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FR vom 12.02.1998

So nicht, Herr Schröder

Freunde muß man haben. Sie helfen in der Not und greifen einem, wenn es darauf ankommt, finanziell unter die Arme. Das weiß auch Gerhard Schröder. Der Möchtegern-Kanzler kann sich auf einen Kreis von Sozialdemokraten in der Wirtschaft verlassen, mit denen er eine Industriepolitik der besonderen Art betreibt. Den jüngsten Dienst erweisen ihm seine Kumpel von der Norddeutschen Landesbank. Mit dem Verkauf des Conti-Gummi-Paketes erhält das öffentlich-rechtliche Institut aus Hannover ziemlich genau den Betrag, der für den Kauf des ersten Teils von Preussag Stahl fällig wird.
Und das kam so: Schröder wollte auf Teufel komm' raus verhindern, daß der einst bundeseigene Salzgitter-Konzern, der Preussag für 'nen Appel und 'n Ei vor neun Jahren zugefallen war, einen neuen Eigentümer außerhalb Deutschlands erhält. Die Manager in Hannover wiederum trennten sich vom Stahl, weil sie in großem Stil auf Reisen gehen und mit TUI und Hapag-Lloyd einen Tourismus-Riesen aus der Taufe heben. Also verdonnerte der Ministerpräsident die Bank vor seiner Haustür zum Erwerb eines Stahlpakets.
Einen Schlußstrich zieht er dafür unter ein früheres Kapitel seiner Industriepolitik, bei dem ihm die NordLB ebenfalls zur Seite stand. Denn die Conti-Anteile wurden 1993 auf Geheiß des Landes gebündelt, um die Tür vor dem italienischen Wettbewerber Pirelli zu verrammeln. Auf "seine" Banker muß Schröder, im Nebenberuf Aufsichtsrats-Vize von Volkswagen, zudem bauen, wenn er bei der Kapitalerhöhung von VW mitziehen will. Denn aus dem klammen Haushalt kann er den dafür nötigen Milliardenbetrag nicht herausschneiden.
Sämtliche in der Preussag-Geschichte handelnden Personen haben das "richtige" Parteibuch, sie sitzen aber nicht alle an der Leine. Als Drahtzieher gilt Friedel Neuber, seines Zeichens Chef der Westdeutschen Landesbank. Das Düsseldorfer Staatsinstitut ist Großaktionär von Preussag, bei der wiederum SPD-Mitglied und Neuber- Vertrauter Michael Frenzel das Sagen hat. Das phantasiereiche Jonglieren mit Aktienpaketen ist leicht auf einen Nenner zu bringen: Droht auf dem Feld der Wirtschaft etwas anzubrennen, was der Karriere des Ministerpräsidenten schaden könnte, steht immer ein Freund mit einem Feuerlöscher bereit.
Da möchte man in Anlehnung an einen berühmten Ausruf des früheren Conti-Chefs sagen: "So nicht, Herr Schröder." wb