Zurueck zur Homepage
Samstag, 17, November 2007  63. Jahrgang  Nr.268  D/R/S   Frankfurter Rundschau (gescannt)

Gasrebellen feiern Erfolg

Gericht gibt Kunden in zweiter Instanz recht / Klausel für Preiserhöhungen unwirksam

Von Eckhard Stengel

Das Oberlandesgericht Bremen hat ein Verbraucher-freundliches Urteil gegen Gaspreiserhöhungen gefällt: Der 5. Zivilsenat bestätigte am Freitag ein Urteil des Landgerichts Bremen vom Mai 2006, wonach vier Tariferhöhungen derprivatisiertenBre-mer Stadtwerke SWB unwirksam waren. Der Grund: Die Preisanpassungsklauseln waren nicht „klar und verständlich" formuliert. Das Unternehmen kündigte Revision beim Bundesgerichtshof an.

Fast 60 Kunden hatten sich mit einer Sammelklage dagegen gewehrt, dass die SWB ihre Gaspreise innerhalb voneineinviertel Jahren um insgesamt 38 Prozent erhöht hatte. Nach dem Landgericht bestätigte jetzt auch die Berufungsinstanz, dass die Preisanpassungsklauseln gegen die Vorschriften für Allgemeine Geschäftsbedingungen verstießen.

Damit Verbraucher die Berechtigung einer Erhöhung überprüfen könnten, müssten sie erkennen können, nach welchen Kriterien die Tarife erhöht würden.

-------------------------------
WIDERSPRUCH LOHNT SICH

95 Prozent aller Gasversorger nutzen nach Einschätzung der Bremer Verbraucherzentrale ähnlich intransparente Klauseln wie die SWB.

Das Bremer Urteil gilt zwar nur für die Kläger. Aber auch anderenorts können sich Verbraucher bei Widerspruch oder Klagen darauf beziehen.

Die Verbraucherschützer hatten bereits 2004 zum Boykott der SWB-Tarifanhebungen aufgerufen. Sie wurden dabei sogarvom CDU-Landesvorsitzenden, dem heutigen Kultur-Staatsminister Bernd Neumann, unterstützt.

15 000 Bremer und Bremerhavener legten Widerspruch gegen den Aufpreis ein. Unzufriedene SWB-Kunden gründeten eine Genossenschaft, die aber ihre eigenständige Gaslieferung noch nicht aufnehmen konnte.
--------------------------------

Den SWB-Klauseln fehle es jedoch „an einer hinreichend klaren und nachvollziehbaren Beschreibung" der maßgeblichen Faktoren.

In den vergangenen Jahren hatten auch, andere Gerichte bis hinauf zum BGH über Gaspreiserhöhungen entschieden. Dabei ging es aber stets lediglich um die Frage, ob die konkreten Tarifsteigerungen angemessen waren. Dagegen kassierten die Bremer Richter als erstes OLG gleich die gesamte Rechtsgrundlage für Erhöhungen, ohne deren Angemessenheit zu prüfen.

Die Bremer Verbraucherzentrale nannte das Urteil einen „großen Etappensieg". Sie sei guten Mutes, dass der BGH im Revisionsprozess das Urteil bestätigen werde.

Der SWB-Vorstand nannte die Entscheidung dagegen „sehr, sehr schade". Er bot der Verbraucherzentrale jetzt Einsicht in Firmenunterlagen an, um zu belegen, dass das Unternehmen lediglich seine eigenen Bezugskostensteigerungen an die Kunden weitergegeben habe.
Aktenzeichen: 5 U 42106

Die Bremer Stadtwerke müssen günstiger liefern.(Bild dpa)