Anlage 8
Erklärung von Staatsminister Reinhold Bocklet (Bayern) zu Punkt 15 der Tagesordnung
Seit etwa zwei Jahren betreibt Bundeswirtschaftsminister Dr. Müller die öffentliche Diskussion über die Liberalisierung des Wassermarktes.
In einer Rede am 16. Mai 2000 anlässlich der Haupttagung des deutschen Gas- und Wasserfachs sprach er sich dafür aus, nach dem Strom- und Telekommunikationsmarkt nun auch den Wassermarkt zu öffnen. Wie das in die Tat umgesetzt werden könnte, sollte ein Gutachten mit dem Titel „Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung“ klären, das er im Oktober 2001 vorlegte. Allerdings ist zu Recht niemand ernsthaft bereit, sich auf die darin vorgeschlagenen Experimente mit unserem Trinkwasser einzulassen.Es konnte nicht ausbleiben, dass sich auch die EU mit dem Liberalisierungsthema befasste. Regeln, die für den Energie- und Telekommunikationsmarkt angemessen sind, lassen sich nicht auf die Trinkwasserversorgung übertragen. Auch im Europäischen Parlament hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Wasser kein frei handelbares Gut ist und sich die Trinkwasserversorgung nicht für eine europaweite Regulierung eignet, sondern Gegenstand der auf regionaler Ebene zu leistenden Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger bleiben muss. Das empfinden auch unsere Bürgerinnen und Bürger, die diese Liberalisierungsdebatte mit kritischer Aufmerksamkeit verfolgen wie selten ein Umweltthema.
Die Bayerische Staatsregierung ist gegen eine Liberalisierung des Wassermarktes.
Wir haben mit unserer kommunal strukturierten öffentlichen Wasserversorgung
die besten Erfahrungen gemacht. Die Liberalisierung der Wasserversorgung
in Großbritannien z. B. brachte dort keine Senkung des Wasserpreises, jedoch
einen technisch schlechten Zustand mit hohen Leitungsverlusten. Solche
Verhältnisse wollen wir bei uns erst gar nicht einführen. Bundeswirtschaftsminister
Dr. Müller findet mit seiner Idee der Liberalisierung des Wassermarktes
kaum Unterstützung. Er zieht daraus aber nicht die Konsequenz, klipp und
klar zu sagen, dass die Liberalisierung der Wasserversorgung nicht weiterverfolgt
wird, sondern
er prüft und prüft und prüft. Und weil die bisherigen Vorschläge unbrauchbar
sind, weicht er nun auf neue Themen aus. So hat er in einer Rede am 28.
Januar 2002 anlässlich der Einweihung des Berliner Büros der Deutschen
Vereinigung des Gas- und Wasserfaches seine Liberalisierungsvorschläge
für eine Modernisierungsstrategie um fünf Punkte erweitert. Diese Punkte
haben aber nichts mit der Liberalisierung der Wasserversorgung zu tun,
sondern etwa mit Kommunalrecht
und Privatisierung der Abwasserbeseitigung.
Dieses Verhalten ist nur dazu geeignet, Verwirrung zu stiften, unsere
öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen zu verunsichern und in aktuell
anstehenden Investitions- und Personalentscheidungen zu lähmen. Unsere
Kommunen haben in der Wasserversorgung bisher Großes geleistet. Wir sollten
sie in ihrer Arbeit unterstützen und fördern und nicht mit
fragwürdigen Experimenten und endlosen Diskussionen verwirren. Mit
dem heute vorliegenden Entschließungsantrag
soll die Konfusion bringende Liberalisierungsdiskussion auf Bundesebene
beendet und dafür gesorgt werden, dass Fragen der Modernisierung der öffentlichen
Wasserversorgung wieder dort behandelt werden können, wo sie nach unserer
Verfassung hingehören – in die Länderparlamente und auf die kommunale Ebene.
Bitte unterstützen Sie diese Anliegen!