaus Landowsky, hat sich oben links eingereiht. Immer wieder schüttelt er leicht den silbergrauen Kopf mit dem strengen Scheitel. Seit mehr als einer halben Stunde verliest der Richter sein Urteil - und es fällt für die meisten Beschuldigten alles andere als erfreulich aus. Einen klaren Freispruch hatten sämtliche Angeklagte gefordert, allen voran Landowsky. Ein politisch motiviertes Verfahren sei der Bankenprozess, klagte er mehrfach. Der Skandal sei gar keiner, ein wirklicher Schaden durch die Vergabe von 235 Millionen Euro Krediten an die kleine, von zwei hochrangigen CDU-Funktionären geleitete Immobilienfirma Aubis nicht entstanden.

Das sieht der Richter ganz anders. Im Detail erläutert Hoch, wie leichtfertig der Vorstand der Berlin Hyp vor elf Jahren weitere Kredite an Aubis zum Erwerb und der Sanierung ostdeutscher Plattenbauten durchgewunken hat. Und das trotz großer Bedenken und expliziter Warnungen von Experten. Sagenhafte 290 Millionen Euro hatte die Berlin Hyp unter Landowskys Leitung der kleinen Firma seiner Parteifreunde Klaus Wienhold und Christian Neuling da bereits zugesagt, gut die Hälfte davon ausgezahlt.

Aubis wollte mit dem Zwischenerwerb der Plattenbauten ein großes Rad drehen, die großen Pläne aber endeten kläglich. Das Ergebnis ist bekannt. Wegen zahlreicher fragwürdiger Kredit- und Fondsgeschäfte geriet die Bankgesellschaft in schwere Schieflage, das Land musste den Konzern mit 1,7 Milliarden Euro vor der Schließung retten und übernahm Fondsgarantien von gigantischen 35 Milliarden Euro, die am Ende wohl bis zu 6 Milliarden Euro Schaden verursachen werden.

Enttäuschte Protestierer

Dafür habe Landowsky als oberster Strippenzieher e ein Denkmal verdient, findet Peter Grottian von der Initiative Berliner Bankenskandal. Kurz vor der Urteilsverkündung stellte die kleine Gruppe der Demonstranten neben dem Haupteingang des Landgerichts eine Gipsbüste für den CDU-Mann auf, mit dem bitteren Hinweis: "Für herausragende Verdienste um Filz, Korruption und Plünderung der Bevölkerung."

Noch kurz vor dem Urteil hatte Landowskys langjähriger politischer Weggefährte, Berlins ehemaliger Regierungschef Eberhard Diepgen, verkündet, er rechne mit Freispruch. Entsprechend tief hängen während der Urteilsverkündung die Mundwinkel des langjährigen CDU-Strategen herunter. Man sieht es Landowsky an: Den Schuldspruch wird er nicht akzeptieren. Nur wenige Stunden später kündigt er Berufung an.

Trotz des Schuldspruchs fällt die juristische Bilanz des Skandals dürftig aus. 148 Ermittlungsverfahren führten nur zu gescheiterten Haftungsklagen und milden Urteilen. Für das magere strafrechtliche Ergebnis machen Experten wie der ehemalige Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne), der die Ermittlungen energisch vorantrieb, auch die komplexe Materie verantwortlich.

Und die früheren Aubis-Chefs, der Ex-Polizisten Klaus-Hermann Wienhold und der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Christian Neuling, kamen fast ungeschoren davon. Beide erklärten sich als verhandlungsunfähig. Neuling werden schwere Depressionen bescheinigt, das hinderte ihn jedoch nicht, voriges Jahr erfolgreich den Berlin-Marathon zu absolvieren.

Fünf Klagen der Bank über rund 46 Millionen Euro Schadenersatz scheiterten und verursachten nur gewaltige Kosten. Zwar erklärten die Arbeitsgerichte die fristlosen Kündigungen zahlreicher Führungskräfte für gerechtfertigt. Deren hohe Pensionsansprüche jedoch bleiben unangetastet. Schon im ersten Jahr nach dem Skandal kassierten neun geschasste Manager fast zwei Millionen Euro Versorgungsleistungen. Landowsky bekommt laut Medienberichten rund 19 000 Euro Pension im Monat. Sein Ex-Kollege, Konzernchef Wolfgang Rupf, erhält angeblich 30 000 Euro im Monat.

Siehe auch : Kommentar Bankenprozess: Berliner Ökonomie

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Copyright © FR online 2007
Dokument erstellt am 21.03.2007 um 17:36:02 Uhr
Letzte Änderung am 21.03.2007 um 21:41:35 Uhr
Erscheinungsdatum 22.03.2007