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Es wird Zeit, dass sich Widerstand formiert

Zu: "Strategie für das 21. Jahrhundert", FR-Feuilleton vom 14. November


Volk der Stillhalterund Duckmäuser


Als jahrzehntelange Pendlerin und Nicht-Auto-Besitzerin (aus Umweltgründen) bin ich täglich zwischen Erlangen und Nürnberg unterwegs. Der Streik betrifft mich deshalb, die Alternative Bus ist nicht befriedigend. Nichtsdestotrotz bin ich eine Befürworterin des Streiks. Ihre Argumente muss ich hier nicht wiederholen, da ich diese mit Herzblut selbst vertrete. Die Zusammenlegung vieler kleiner Gewerkschaften in den letzten Jahren hat dazu beigetragen, dass die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr vertreten werden.

Ich erinnere mich noch gut an ein zweiwöchigen Streit im gesamten Nahverkehr unserer Region Anfang der 90er Jahre. Da bewegte sich nichts mehr. Wir haben leider vergessen, was Streiks sind. Wir sind ein Volk der Stillhalter und Duckmäuser geworden. Es wird Zeit, dass sich Widerstand formiert.

 Angela Zapf, Nürnberg


Auch Konsum ist Wachstum


Danke für diesen Artikel! Nur an einer Stelle widerspreche ich: Natürlich geht es bei dem Streik auch um eine Steigerung des Bruttosozialprodukts. Die Einheitsgewerkschaft hat zugelassen, dass die Lohnquote (Anteil der Löhne am Gesamteinkommen) ständig gesunken ist. Damit fehlt die Massenkaufkraft, die für weiteres Wirtschaftswachstum nötig ist. Die Schere zwischen Arm und Reich ist zum Wachstumshindernis geworden - die wenigen Reichen müssen ihr Kapital mangels rentabler Anlagemöglichkeiten in einer schrumpfenden Gesellschaft exportieren, und die vielen weniger Wohlhabenden können nicht die Nachfrage entwickeln. Nicht nur Investitionen sind Wachstum - auch Konsum ist Wachstum! Aber die Gewerkschaften (in Kooperation mit den Parteien Die Linke und SPD) verwechseln strukturkonservative Sozialromantik mit linker - d.h. fortschrittlicher - Politik und verhindern so Emanzipation und Teilhabe. Zerschlagt den DGB - dann kann es wieder Fortschritt geben in diesem Land!

Holger App, Frankfurt


Das Ergebnis sindvergurkte Streiks


Wenn man Transnet-Chef Hansen so anschaut, wie er in Sachen GDL-Streik den diskursiven Hilfs-Mehdorn gibt, kann man sich lebhaft vorstellen, dass diese Gewerkschaft lange nicht das herausholt, was drin wäre. Leider ist der Mann typisch für den Gewerkschaftsfunktionär der Gegenwart. Wo Gewerkschaften eigentlich Arbeitermacht bündeln sollen, scheinen ihre Chefs wesentlich damit beschäftigt zu sein, diese zu zähmen, bis sie zur eigenen Rhetorik und Verhandlungsstrategie passt. Das Ergebnis sind vergurkte Streiks wie bei der Telekom oder den Metallern in Ostdeutschland und neoliberale Argumentationsmuster im Gewerkschaftsjargon. Um so wichtiger der GDL-Streik. Vor allem muss sich nun vieles in der Gewerkschaftslandschaft ändern: Von der spaltenden Standortrhetorik zurück zum einigenden Klassenstandpunkt!

Thorsten Hallmann, Münster


Brutalstmöglicher Sozialdarwinismus


Nach den Gruppen der Manager, der Krankenhausärzte und der Piloten nun die Lokführer: Nach Meinung von Peter Michalzik soll jede kleine Gruppe versuchen, das Maximale für sich herauszuholen. Mit solchen Kleinigkeiten wie der, dass bei einem BIP-Zuwachs plus Preisanstieg von insgesamt ca. 4% ein Einkommenszuwachs von 15 - 30% nur auf Kosten anderer zu erzielen ist, gibt er sich gar nicht erst ab. Immerhin sieht er ja u.a. im GDL-Verhalten "die wichtigste bewusstseinsbildende Kraft in Deutschland". Schiebt man die gewaltige rosa Sprachwolke zur Seite, ergibt sich allerdings dies: Arbeitslose können leider keine Erzwingungsstreiks durchführen, Hausfrauen und -männer auch nicht. Ebenso wenig viele andere in einfachen Berufen. Was Michalzik begrüßt, ist der brutalstmögliche Sozialdarwinismus: Die mit Machtmöglichkeiten nehmen sich alles - die ohne bleiben auf der Strecke. Solidarität war gestern, Gruppenegoismus ist heute.

Claudia Hannemann, Borken


Allgemeinwohl näher definieren


Kann es sein, dass das Allgemeinwohl, von dem Sie zu Beginn schreiben und wie es Herr Mehdorn benutzt, nicht das Allgemeinwohl ist, das die Leute meinen, die mit dem Streik sympathisieren? Wäre es nicht gut, solche Begriffe wie eben "Allgemeinwohl" etwas zu differenzieren?

Gerald Knochenhauer, Antibes (F)


Unkritisches Sprachrohrder Wirtschaft


Nachdem die Presse in den letzten Jahren immer mehr zum unkritischen regierungs- und wirtschaftspolitischen Sprachrohr wurde, ein Artikel der meine volle Zustimmung findet! Weiter so!

Thomas Bittl, Stuttgart


Die Wahrheit offen ausgesprochen

Kompliment, endlich ein Artikel der die Wahrheit offen ausspricht. Viel zu lange haben sich die Macher in Deutschland von der Industrie sagen lassen, was gut für das Volk ist. Unterstützt wurden sie dabei auch von den Meinungsmachern in den Medien.

Jutta Mieke, Sinntal


An FR-Traditionangeknüpft


Wunderbar. Besser hätte man es nicht ausdrücken können. Mit dieser Stellungnahme knüpft die FR an ihre alte Tradition an.

André Bauer, Casares (E)


Diskussion: www.frblog.de/strategie


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Dokument erstellt am 15.11.2007 um 16:48:02 Uhr
Erscheinungsdatum 16.11.2007