Zurueck zur Homepage
Electrolux schließt das AEG-Werk in Nürnberg

Schweden begründen das Aus mit hohen Kosten und Preisverfall / Gewerkschafter denken an Streik und Aufruf zum Käuferboykott

Electrolux hat beschlossen, das AEG-Werk in Nürnberg mit 1750 Beschäftigten zum Jahresende 2007 dichtzumachen. Die Gewerkschaft will für Abfindungen und eine Beschäftigungsgesellschaft kämpfen.

München · Die Entscheidung gegen das Traditionswerk in Franken gab der schwedische Mutterkonzern nach einer Aufsichtsratssitzung in Stockholm bekannt. Electrolux verwarf damit Zugeständnisse der Belegschaft. Die Beschäftigten hatten einen Lohnverzicht über 15 Millionen Euro pro anno und einen Abbau von bis zu 750 Stellen angeboten, um den Standort zu retten.

Widerstand angekündigt

AEG-Betriebsratschef Harald Dix und der Nürnberger IG-Metall-Vize Jürgen Wechsler informierten die Belegschaft bei einer Kundgebung vor den Werkstoren als erste. "Es wird jetzt ganz schwer", reagierte ein Beschäftigter auf das Aus für die 82 Jahre alte Fabrik. "Es ist meine Existenz, die kaputt geht", sagte ein Kollege. "Aus und vorbei", klagte eine andere AEG-Beschäftigte. Kampflos will sich die Belegschaft jedoch nicht ihrem Schicksal fügen. Wechsler, der für die Gewerkschaft im AEG-Aufsichtsrat sitzt, kündigte eine Urabstimmung über einen Streik an. "Wir werden Electrolux in den nächsten Monaten ordentlich verprügeln", warnte der Gewerkschafter unter dem Beifall hunderter Beschäftigter. Andere Gewerkschafter wollen dem Kahlschlag in Nürnberg mit dem Aufruf zum Käuferboykott gegen Electrolux-Marken begegnen.

"Es gibt keinen Weg zur Überbrückung der großen Kostenlücke", begründete Electrolux-Europachef Johan Bygge die Schließung. Konzernchef Hans Straberg hatte zuvor eine Kostensenkung von jährlich 48 Millionen Euro gefordert, um in Nürnberg weiter profitabel produzieren zu können. "Electrolux macht mit jeder Waschmaschine aus Nürnberg, die in Deutschland verkauft wird, 60 Euro Verlust, bei jedem Geschirrspüler sind es 45 Euro", erklärte Bygge. Im Nürnberger Werk werden in diesem Jahr noch rund 1,4 Millionen Waschmaschinen, Geschirrspüler und Trockner hergestellt. Die Produktion solle schrittweise nach Italien und Polen verlagert werden. Der Konzern bezifferte die Schließungskosten auf gut 240 Millionen Euro. Das Management werde in den nächsten Tagen Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan aufnehmen. Der Stellenabbau solle schrittweise abgewickelt werden.

Der schwedische Konzern, der zuletzt den Gewinn steigern konnte, will rund eine Milliarde Euro sparen. Er schließt dazu die Hälfte der 27 Werke an westlichen Standorten, um in kostengünstigere Fabriken in Osteuropa auszuweichen. Binnen fünf Jahren sei der Preis für Waschmaschinen wie sie in Nürnberg gebaut werden, um 30 Prozent gefallen, erklärte Straberg. Kunden würden höhere Preise für Wertarbeit aus deutschen Werken meist nicht bezahlen.

Belegschaft und Gewerkschaft kritisieren Managementfehler. Der Vorstand habe den Markt falsch eingeschätzt und Überkapazitäten aufgebaut, die den Preisverfall angeheizt hätten. Zudem habe Electrolux nicht mehr ausreichend ins Nürnberger Werk investiert. Die IG Metall will nun Abfindungen für die von Arbeitslosigkeit bedrohten AEG-Beschäftigten erstreiten und auch eine Beschäftigungsgesellschaft, um die Qualifizierung für einen neuen Job zu erleichtern.

"AEG ist die Premiummarke im Konzern und wird es auch bleiben", sagte ein AEG-Sprecher. Gebaut werden AEG-Geräte - Herde und Kochfelder - hier zu Lande künftig nur noch in Rothenburg. tma/dpa

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 12.12.2005 um 17:24:31 Uhr
Erscheinungsdatum 13.12.2005