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Oberhessische Zeitung vom 10.07.2007

Differenzen um Verbraucherpolitik 

Seehofer: Kleinkrieg gegen Wirtschaftsvertreter bringt nichts - Müller fordert Neubewertung

BERLIN (dpa). Bundesverbrauchermi-nister Horst Seehofer (CSU) hat an die Verbraucherzentralen appelliert, .stärker als bisher mit Politik und Wirtschaft an einem Strang zu ziehen. „Ein Kleinkrieg gegen Wirtschaftsvertreter bringt nichts", sagte Seehofer beim Deutschen Verbrauchertag in Berlin. Man dürfe moderne Verbraucherpolitik nicht als Gegensatz zur Wirtschaft verstehen.

Edda Müller, die scheidende Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, forderte dagegen eine Neubewertung der Verbraucherpolitik: Neben ihrer Schutzaufgabe müsse sie sich als „Wirtschaftspolitik von der Nachfrageseite" begreifen. Es müsse gelingen, den Verbraucher als verantwortlichen Wirtschaftsakteur ins Spiel zu bringen. „Wer sagt, unter welchen sozialen und ökologischen Arbeits- und Produktionsbedingungen eine Ware hergestellt wurde, wird von den Verbrauchern belohnt werden."

Seehofer betonte, dass er nichts von Aktionismus halte. „Kooperation ist mir wichtiger als Konfrontation." Die künftige Hauptaufgabe sei es vielmehr, europaweit eine vergleichbare Vcrbrauchcrpoli-tik zu etablieren. Gute Wettbewerbspolitik bedeute auch gute Verbraucherpolitik.
Zugleich würdigte Seehofer trotz teilweise gegensätzlicher Ansichten die Arbeit Müllers und verlieh ihr die Prof-Niklas-Medaille. Die nach dem ersten Landwirtschaftsminister der Bundesrepublik benannte Auszeichnung vergibt das Bundesverbraucherministerium für besondere Verdienste in diesem Bereich.

„Sie haben Maßstäbe gesetzt. Ich bin froh, dass es Sie gibt, auch wenn Sie manchmal zäh, hartnäckig und lästig sind", sagte Seehofer bei der Übergabe der Medaille. Die 64-jährige Müller scheidet am Monatsende aus Altersgründen aus dem Amt.

Bundespräsident Horst Köhler forderte die Politik auf, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Position der Verbraucher zu stärken. „Die Verbraucherzentralen sind kein Ersatz für gute   ; Verbraucherpolitik." Köhler nahm zudem die Verbraucher in die  Pflicht. Jeder einzelne habe die Verantwortung, mit der richtigen Konsumentscheidung nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch Gegenwart und Zukunft der „einen Welt" zu  gestalten. „Wir haben Macht - unsere Macht ist die Nachfrage!"