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Finanzlücke erschwert Kampf gegen Wasserkrise

Bonner Konferenz fordert gerechtere Verteilung und bessere Bewirtschaftung / Kodex gegen Korruption angekündigt

Mit der Forderung nach einer gerechteren Verteilung und besseren Bewirtschaftung der weltweiten Wasserresourcen endete die Internationale Süßwasserkonferenz in Bonn. Die 2300 Teilnehmer aus 145 Staaten verabschiedeten 27 Empfehlungen. "Eine effiziente Wasserwirtschaft ist der Schlüssel zur Bekämpfung der weltweiten Armut, der giftigsten Umweltsubstanz, die wir haben", sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin auf der Konferenz.

BONN, 7. Dezember (luh/dpa). In einer Erklärung von 50 teilnehmenden Ministern hieß es, die Zahl der 1,2 Milliarden Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser müsse bis zum Jahr 2015 halbiert werden. Allerdings existiere bei den weltweiten Investitionen in die Wasserwirtschaft zur Zeit bereits eine jährliche Finanzierungslücke von 100 Milliarden US-Dollar (rund 219 Milliarden Mark).

Angesichts dieser Finanzierungslücke bekannten sich Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul (SPD) und Trittin (Grüne) zur Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft, um eine Wasserinfrastruktur aufzubauen. Der Staat müsse allerdings die Regeln der Versorgung setzen und sicherstellen, dass der Basisbedarf der Armen gebührenfrei gedeckt werde. Hierfür befürwortete die Mehrheit der Konferenzteilnehmer Modelle, in denen die Privatwirtschaft gemäß öffentlichen Vorgaben das Management der Wasserversorgung übernehmen kann, ohne selbst Eigner der Wasser-Ressourcen zu sein.

Einig war sich die Konferenz in der Einschätzung, dass Kosten deckende Gebühren wichtigstes Instrument zur Finanzierung von privatwirtschaftlichen Wasser-Projekten in den Armutsgebieten der Welt sind. Dies entbinde die jeweiligen Regierungen nicht von ihrer Pflicht, jedem Menschen einen kostenlosen Grundbedarf an Trinkwasser zu garantieren, betonte Trittin, verwies jedoch auf einen psychologischen Negativeffekt: "Wenn Wasser nichts kostet, wird es verschwendet."

Vertreter von Energiekonzernen kündigten in Bonn einen Verhaltens-Codex gegen Bestechung und Vetternwirtschaft an. Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul begrüßte den Willen der Wirtschaft zur Selbstkontrolle: "Das größte Leck in der Wasserversorgung ist die Korruption."

Bis 2005 sollen alle beteiligten Staaten einen einheitlichen Wassermanagement-Plan umgesetzt haben. Um Verstöße gegen Umweltstandards besser verfolgen zu können, plädierte Trittin für die Aufwertung des UN-Umweltprogramms UNEP zu einer Art "Weltumweltbehörde".

Führende Konferenzteilnehmer lobten das konstruktive Verhandlungsklima der Tagung, das Mut mache für die Umsetzung der beschlossenen Leitlinien auf dem UN-Umweltgipfel in Johannesburg. "Noch nie waren so viele unterschiedliche Gruppen gleichberechtigt an die Diskussionen beteiligt", sagte Entwicklungshilfeministerin Wieczorek Zeul. Dass dies gelang, hing wohl auch mit dem unverbindlichen Charakter der Ergebnisse zusammen. Die Bonner Empfehlungen gelten nur als Vorlage für den UN-Weltgipfel zur nachhaltigen Entwicklung 2002 in Johannesburg. Erst dort könnten dann auf der Bonner Basis verpflichtende Regeln für die Weltgemeinschaft entstehen.

Siehe auch den Kommentar Der Durst der Welt
 

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Copyright © Frankfurter Rundschau 2001
Dokument erstellt am 07.12.2001 um 21:06:02 Uhr
Erscheinungsdatum 08.12.2001
 

Kommentar

Der Durst der Welt

Das Wasserproblem verschärft sich weltweit - aber anders als der Klimawandel wird es weder adäquat wahrgenommen noch angegangen

Von Joachim Wille

Wasser kommt gleich nach der Luft. Ohne Nahrung hält es der Mensch 70 Tage aus, ohne Wasser nur 70 Stunden. Aber Wasser stillt nicht nur den Durst, seine Verfügbarkeit und Qualität entscheiden auch über die Gesundheit der Menschen, die Nahrungsmittelproduktion und die ökonomische Entwicklung der Länder, vielleicht sogar über Krieg und Frieden. Trotzdem wird das sich weltweit verschärfende Wasserproblem - anders als der Klimawandel - weder adäquat wahrgenommen noch angegangen. Die Bonner UN-Konferenz hat zumindest dazu beigetragen, dass sich das Bewusstsein der Politiker über das, was sich zusammenbraut, schärft.

Denn ob die 118 in Bonn vertretenen Regierungen die beschlossenen Empfehlungen für eine nachhaltige Wasserwirtschaft auch umsetzen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Kostendeckende Preise für das kostbare Nass sollen erhoben werden, um die gerade auch in Wassermangelländern zu beklagende Verschwendung zu stoppen, gleichzeitig soll die Versorgung der armen Bevölkerungsschichten - nötigenfalls kostenlos - sichergestellt werden. Nur: Wer glaubt, dass das so en passant gegen mächtige Interessen durchgesetzt werden kann, die etwa in Landwirtschaft und Industrie von der subventionierten Verschwendung profitieren, liegt schief. Noch so schöne UN-Appelle, selbst wenn sie nächstes Jahr die Weihe des "Rio + 10"-Jubiläums bekommen, nützen da wenig.

Resignation? Ist trotzdem tabu. Denn Wege, wie die Wassernot etwa durch höhere Effizienz, neue Bewässerungstechniken und die Sanierung der Verteilsysteme gelöst oder entschärft werden kann, sind bekannt. Geld, das hierfür (auch in der Entwicklungshilfe) eingesetzt wird, ist bestens eingesetzt. Weiches Wasser bricht sogar Steine. Nur die Zeit wird knapp.
 
 

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Dokument erstellt am 07.12.2001 um 21:06:53 Uhr
Erscheinungsdatum 08.12.2001