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FR vom 06.02.1998
Preussag kassiert für Stahltochter gut eine Milliarde
Niedersachsen übernimmt Firma in Etappen / Börsengang geplant
/ Gewinn wächst kräftig
HANNOVER. Fast 1,1 Milliarden Mark blättern Niedersachsen und die
Norddeutsche Landesbank (NordLB) für die Übernahme der Stahltochter
von Preussag hin. Die entsprechenden Verträge würden in Kürze
unterzeichnet, sagt Konzernchef Michael Frenzel. Mit der in der Nacht zum
Donnerstag erreichten Übereinkunft geht ein Unternehmen mit rund 12
000 Beschäftigten und knapp fünf Milliarden Mark Umsatz an die
neuen Mehrheitseigner über.
Sie werden zunächst rückwirkend zum 1. Oktober mit 51 Prozent
einsteigen und zahlen dafür rund eine halbe Milliarde Mark. Teile
des Pakets sollen noch in diesem Jahr an der Börse plaziert werden.
Die übrigen 49 Prozent werden in zwei Stufen bis Ende 1999 auf der
Grundlage "des heute definierten Preises" übertragen. Niedersachsen
möchte diese Anteile aber nicht selbst halten, sondern sucht dafür
Interessenten. Preussag Stahl war 1989 mit dem bundeseigenen Salzgitter-Konzern
privatisiert worden.
Für sein Haus sei dies die bessere Lösung als ein Verkauf
an die österreichische Voest-Alpine, erklärt Frenzel. Denn bei
dieser Alternative hätte der Konzern 20 Prozent der Anteile an dem
neuen Unternehmen halten müssen. Bei Preussag bleiben nun zudem Beteiligungen
an US-Stahlhandelsgesellschaften und einige der Immobilien. Außerdem
gleicht das Land eine Deckungslücke bei den Pensionsrückstellungen
aus. Damit sei der erreichte Kaufpreis im Vergleich zu dem Voest- Angebot
von knapp 1,3 Milliarden Mark gleichwertig, so der Manager. Der erste Teil
der Summe ist nach der Hauptversammlung am 26. März fällig. Für
die Zeit seit Oktober muß Niedersachsen Zinsen in nicht genannter
Höhe zahlen.
Bei der geplanten Übernahme des Reiseveranstalters Hapag-Lloyd
setzt der Vorstand auf eine positive Entscheidung des Bundeskartellamtes.
Den Kaufpreis von 2,8 Milliarden Mark könne Preussag zahlen, versichert
Frenzel, ohne dafür andere Teile des Unternehmens veräußern
zu müssen. Derzeit verfüge der Konzern über flüssige
Mittel in Höhe von mehr als vier Milliarden Mark.
Auch in den ersten drei Monaten des Anfang Oktober begonnenen Geschäftsjahres
ist Preussag gewachsen. Mit 7,2 Milliarden Mark übertraf der Umsatz
den entsprechenden Vorjahreswert um reichlich ein Viertel. Der Auftragseingang
stieg um 38 Prozent auf 7,7 Milliarden. Der 1996/97 erwirtschaftete hohe
Ertragszuwachs hat sich laut Frenzel "auf etwa die Hälfte" vermindert.
In der abgelaufenen Periode ist der Konzerngewinn nach Steuern um 45
Prozent auf 397 Millionen Mark in die Höhe geschnellt. Die Aktionäre
sollen wieder eine Dividende von zwölf Mark erhalten. Die Erlöse
stiegen um 6,4 Prozent auf 26,7 Milliarden Mark. Erstmals wurde mehr als
die Hälfte davon im Ausland erwirtschaftet. Zu dem Umsatzwachstum
steuerte die Energie den überragenden Teil bei. Der Vorstandschef
begründet dies unter anderem mit der zunehmenden Ölförderung
sowie dem höheren Dollarkurs. Aber auch die Gebiete Handel und Logistik,
Gebäudetechnik und der Schiffbau hätten gut abgeschnitten. Verluste
seien im Anlagenbau angefallen.
Bedingt im wesentlichen durch die Abgabe der Mehrheit an Metaleurop
ist die Zahl der Beschäftigten im vergangenen Jahr um etwa 3600 auf
weltweit rund 62 600 gesunken. Die übrige Beteiligung von 24,4 Prozent
an der Firma will Preussag bis Ende September abstoßen. rtr/dpa