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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 13.07.2005

Vor historischer Abstimmung Liberale zum Einlenken bereit

Vogelsberger FDP will weder die Sparkassenfusion noch die Kreiskoalition platzen lassen - „Der Vertrag erfüllt die Erwartungen nicht"

VOGELSBERGKREIS (vn/OZ). Der Vogelsberger Kreistag wird heute in der Aula der Lauterbacher Sparkasse eine historische Entscheidung treffen. Er soll der Fusion der Sparkassen Vogelsberg und Wetterau zur Sparkasse Oberhessen zustimmen. Die spannendsten Diskussionen sind dabei wohl innerhalb der CDU/ FWG/FDP-Koalition zu erwarten.

Die kleinen Koalitionspartner beklagen, dass die Vogelsberger Interessen in dem Fusionsvertrag nicht ausreichend berücksichtigt werden. „Bei den Verhandlungen zwischen den beiden Sparkassen ist nicht alles herausgeholt worden, was für den Vogelsbergkreis möglich gewesen wäre", beklagt FDP-Fraktionschef Dr. Bernd Stumpf, für den die geplante Fusion „Chancen, aber auch Risiken" bringt.

Der vorliegende Vertrag erfüllt „die Erwartungen der FDP im Vogelsbergkreis nicht" macht Stumpf deutlich. Die Koalition habe deshalb eine „Anlage zur Vereinbarung zum Fusionsvertrag" formuliert. In der ersten Fassung, die in der vergangenen Woche dem Haupt- und Finanzausschuss des Kreistages vorgelegt wurde, wollten (die OZ berichtete) die bürgerlichen Parteien der neuen Sparkasse Oberhessen enge Fesseln anlegen.

Bis Ende 2010 sollen betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sein. Personalverringerungen dürfe es nur über Vorruhestand und Altersteilzeit geben. Die Neueinstellung von Personal und die Übernahme von Auszubildenden habe im Verhältnis des eingebrachten Kapitals, also drei zu eins zugunsten der Wetterau, zu erfolgen. Bis 2010 dürften nur 20 Prozent der Zweigstellen abgebaut werden, in jeder Großgemeinde müsse mindestens eine Filiale mit Mitarbeitern erhalten bleiben, eine Forderung, die heute bereits in der Gemeinde Lautertal schon nicht erfüllt ist.

Für jeden Landkreis soll ein eigener Kreditausscluiss gebildet werden. Zudem solle die Sparkasse im Jahr 500 000 Euro an Krediten für Fxistenzgründer bereitstellen, so die Forderung der Koalition. Das Papier soll bis zum Sitzungsbeginn am Mittwoch um 15 Uhr noch „entschärft" werden.

Strittig ist in der Koalition, wie verbindlieh das Papier sein soll. Für Landrat Rudolf Marx (CDU) und den CDU-Fraktionschef Dr. Hans Heuser hat die Resolution lediglieh auffordernden Charakter. „Wir sehen die Entschließung als Appell an den Vorstand und den Verwaltungsrat, Vogelsberger Interessen zu wahren. Einklagbar ist das nicht", bekräftigte Heuser. Gebe man dem Papier, auf das besonders FDP und FWG gedrängt hatten, einen rechtsverbindlichen Charakter, gerate die Fusion insgesamt in Gefahr, weil sich die Resolution und der Fusionsvertrag widersprechen. In dieser Situation machte die SPD deutlich, dass sie der Fusion zustimmen werde.

Dass der Landrat des Wetteraukreises Rolf Gnadl in seinem offenen Brief von „zurückliegenden Verhandlungen" spricht (siehe OZ von gestern), entbehrt nach Einschätzungen von Stumpf „nicht eines gewissen Sarkasmus." Es habe ein einziges Gespräch gegeben, zu dem die Fraktionsvorsitzenden eingeladen waren und in dem die grundsätzliche Bereitschaft bekundet worden sei, die Fusion anzugehen. In diesem Gespräch seien auch bereits Fakten genannt worden, die Vertragsbestandteil wurden. Danach seien Verträge ausgearbeitet und den Kreisgremien erstmalig Ende Juni vorgelegt worden. Für Stumpf kein Zufall. „Ganz offensichtlich sollte jegliche Diskussion über Inhalte vermieden werden." Die FDP sieht darin „keine Grundlage für eine kooperative Zusammenarbeit." Das Studium von Verträgen, die Grundlage der Fusion anderer Sparkassen gewesen seien, sei „jedenfalls von einem anderen Geist geprägt"
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Dennoch ist Stumpf bereit einzulenken. „Wenn die Anlage zum Fusionsvertrag keinen verbindlichen Charakter erhält, sollten wir komplett darauf verzichten", sagt er bitter, fügt aber gleich hinzu: „An dieser Frage wollen wir weder die Sparkassen-Fusion scheitern, noch die erfolgreiche Koalition platzen lassen." Die Position der FWG ist unklar. Fraktionschef Friedel Kopp war nicht zu erreichen.