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GEW- Beschluss gegen PPP

Der Bundestag (SPD + CDU/CSU) hatte die DS 16/12283 (Umsatzsteuererstattung für PPP-Unternehmen als Modellversuch) als Bestandteil des noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen "ÖPP-Vereinfachungsgesetzes" bereits am 19.03.09 verabschiedet, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt.

Der GEW-Gewerkschaftstag in Nürnberg hat dazu am 29. April den Beschluss gefasst, diesen Weg als völligen Irrweg für die Kommunen abzulehnen und fordert ein umfassendes öffentliches Bildungsangebot ohne Privatisierungen jeglicher Art. Nachzulesen unter
http://www.gew-gewerkschaftstag.de/Binaries/Binary47147/1_01_002_1.2_gew.pdf

Text des GEW-Beschlusses:

1.2 Public Private Partnership

Mehr als 20 Jahre falsche Steuerpolitik im Zeichen des „schlanken Staates“ haben zu erheblichen
Einnahmeverlusten der öffentlichen Haushalte geführt. Die Kommunen haben notgedrungen die Investitionen auf einen Teil des Notwendigen reduziert und die öffentliche Infrastruktur und insbesondere auch die Schulbauten verrotten lassen. Das hier für die Kommunen Gesagte gilt in gleicher Weise für alle mittels PPP-Finanzierungen vorgesehenen Maßnahmen.

Durch die öffentliche Diskussion über die Mängel des deutschen Bildungswesens und durch den Druck stärker engagierter Eltern stehen sie, die Kommunen, nun vor dem Zwang, dem Renovierungsstau durch große Investitionen zu begegnen.

Dafür fehlen ihnen nach wie vor die Eigenmittel. Auch einer weiteren Kreditaufnahme sind durch Maastrichtkriterien und Kommunalaufsicht Grenzen gesetzt.

In dieser schwierigen Situation hat die Bundesregierung unter Führung des Bundesbauministeriums
eine angeblich umfassende und grundlegende Lösung parat:

Statt direkter Kreditaufnahme und eigener Bautätigkeit sollen die Kommunen zu „PPP (Public Private Partnership)- Projekten“ Zuflucht nehmen:

In 20- bis 30-jährigen Leasing-Verträgen mit Träger-Gesellschaften (i.d. Regel aus Bauunternehmen
und Banken zusammengesetzt), die binnen 2 oder 3 Jahren die Schulen grundrenovieren bzw. Neubauten errichten und dann für den Gesamtzeitraum (z.B. 25 Jahre) die Bewirtschaftung übernehmen (Hausmeister-, Reinigungsdienste, bauliche Unterhaltung), verpflichten sich die Kommunen über den gesamten Zeitraum entsprechende Miet- oder Leasingzahlungen zu tätigen.

Dazu hat der Bundestag auf Initiative der Bundesregierung im Jahre 2005 ein von der Öffentlichkeit
fast unbemerktes „PPP-Beschleunigungsgesetz“ erlassen, die Bundesregierung hat seitdem eine Reihe von Leitfäden formuliert und im Bauministerium eine eigene „PPP-Task-Force“ eingerichtet, die werbend durch die Lande zieht. Nachdem in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 das Problem der Staatsverschuldung neu, offener und volkswirtschaftlich vernünftiger diskutiert wurde und die Chance größer schien, dass notwendige (Bau-) Investitionen notfalls auch durch Kreditaufnahme der öffentlichen Hand direkt und transparent getätigt würden, verfolgen die Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD mit ihrem im Bundestag am 19.März 2009 angenommenen Antrag (DS 16/12283) „Faire Wettbewerbsbedingungen für Öffentlich-Private Partnerschaften schaffen“ offensichtlich das Ziel, die Privatisierung der öffentlichen Bautätigkeit nun auch noch steuerlich zu fördern:

 1. Sie behaupten in ihrem Beschluss, PPP/ÖPP habe „sich als wirksames Instrument“ für „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ in öffentlichen Haushalten erwiesen, denn im „Durchschnitt liegen die Kosteneinsparungen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften in Deutschland bei 15 %.“

2. Auf dem Hintergrund dieser - vielfach widerlegten - Behauptungen fordern sie, neue PPP-Projekte dadurch zusätzlich zu begünstigen, dass Kommunen, Länder oder der Bund ihre PPP-Projekte in Höhe der sonst anfallenden Mehrwertsteuer fördern sollen. Dass die öffentliche Hand - für Eigenleistungen ihrer Beschäftigten - nicht umsatzsteuerpflichtig ist, sei eine Wettbewerbsverzerrung, die auf dem Wege einer entsprechenden „Projektförderung“ durch den öffentlichen Projektpartner - im Modellversuch für 5 Jahre - ausgeglichen werden müsse.

3. Über das im Gesetzgebungsverfahren befindliche „PPP-Vereinfachungsgesetz“ solle „noch in dieser Wahlperiode“ die Bundeshaushaltsordnung so geändert werden, dass- regelmäßig die private Aufgabenerledigung geprüft und- sie bereits bei „ebenso guter“ Erledigungsprognose realisiert
werden soll.

Diesen Weg hält die GEW für falsch und in die Irre führend aus folgenden Gründen:

• Tatsächlich liegt hier eine langfristige Bindung (20 Jahre und mehr!) umfänglicher öffentlicher
Gelder vor. Es handelt sich also nur um eine kaschierte Neuverschuldung.

• Tatsächlich erspart PPP keine „15 bis 20 %", sondern ist teurer als Bauen in eigener kommunaler
Regie, da eine Vielzahl an Finanzierungs- und Beratungskosten mitgetragen werden müssen. Entgegen dem Entschließungstext der Regierungsfraktionen gibt es bisher keine seriöse Rechnung, die wirtschaftliche Vorteile von PPP-Bauprojekten für die öffentliche Hand nachwiese. Durch die nun beabsichtigte zusätzliche Förderung sollen daher die PPP-Projekte begünstigt werden.

• Tatsächlich wird durch PPP demokratische öffentliche Diskussion und Kontrolle beseitigt, da die Trägergesellschaften regelmäßig die Geheimhaltung des Vertrags und erst recht ihrer Verträge mit Subunternehmen fordern. Ebenso wird regelmäßig die sogenannte „Forfaitierung mit Einredeverzicht“ vom kommunalen Vertragspartner verlangt, was bedeutet, dass die Trägergesellschaft ihre (Leasing-)Forderungen auf den Finanzmärkten weiterveräußern und damit sofort realisieren kann, womit die Kommune darauf verzichtet,Druck auf die Trägergesellschaft ausüben zu können.

• Tatsächlich kann keine Kommune ihre künftige Schülerzahlentwicklung über 15 und mehr Jahre zuverlässig prognostizieren. Gleichzeitig lässt sie sich aber auf bindende Nutzungs- und Zahlungszusagen für 25 oder sogar 30 Jahre ein.

• Tatsächlich führt PPP zu kommunalem Personalabbau und prekärer Beschäftigung in der
Gebäudebewirtschaftung (Hausmeister, Reinigungsdienste, Haushandwerker) und in den Bauämtern. Kommune und Land würden ihren Personalabbau noch durch Umsatzsteuererstattung an die PPP-Betreiber selbst finanzieren. Welche Probleme durch den Abbau von Fachpersonal in den Bauämtern entstehen, zeigt sich gerade jetzt bei Umsetzung des Konjunkturprogramms II: Viele Kommunen befürchten nun große Schwierigkeiten für die kontrollierte Ausgabe der Baumittel aus dem Konjunkturprogramm wegen des Stellenabbaus in den Bauämtern während der letzten Jahre.

• Tatsächlich führt der sogenannte „Lebenszyklusansatz“ der PPP-Projekte mit einer Laufzeit von im Schnitt 25 Jahren dazu, dass am Ende des Projekts nach aller baufachlicher Erfahrung ein neuer besonders großer Renovierungs- oder Neubaubedarf zu erwarten steht.

Die GEW tritt für ein umfassendes öffentliches Bildungsangebot ein. Es soll sicherstellen,dass alle Kinder und Jugendlichen sowie Bürgerinnen und Bürger eine qualitativ hochwertige Erziehung,Bildung, Ausbildung und Weiterbildung gebührenfrei erhalten können. Vor diesem Hintergrund lehnt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Privatisierungen im Bildungswesen grundsätzlich ab.


Die GEW fordert daher:

1. Ein öffentliches Investitionsprogramm zum Bau und zur Erhaltung von Bildungseinrichtungen von Bund, Ländern und Gemeinden;

2. die Durchführung der öffentlichen Investitionen und Unterhaltung der Anlagen in demokratischer
Kontrolle durch direkte Bautätigkeit der öffentlichen Hand;

3. eine Änderung der Steuerpolitik, die den Kommunen die nötigen Einnahmen verschafft,die öffentliche Infrastruktur und damit auch die öffentlichen Schulen standardgemäß zu erhalten bzw. herzustellen;

4. eine Änderung des Haushaltsrechts, um solche Um- und Schleichwege mit dem gleichzustellen,
was sie sind: eine (verschleierte) Kreditaufnahme, und damit ihnen vorzubeugen. Die Kommunalaufsicht soll eine Finanzierung durch günstigere Kredite ermöglichen.

5. keine Umsetzung der Entschließung DS 16/12283 : keine Förderung von PPP-Projekten durch zusätzliche Finanzierung in Höhe der sonst anfallenden Umsatzsteuern