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FINANZKRISE: Haushaltssanierung wird zum Bumerang

Städten drohen Verluste aus alten Geschäften mit Kanalnetzen und Straßenbahnen

POTSDAM - Noch vor Jahren galt es klammen Kommunen als willkommener Deal, um ihre gebeutelten Haushalte zu sanieren. Teile der Infrastruktur wie Kanalnetze, Messehallen oder Straßenbahnen wurden an US-Investoren verkauft und anschließend zurückgeleast. Die amerikanischen Finanzgeber sparten wegen bis 2004 geltenden Abschreibungsregeln in den USA erheblich Steuern und für die deutschen Städte viel davon etwas ab.

Vor dem Hintergrund der Finanzkrise müssen aber die Kommunen, die in dieses sogenannte Cross-Border-Leasing (zu deutsch etwa: grenzüberschreitende Leasing-Geschäfte) eingestiegen sind, nun zittern.

Etliche Banken oder Versicherungen, die für die Absicherung der Leasing-Raten eingebunden wurden, sind ins Trudeln geraten.

Auch Berlin hatte sich im Jahr 2000 durch einen Verkauf von Messehallen sowie Straßen- und U-Bahn-Wagen an einen US-Investor leichte  Einnahmen versprochen. Rund 33 Millionen Euro flossen durch die Messehallen in den Haushalt. Etwa genauso hoch waren die Einnahmen durch die verkauften Straßen- und U-Bahnen. Jetzt hat den Senat das Geschäft wie ein Bumerang wieder eingeholt. Um die Leasingraten abzusichern, wurde der US-Versicherer AIG eingebunden, der kürzlich vor dem finanziellen Abgrund stand und nur durch einen 85 Milliarden-Dollar- Kredit (60 Milliarden Euro) der US-Notenbank vor der Pleite bewahrt werden konnte. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) erwartet – vorerst – jedoch keine Schäden. Auch in anderen Kommunen wie der  Ruhrgebietsstadt Bochum, die 2003 ihr Kanalnetz verscherbelt hat und so 20 Millionen Euro für den Haushalt verbuchen konnte, geht die Angst um.

Auch hier war der Versicherer AIG.

Um Ausfälle bei den Leasingraten – etwa durch Zahlungsunfähigkeit der Städte – zu vermeiden, wurden in die Verträge entweder Versicherungen oder aber Banken eingebunden, auf deren Konten der Großteil des Geldes der US-Finanziers landete. Aus diesen Depots wurden dann die Leasing-Raten bestritten. Ungemach droht den Städten aber nicht nur, falls die Banken im Zuge der Krise Pleite gehen sollten. Die Kommunen seien verpflichtet die Bonität der Institute prüfen zu lassen, sagt der Vorsitzende  der Organisation Business Crime Control (Wirtschaftskriminalitäts- Kontrolle), Werner Rügemer. Ist diese durch die Krise nicht mehr gut genug, müssten sich die Städte auf die Suche nach neuen Partnern machen, sagt der Bochumer Finanzwissenschaftler Stephan Paul: „Davon gibt es aber nicht viele.“ Er erwartet, dass wegen der Finanzkrise Versicherungsprämien teurer werden und Gebühren der Banken steigen.

Bundesweit sind 50 Städte rund 200 Cross-Border-Geschäfte eingegangen,
 
unter anderem Magdeburg, Leipzig und Dresden. Auch in Brandenburg/Havel hatte es Ende der 90er Jahre entsprechende  Überlegungen gegeben. Wegen „unüberschaubarer Risiken“ seien die Pläne  aber fallengelassen worden, so der Amtsleiter Finanzen und Beteiligung Detlef Rockow.

(Von Gerald Dietz)

04.10.2008