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Eon gerät unter Druck

VIK pocht auf Zugeständnisse

Frankfurt a.M. · 20. September · sal · Die Initiative von Eon-Chef Wulf Bernotat, die Strompreise und Netznutzungsentgelte bis auf weiteres branchenweit einzufrieren, geht den Großkunden der Elektrizitätswirtschaft nicht weit genug. "Die anderen müssten gleichbleiben und Eon senken", kommentierte Christoph Bier vom Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) Äußerungen Bernotats vom Wochenende. Der Eon-Konzern hat die Netznutzungsentgelte, die von seiner Tochtergesellschaft für die Durchleitung von Strom kassiert werden, seit 2001 mehr als die großen Wettbewerber erhöht. In Unterlagen, die für den geplanten Energiegipfel im Kanzleramt vorbereitet werden, ist eine Preissteigerungsrate für Netznutzung von 32,4 Prozent genannt. RWE legte um 19,3 Prozent zu (nach der geplanten Erhöhung wären es 30,9 Prozent), Vattenfall um 20,6 Prozent (nach der geplanten Erhöhung um 48,1 Prozent) und EnBW um 19,9 Prozent.

Bier begründet seine Forderung nach einer Preissenkung mit geringeren Kosten von Eon-Netz nach der Novelle des Erneuerbaren-Energie-Gesetz. Darauf habe das Unternehmen selbst Ende August in einem Schreiben an seine Kunden aufmerksam gemacht und mitgeteilt, das Netznutzungsentgelt zum 1. Januar 2005 konstant halten zu können. Zusätzliche Kosten wegen der Installation neuer Windkraftanlagen und des damit verbundenen Ausgleichsenergiebedarfs in windarmen Zeiten seien nicht belegt. Der VIK-Spezialist verlangt daher mehr Transparenz.

Großkunden bestritten im Gespräch mit der FR, dass Mehrkosten entstehen. "Die beschäftigen damit ihre Kraftwerke", sagt einer - und fügt hinzu: "Eon-Netz hat noch nie Verlustenergie ausgeschrieben."

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 20.09.2004 um 17:39:11 Uhr
Erscheinungsdatum 21.09.2004
 
 

KOMMENTAR

Unverdient

VON BERND SALZMANN

Dem PR-Berater von Eon-KonzernChef Wulf Bernotat gebührt eine Auszeichnung. In nur wenigen Tagen ist es ihm gelungen, seinen Auftraggeber aus dem Schussfeld zu nehmen. Die Abzocker, das vermutet spätestens seit diesem Wochenende die Nation, das sind die anderen: Bernotat ist - er hat jetzt erstmals offiziell gesagt, was gut unterrichtete Kreise bereits seit Tagen kolportieren - zu einem Preismoratorium bereit. Zieht die Branche nicht mit, wird der Eon-Konzern seine Stromtarife und Durchleitungsgebühren im Alleingang auf dem heutigen Niveau einfrieren. Wie bestellt loben "Regierungskreise" den Schritt - und auch der Chef der künftigen Regulierungsbehörde für den Energiemarkt, Matthias Kurth, zollt Beifall.

Der Applaus allerdings ist unverdient. Bernotats Truppe erhöhte die Netznutzungsentgelte seit 2001 um 32,4 Prozent, solche Steigerungsraten erlaubte sich sonst kein Unternehmen aus dem Quartett der großen Netzgesellschaften. Kein Wunder, dass die Wettbewerber, die jetzt alleine als die bösen Buben dastehen, verschnupft auf ihren Kollegen reagieren.

Bernotat nimmt das gelassen und gibt vor, mit der Entscheidung für ein Moratorium noch vor Beginn des Energiegipfels beim Kanzler zur Versachlichung der Diskussion beitragen zu wollen. Das klingt gut, ist aber bestenfalls die halbe Wahrheit. Bereits mit Datum 27. August 2004 teilte die Eon-Netzgesellschaft ihren Kunden mit, dass die Durchleitungsgebühren zum 1. Januar 2005 nicht erhöht würden. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch nicht einmal der Bundeskanzler, dass er zu einem Energiegipfel einladen würde.

Mit seinem Vorstoß wagt Bernotat eine gefährliche Gratwanderung. Mal sehen, was sein PR-Berater empfiehlt. Bei den Kunden könnte er nachhaltig mit Preissenkungen punkten.

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Dokument erstellt am 20.09.2004 um 17:39:18 Uhr
Erscheinungsdatum 21.09.2004