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Frankfurt ist nicht Stralsund

Verhandlungen über Verkauf der Fraspa beginnen am Montag / Störfeuer von Privatbanken ist zu erwarten

VON BERND SALZMANN UND THOMAS STROHM (FRANKFURT A.M.)

Dresdner Bank? Interessiert. Commerzbank? Interessiert. Frankfurter Volksbank? Interessiert. Wer Rang und Namen hat am Finanzplatz outet sich derzeit als potenzieller Kaufinteressent für die Frankfurter Sparkasse. Mit einem konkreten Angebot wartete bisher jedoch keiner der Vorstandsvorsitzenden der Geldhäuser auf. Die Träger der Fraspa haben sich darauf verständigt, zunächst exklusiv mit den Eigentümern der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) zu verhandeln. Nächsten Montag treffen sich deren Repräsentanten nach Informationen der Frankfurter Rundschau zum ersten Mal. Im Grundsatz haben sich die Beteiligten darauf verständigt, dass die Sparkasse in der Familie bleiben soll. Weil Sparkassen anders ticken als Privatbanken, weil sie ein großes, kostspieliges Filialnetz unterhalten, weil bei ihnen auch jeder Sozialhilfeempfänger ein Girokonten eröffnen darf - kurzum, weil sie dem Gemeinwohl verpflichtet sind.

Die Volksbank akzeptiert das. Ihr Chef Hans-Joachim Tonnellier hat klipp und klar erklärt, die Gespräche nicht durch Störfeuer von außen beeinflussen zu wollen. Andere halten sich da bedeckter. Mit Spannung erwarten daher die Akteure am Finanzplatz, was passiert, wenn in wenigen Wochen bekannt wird, wie hoch die Investmentexperten Deutscher Bank, KPMG und Goldman Sachs den Wert der angeschlagenenSparkassetaxieren. Dann könnten kapitalstarke Privatbanken aus dem In- und Ausland einen gehörigen Schnaps mehr bieten und gehörige Unruhe in die Sparkassenfamilie bringen. Dann läge Stralsund über Nacht am Main. In der mecklenburgischen Kleinstadt hatte der Bürgermeister im vorigen Jahr versucht, das öffentlich-rechtliche Kreditinstitut meistbietend zu verscherbeln - und machte erst nach bundesweitem Wirbel und heftigem Druck von Landesregierung und S-Gruppe einen Rückzieher.

Sie wollen kaufen

Für die Helaba verhandeln der Vorstandsvorsitzende Günther Merl und das unter anderem für Rechtsfragen zuständige Vorstandsmitglied Hans-Dieter Brenner. Die Landesbank Hessen-Thüringen hat die Aufträge für die Erstellung eines Wertgutachtens und die Beratung bei den Verhandlungen getrennt vergeben: Was die Fraspa wert ist, soll die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ermitteln; bei den Verhandlungsgesprächen setzt die Helaba-Führung auf die Beratung der US-Investmentbank Lehman Brothers. Der Sparkassenverband sitzt ebenfalls mit am Verhandlungstisch, er wird von seinem Geschäftsführenden Präsidenten Gregor Böhmer vertreten. Den 51 Sparkassen in Hessen und Thüringen gehören schließlich über ihren Sparkassen- und Giroverband 85 Prozent der Helaba; zehn Prozent sind im Besitz des Landes Hessen, fünf Prozent gehören dem Land Thüringen. ohm

Die Nerven im Sparkassenlager sind daher gespannt. Insider rechnen mit dem Angebot einer Privatbank, das nicht unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten kalkuliert ist. "Die versuchen einen weißen Fleck in die Sparkassenlandschaft zu schlagen", sagt ein Insider. Schon in der Ostseekommune hätten sich die privaten Wettbewerber "mächtig angestrengt". In Frankfurt könnten sie ihren Druck noch erhöhen. Sprich: einen sehr hohen neunstelligen Betrag bieten - wenn nicht noch mehr.

Die Bewährungsprobe für die Fraspa-Eigner wäre da. Sie müssten abwägen, ob sie auf Erlös verzichten, um den Fortbestand eines dem Gemeinwohl verpflichteten Kreditinstituts zu sichern. Mit allen möglichen juristischen Konsequenzen. Ein Untreuevorwurf ist schnell erhoben. Bei der Stadt hieß es schon vor längerem, man wolle vor allem deshalb an einem Fünf-Prozent-Anteil festhalten, weil dadurch der Zwang zu einer Ausschreibung umgangen werden könne. Die SEB hatte nichtsdestotrotz mit Klage gedroht, sollte der städtische Anteil nicht zum Verkauf ausgeschrieben werden.

Sie wollen verkaufen

Die Stadt Frankfurt wird in den Verhandlungen von CDU-Kämmerer Horst Hemzal sowie dem stellvertretenden Kämmereileiter Hans-Peter Ruppert vertreten. Sie lässt sich bei den Veräußerungsgesprächen von der Deutschen Bank beraten, die auch ein Gutachten zum Wert der Fraspa erstellen soll. 40 Prozent der Sparkasse gehören der Stadt Frankfurt. Für die Polytechnische Gesellschaft sitzen ihr Präsident Klaus Ring und Fraspa-Verwaltungsratschef Paul Wieandt am Verhandlungstisch. Der Bürgerverein mit seinen rund 325 Mitgliedern ist zu 60 Prozent Träger der Fraspa. Die Polytechniker setzen bei den Verkaufsgesprächen auf die Beratungsdienste der US-Investmentbank Goldman Sachs, zu deren Aufgaben auch ein Wertgutachten über die Frankfurter Sparkasse zählt; juristisch baut die Polytechnische Gesellschaft zudem auf die Anwaltskanzlei Linklaters, Oppenhoff & Rädler. ohm

Und die Eigentümer der Landesbank, überwiegend die im Verband organisierten Sparkassen in Hessen und Thüringen, müssten sich einigen, ob sie im Zweifelsfall dagegen halten wollen. Mit allen juristischen Konsequenzen - wenn Wertgutachten zu den Akten gelegt werden und ein höherer Preis als der von Experten für gerechtfertigt gehaltene akzeptiert wird.

Die Rückendeckung für die Verhandlungsführer der Träger ist indes groß. Im regierenden Vier-Parteien-Bündnis des Römer ist derzeit keine Mehrheit für den Verkauf an eine Privatbank vorstellbar. Auch die Polytechniker - sie wollen, wie es bisher hieß, ebenfals einen kleinen Anteil von fünf Prozent an einer Helaba-Tochter Fraspa behalten - pochen auf die Gemeinnützigkeit ihres 1822 gegründeten Instituts und wollen dieses in der S-Familie verankert sehen. Frankfurt mag die kleinste Metropole der Welt sein, Stralsund aber ist hier nicht.

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 14.01.2005 um 17:18:08 Uhr
Erscheinungsdatum 15.01.2005