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Energiepreise ziehen 2005 erneut an

Strom rund fünf Prozent teurer / Bei Kälteeinbruch mit Aufschlag für Heizöl zu rechnen / Spritkosten bleiben hoch

Im neuen Jahr müssen die Verbraucher für Strom und Gas tiefer in die Tasche greifen. Die Preise für Öl und Kraftstoffe bleiben hoch.

VON OLIVER RISTAU

Hamburg · 2. Januar · Die Energiepreise in Deutschland steigen weiter. Viele Verbraucher müssen seit 1. Januar für Strom und Gas mehr Geld bezahlen. Der Bund der Energieverbraucher geht davon aus, dass die Strompreise für die Privathaushalte zum neuen Jahr im Schnitt um fünf Prozent angehoben wurden. Beim Erdgas dürfte der Aufschlag noch höher ausfallen, schätzt die Verbraucherorganisation. Mit weiteren Erhöhungen rechnet der Verband der industriellen Kraft- und Energiewirtschaft (VIK) bereits in den nächsten Monaten, obwohl die Gaspreise für die heimische Industrie zum Jahresbeginn bereits um bis zu 20 Prozent über dem Niveau vom Januar 2004 liegen. Der Grund: Erdgas ist hier zu Lande an das Heizöl gebunden, und Letzteres ist 2004 um mehr als 30 Prozent gestiegen - noch stärker also als Gas.

"Viele Verbraucher sind verärgert, weil die Strom- und Gasversorger kaum nachvollziehbare Gründe für ihre Preissteigerungen nennen", urteilt Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher. 2004 hätten diese Gründe unter anderen Windenergie und gestiegene Kohlepreise geheißen. 2005 sei mit neuen Argumenten der Stromwirtschaft zu rechnen. "Es ist zu befürchten, dass Stromkonzerne den beginnenden Emissionshandel als Grund für weitere Preiserhöhungen nennen werden", sagt VIK-Sprecher Roland Schmied.

Der Chef der neuen Regulierungsbehörde für Strom und Gas, Matthias Kurth, ist optimistischer. Er sehe gute Chancen für mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt und damit auch Chance für niedrigere Strompreise, berichtet der Hessische Rundfunk. Die Behörde habe Anzeichen dafür, "dass die Nutzungsentgelte zumindest bei vielen Betreibern überhöht sind und dass man einiges in den nächsten Jahren tun kann, um für die Verbraucher kostengünstiger zu arbeiten", sagt Kurth.

Bereits entlastet sind seit Jahreswechsel fast 300 energieintensive Unternehmen und Verkehrsbetriebe. Sie werden 2005 von der Umlage für Strom nach dem Gesetz über Erneuerbare Energien befreit, teilt das Bundesumweltministerium mit. Zu rechnen sei mit einer Entlastung von 238 Millionen Euro.

Teuer bleibt das Heizöl. Dass für den Brennstoff bereits 2004 ein Höchstpreis verlangt wurde, lag vor allem am Rohöl, das im vergangenen Jahr eine bisher noch nicht gekannte Preisentwicklung erlebte: Teilweise stiegen die Notierungen für ein Fass "schwarzes Gold" um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. Hintergrund war die weltweite Rekordnachfrage nach dem Schmierstoff Nummer eins bei gleichzeitigen Förderengpässen. Hinzu kamen politische Unsicherheiten in der rohölreichen arabischen Welt, Venezuela und Nigeria.

Die Ölrechnung der deutschen Verbraucher wuchs daher 2004 - bei rückläufigem Verbrauch - spürbar. Für Benzin, Diesel und Heizöl mussten mit 82 Milliarden Euro rund 4,7 Prozent mehr aufgewendet werden als im Vorjahr, berichtet die ExxonMobil Central Europe Holding. Von diesen Mineralölprodukten wurden 78,9 Millionen Tonnen verkauft, ein Rückgang um 3,5 Prozent.

An diesen Bedingungen wird sich auch 2005 kaum etwas ändern. Die Deutschen werden sparsamer - und unterm Strich trotzdem mehr bezahlen. Viele Banken erwarten, dass das Barrel (Fass zu 159 Liter) im neuen Jahr im Schnitt mehr als 35 Dollar kosten wird. Beim Heizöl könnte sogar noch in diesem Winter eine erneute Preisspirale in Gang kommen, denn viele Verbraucher haben ihre Heizöllager wegen des hohen Preises nur geringfügig aufgefüllt. Sollte ein strenger Winter zur Ebbe in den Tanks führen, könnte eine plötzlich einsetzende Nachfrage die Preise wieder in die Höhe treiben. Dann wird auch Diesel wieder teurer, denn sein Preis ist an den Heizölpreis gekoppelt, da er aus dem gleichen Rohöldestillat hergestellt wird.

Beim Benzin ist mit keinen weiteren Preissteigerungen zu rechnen. Allerdings wird der europäische Markt stets aufs Neue durch den Spritbedarf der USA beeinflusst. Jährlich, so der Mineralölwirtschaftsverband, kauften die Vereinigten Staaten rund 40 Millionen Tonnen Benzin in Europa ein. Eine unvorhersehbare Steigerung der US-Nachfrage könne die Preise an den hiesigen Tankstellen 2005 wieder auf Rekordkurs bringen. Zum Vergleich: Hier zu Lande strömen jährlich überhaupt "nur" 25 Millionen Tonnen Sprit in die Fahrzeugtanks.

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 02.01.2005 um 17:04:01 Uhr
Erscheinungsdatum 03.01.2005

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KOMMENTAR

Nicht machtlos

VON OLIVER RISTAU

Billiger Sprit: Vergangenheit. Billiger Strom: ein Traum. Energie war 2004 so teuer wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Egal, ob ein Haushalt Öl oder Gas verheizt, ob Autos Benzin oder Diesel tanken, oder in der Wohnung einfach nur das Licht eingeschaltet wird. Jeder einzelne Akt des Energieverbrauchs fand im letzten Jahr vor dem Hintergrund neuer Rekordpreise statt.

2005 schließt nahtlos daran an. Nicht nur, dass vielen Verbrauchern im Januar höhere Strom- und Gasrechnungen ins Haus stehen. Im weiteren Verlauf des Jahres drohen neue Preisrunden. Gründe findet die Strom- und Gaswirtschaft nach Belieben: War gestern die Windenergie für die hohen Strompreise verantwortlich, ist es morgen der Emissionshandel. Und beim Gas heißt es gebetsmühlenartig: der Ölpreis sei an allem Schuld.

Wie stichhaltig diese Argumente sind, darüber wird seit Monaten in der Öffentlichkeit gestritten. Was auffällt ist, dass mit den steigenden Strom- und Gaspreisen auch die Gewinne der Konzerne immer kräftiger sprudeln. Schlecht geht es den Eons, RWEs und Shells dieser Welt im Zeitalter hoher Energiepreise jedenfalls nicht.

Doch die stattlichen Preise sind nicht nur die Folge einer vermeidlichen Selbstbedienungsmentalität internationaler Manager. Sie sind auch Ausdruck eines unverändert starken Energiedurstes der Welt. 2005 wird die Ölnachfrage erneut Rekordniveau erreichen, die Abhängigkeit der EU und der USA vom "schwarzen Gold" aus Krisenregionen steigt damit munter weiter. Ein Umstand, der nicht gerade für sinkende Preise in der Zukunft spricht.

Deshalb ist es notwendig, dem Verbrauch an den Kragen zu gehen, wo es geht. Der Einfluss jedes Einzelnen darauf ist groß: zu Hause, am Arbeitsplatz, beim Autofahren. Damit entlastet der Verbraucher nicht nur das eigene Portemonnaie. En passant sorgt er auch dafür, Umsätze und Gewinne der Konzerne auszubremsen: ein Beispiel vorbildlicher Verbrauchermacht

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Dokument erstellt am 02.01.2005 um 17:04:14 Uhr
Erscheinungsdatum 03.01.2005