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Öffentliche Petition
(Langversion der Petition: 1-16-12-965-005353)

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, den Gesetzentwurf zur Neuregelung der Flugsicherung (Flugsicherungsgesetz [FSG]) an die Bundesregierung zurück zu überweisen, mit dem Auftrag, die beiden Themenkomplexe „Regulierung“ und „Stärkung der wirtschaftlichen Situation der Deutschen Flugsicherung GmbH“ getrennt zu behandeln und getrennt erneut vorzulegen.

Begründung

Der "Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung“ (BT D16/240) beschäftigt sich mit geplanten strukturellen Veränderungen im Bereich der Deutschen Flugsicherung (DFS). In dem Gesetzentwurf werden zwei gänzlich unterschiedliche Themengebiete abgehandelt, die ursächlich nichts miteinander zu tun haben.

Erstens sollen europäische Verordnungen (Stichwort: „Single European Sky“[SES]) in nationales Recht umgesetzt werden. Hierbei handelt es sich um einen Regelungsauftrag für den nationalen Gesetzgeber, der durchgeführt werden muss. Durch diesen Teil des Gesetzes soll zukünftig eine funktionelle Trennung von Aufsichts- und Durchführungsaufgaben erfolgen und dafür gesorgt werden, dass ein wirksamer Wettbewerb, sowohl national als auch europäisch, unter den Flugsicherungsdienstleistern erfolgen kann.

Zweitens soll, als zusätzliche Maßnahme, unabhängig von den Forderungen der SES-Initiative, die Voraussetzung für den Verkauf (Kapitalprivatisierung) der DFS geschaffen werden, um zur Erhaltung und Stärkung der Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens beizutragen.

Beide Maßnahmen sollen innerhalb des vom Grundgesetz vorgegebenen Rahmens realisiert werden.
Der Entwurf wird jedoch aus der Sicht des Petenten weder dem europäischen Ruf nach Wettbewerb, noch den Ansprüchen einer sinnvollen Privatisierung im Rahmen der deutschen Gesetzgebung gerecht. Stattdessen fördert der geplante Verkauf an Finanzinvestoren und/oder Interessenten aus der Luftfahrtbranche den Aufbau einer monopolistischen Struktur in diesem Bereich.

Trennung von Aufsichts- und Durchführungsaufgaben: Im Gesetz wird eine Regulierungsbehörde definiert, die zukünftig die Aufsicht über die privatisierten Flugsicherungsorganisationen übernehmen soll. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass diese, auf Spezialisten angewiesene Organisationseinheit, aufgrund ihrer Verwaltungsstruktur und ihrer Einbindung in den Bundeshaushalt und das Dienstrecht des Bundes, von Anfang an nicht in der Lage sein wird, die an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen. Alternativ bietet sich eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts an (z. B. nach dem Modell der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht [BAFIN]), die sich aus Gebühren und Umlagen der beaufsichtigten Organisationen finanzieren könnte und somit unabhängig vom Bundesetat wäre.

Wirksamer Wettbewerb: Einen von der EC geforderten Wettbewerb wird es auf absehbare Zeit nicht geben, da die DFS aufgrund zweier umfangreicher Cross Border Leasing Geschäfte (Umfang zirka 1,4 Milliarden $), deren ordnungsgemäße Abwicklung sichergestellt werden muss, eine Übergangszeit von 16 bzw. 20 Jahren erhält, in denen sie monopolistisch im Tower- und im Streckenbereich agieren kann. Wettbewerb wird es nur bei den Regionalflughäfen geben (wie heute bereits auch) und im Bereich einiger technischen Dienste (für die es keinen echten Markt gibt). Die neue monopolitisch agierende Flugsicherungsorganisation wird weiterhin hoheitlich tätig werden, darf jedoch zukünftig - anders als heute - Gewinne erwirtschaften und erhält somit eine Lizenz zum Gelddruck. Die Bundesregierung beabsichtigte mit diesem Konstrukt die Flugsicherung attraktiv zu gestalten, um somit den Verkaufswert zu erhöhen. Auch Finanzinvestoren (Heuschrecken) sind als zukünftige Eigner willkommen. Es darf spekuliert werden, was dies – 4 Jahre nach Überlingen - für die Sicherheit im Luftverkehr bedeuten könnte.

Stärkung der Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens: Mit dem neuen Flugsicherungsgesetz wird keine Konkurrenzfähigkeit gefördert, sondern eine monopolistische Struktur in der Luftfahrt aufgebaut. Als Interessenten haben sich bisher Lufthansa, Fraport, TUI und Hochtief angemeldet. Zukünftig wäre es also denkbar, dass Flughafenbauer, Flughafenbetreiber, Luftraumnutzer und DFS noch enger als bisher Hand in Hand arbeiten. Eine Interessengemeinschaft würde entstehen, die den Luftverkehr ähnlich dominiert, wie heute die Gas- und Stromversorger den Energiemarkt. Insbesondere für geplagte Bürger von flughafennah gelegenen Gemeinden bahnt sich somit eine Katastrophe an.

Innerhalb des vom Grundgesetz vorgegebenen Rahmens: Nach dem Grundgesetz Artikel 87d ist die Luftverkehrsverwaltung und somit auch die Flugsicherung eine bundeseigene Verwaltung, die dem Kernbereich staatlicher Aufgaben zuzuordnen ist. Dies ist in fast allen Ländern so und sogar in den kapitalistisch orientierten USA. Im Entwurf des Gesetzes wird hingegen unverhohlen darauf hingewiesen, dass die zukünftige Flugsicherung nicht mehr bundeseigen sein wird. Artikel 87d wird ignoriert.   Auch Artikel 33, nachdem die Ausübung hoheitlicher Befugnisse in der Regel durch Angehörige des öffentlichen Dienstes durchzuführen sind, wird mit Hilfe des sogenannten  Beleihungsmodells ausgehebelt. Dieses garantiert in optimaler Weise staatliche Sicherheit mit privatwirtschaftlichem Profitdenken.

FAZIT: Der vorliegende Entwurf eines Flugsicherungsgesetzes schwächt die Einflussnahme des Staates in nicht zumutbarer Weise und fördert einseitig die Interessen von Spekulanten und der Luftfahrtindustrie auf Kosten der Interessen der Bürger. Der Schwerpunkt des Gesetzentwurfs liegt eindeutig auf einem einmaligen finanziellen Gewinn für den Bundeshaushalt und einer dauerhaften Einnahmequelle für die Wirtschaft auf Kosten der Nachhaltigkeit und auf Kosten der Glaubwürdigkeit des Grundgesetzes.

Bitte unterstützen Sie meine Petition – der Flugsicherung, der Bundesrepublik und ihrer eigenen Sicherheit zuliebe!

Gez.
W. Sevenich
Mörfelden-Walldorf, den 12.03.2006