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S-Finanzgruppe in Frankfurt erfolgreich

Landesbank Hessen-Thüringen erwirbt Sparkasse / Exklusive Verhandlungen ohne private Wettbewerber

Private Großbanken werden auch in Frankfurt keine Chance erhalten, eine Sparkasse zu erwerben. Bei der Fraspa kommt die Landesbank Hessen-Thüringen zum Zug. Hessens Landesregierung und die Sparkassen-Lobby können sich freuen.

VON BERND SALZMANN UND THOMAS STROHM

Frankfurt a.M. · 16. Mai · Ministerpräsident Roland Koch war da, und er war nicht alleine gekommen. Er hatte seinen christdemokratischen Parteifreund, Finanzminister Karlheinz Weimar, mitgebracht. Die Unterzeichnung der Eckwertevereinbarung über den Erwerb der Frankfurter Sparkasse (Fraspa) durch die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) wollten sich die beiden Männer am Pfingstsamstag nicht entgehen lassen, obwohl sie keiner Verhandlungsdelegation angehörten. "Die wollten den Erfolg genießen", heißt es im Sparkassenlager.

Tatsächlich war Koch immer im Bilde. Er führte von Beginn an Regie, als die Schwindsucht der Fraspa publik wurde. Er rief die Beteiligten im vorigen Sommer in die Staatskanzlei und schwor die Akteure auf eine gemeinsame Marschroute ein: Die sah den Erwerb der Fraspa durch die Helaba vor - zu beiderseitigem Nutzen, wie er stets betonte. So pries er die Einigung auch als "zukunftsweisenden Schritt für den Bankenstandort Frankfurt", sprach von "einem Meilenstein für die Fortentwicklung des Sparkassenwesens im Rhein-Main-Gebiet und die Stabilisierung der Sparkassenlandschaft".

Im Sommer wird eine Menge Geld auf den Konten von Stadt und Polytechnischer Gesellschaft, den beiden Trägern der freien Sparkasse, verbucht werden - billigen die Stadtverordnetenversammlung und die Mitgliederversammlung des Bürgervereins erwartungsgemäß die Vereinbarung. 725 Millionen Euro gehen ein, bis zu 60 Millionen kommen hinzu, sollte die Fraspa - wie in Frankfurt erhofft - Steuern erstattet bekommen. Für Klaus Ring, den Präsidenten der Polytechniker, sind "schwierige Verhandlungen" gut ausgegangen: Der dem Gemeinwohl verpflichtete Verein verfügt bald über "die beste Finanzausstattung" in seiner Geschichte.

Ein monatelanges Gefeilsche um den Preis hätte beinahe dazu geführt, dass der von vielen am Finanzplatz sicher geglaubte Deal nicht zustande gekommen wäre. Dann hätte die Stunde der Privatbanken geschlagen, die mit Kusshand für die Sparkasse mit ihren 700 000 Kunden geboten hätten. Doch ein Auktionsverfahren, das sich manch Kommunalpolitiker und erst recht die Vorstände zahlreicher privater Banken aus dem In- und Ausland gewünscht hätten, kam nicht zustande. "Das Land hat ja die Exklusivität gewollt", heißt es.

So lieferten sich alleine der künftige Eigentümer und die Verkäufer einen zermürbenden Gutachterstreit. Die Deutsche Bank hatte im städtischen Auftrag einen wesentlich höheren Wert der Fraspa errechnet: 870 Millionen Euro als Basis - dazu noch einen Aufschlag für die strategische Komponente und die indirekten Beteiligungen der Fraspa über den Sparkassenverband etwa an Helaba oder LBS Hessen-Thüringen. Insgesamt kamen die Deutschbanker auf eine Preis-Spanne von 1,1 Milliarden bis 1,3 Milliarden Euro. Auch die Investmentbank Goldman Sachs, die im Auftrag der Polytechniker ein Gutachten erstellte, hielt einen höheren Preis für gerechtfertigt: 780 Millionen veranschlagten die Investmentbanker - ohne den strategischen Zuschlag und die Beteiligungen an den Verbundunternehmen; das schlugen sie zwar noch obendrauf, bezifferten es aber nicht in Euro und Cent.

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Die Fraspa - ein Sonderfall

- Großsparkasse: Die Fraspa zählt mit einer Bilanzsumme von 13,8 Milliarden Euro zu den größten Sparkassen in Deutschland. Im vergangenen Jahr konnte nur mit dem Verkauf von Immobilien ein kleiner Gewinn erzielt werden. 2003 musste wegen hoher Abschreibungen tief in die Reserven gegriffen werden. Die Fraspa zählt rund 2000 Beschäftigte. Die Helaba ist mit einer Bilanzsumme von 144 Milliarden mehr als zehnmal so groß. Sie erwirtschaftete 2004 mit 3700 Beschäftigten einen Überschuss von 85 Millionen.

- Träger: Die Fraspa entstand 1989 aus der Fusion der Stadtsparkasse und der Sparkasse von 1822. Seither hält die Stadt 40 Prozent, die Polytechnische Gesellschaft 60 Prozent. Frankfurter Bürger riefen im Jahr 1816 die Polytechnische Gesellschaft ins Leben, im Juni 1822 öffnete die erste Geschäftsstelle der Sparkasse. Heute zählt der Bürgerverein rund 320 Mitglieder.

- Freie Sparkasse: Obwohl eine Sparkasse, ist die Fraspa wegen dieser Wurzeln privatrechtlich als wirtschaftlicher Verein organisiert. Per Vertrag ist sie dem Sparkassenverband der öffentlich-rechtlichen Häuser angeschlossen. ohm

Am Ende wurden die Akten zur Seite gelegt, die Zeit war reif für den Kompromiss. "Es hat die Einsicht überwogen, jetzt eine Entscheidung herbeizuführen", sagte einer. Und so wurden die beiden letzten strittigen Punkte plötzlich im Handumdrehen geklärt: Die Helaba trägt Risiken aus Pensionszusagen, Stadt und Polytechniker verzichten auf einen Besserungsschein für den Fall, dass die Gewinnprognosen der Fraspa überschritten werden. Damit war der Weg frei: Die Fraspa wird "als integraler Teil des Helaba-Konzerns unter ihrem heutigen Namen in ihrem heutigen Geschäftsgebiet und ihrer Aufgabenstellung als Sparkasse ihre Geschäftstätigkeit fortführen", heißt es in der Vereinbarung. Um das Institut wieder schlagkräftig zu machen, bringt die Helaba "haftende Eigenmittel von bis zu 200 Millionen Euro" in ihre neue Tochter ein.

In Berlin atmete der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Dietrich Hoppenstedt, tief durch. Nach Stralsund sei in Frankfurt eine "unerwünschte Fragmentierung" verhindert worden: "Die größte kreditwirtschaftliche Gruppe der Welt bleibt ungeschmälert erhalten."

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Dokument erstellt am 16.05.2005 um 17:12:17 Uhr
Erscheinungsdatum 17.05.2005

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KOMMENTAR

Gelöscht

VON BERND SALZMANN

Sparkassen-Präsident Dietrich Hoppenstedt meldete sich zu Wort, da war die Tinte auf der Vereinbarung der Repräsentanten von Hessischer Landesbank und Frankfurter Sparkasse gerade trocken. Seine Botschaft fiel nicht überraschend aus, wie erwartet "begrüßte" er den Deal. Sein Einsatz in Berlin zeigt aber die bundesweite Brisanz der Verhandlungen in Frankfurt.

In der Einigung sieht er ein "wichtiges Signal". Zur Erläuterung benutzt er wie von Diplomaten gewählte Worte, sagen will er: Wir lassen uns nicht die Butter vom Brot nehmen.

Hoppenstedt muss immer öfter Feuerwehrmann spielen. Brände können überall entstehen, wo Kämmerer klamm sind: In Stralsund etwa, das viele nicht kannten, bevor dort die Sparkasse an eine Privatbank verkauft werden sollte. Wird erst ein Kommunalpolitiker schwach, erliegen auch andere dem Reiz des Geldes, so Hoppenstedts Sorge. Daher gilt es für ihn, den Präzedenzfall zu verhindern.

Am Main loderten - noch - keine Flammen. Dafür hatte Ministerpräsident Roland Koch (CDU) gesorgt. Ihm war daran gelegen, der Helaba Speck auf die Rippen zu geben, bevor im Juli die Staatsgarantien verloren gehen. Die Fraspa mit 700 000 Kunden schien ihm das probate Mittel.

Frankfurt kann ebenfalls zufrieden sein. Zwar wäre nach einer Auktion womöglich mehr Geld ins Stadtsäckel geflossen, doch die Helaba und die hinter ihr stehenden Sparkassen greifen für das angeschlagene Frankfurter Institut tief in ihre Tresore. Und: Mit der Vereinbarung bleibt das Traditionshaus mit seiner Gemeinwohlorientierung erhalten. Auch das ist was wert.

Ob sich alle Erwartungen in den Deal erfüllen, bleibt abzuwarten. Die Fraspa ist mit waghalsigen Kreditengagements weitgehend ausgeblutet. Auf einem hart umkämpften Markt wie Frankfurt ist nur schwer wieder auf die Beine zu kommen. Und der neue Eigner Helaba will erst noch "bärenstark" werden: mit Hilfe der Fraspa.

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Dokument erstellt am 16.05.2005 um 17:12:17 Uhr
Erscheinungsdatum 17.05.2005