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Bahn-Börsengang

Bund präsentiert Netz-Kompromiss

Berlin - Im Streit mit dem Parlament über die Privatisierung der Deutschen Bahn (DB) - mit oder ohne Netz an die Börse - hat die Regierung ein Kompromissmodell entwickelt. Das Konzept soll einen Mittelweg zwischen den bisher geprüften Varianten darstellen. Dabei wird zwischen wirtschaftlichem und zivilrechtlichem Eigentum am Schienennetz unterschieden. Dem Konzept zufolge soll das 34 000 Kilometer umfassende Netz zwar in einer Gesellschaft der DB bleiben. Der Konzern überträgt die Anteile dieser Gesellschaft dann aber in einer so genannten Sicherungsabrede - ähnlich einer Verpfändung - auf den Bund. Die DB bleibe damit wirtschaftliche Eigentümerin und das Netz bleibe in ihrer Bilanz.

Der Bund werde aber zivilrechtlicher Eigentümer. Die komplette Rückübertragung des Netzes an ihn ist mit dieser Sicherungs-Übertragung auch über ein Rückholrecht weiter möglich. Dies gilt etwa bei einer Vernachlässigung der Schienenweg. Zudem sei auch ein automatisches Heimfallrecht nach etwa 20 Jahren gegeben.

Investoren würden dieses Modell mit keinen großen Abschlägen belegen, heißt es. Vorteil sei, dass der integrierte Bahnbetrieb so erhalten bleibe: "Die gesellschaftsrechtliche Struktur der DB bleibt unverändert." Und: "Die Umsetzung ist ohne erhebliche zusätzliche Verzögerung möglich." rtr

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Copyright © FR online 2006
Dokument erstellt am 26.09.2006 um 17:12:33 Uhr
Letzte Änderung am 26.09.2006 um 20:50:40 Uhr
Erscheinungsdatum 27.09.2006


KOMMENTAR:

Letzte Chance


VON WERNER BALSEN

Die Debatte über den Börsengang der der Deutschen Bahn (DB) - die letzte Privatisierung eines großen Bundesunternehmens - bot viele Gelegenheiten, den Kopf zu schütteln. Denn sie erinnerte oft an die Diskussion in der Kindergartengruppe über die Sendung mit der Maus: Alle krakeelen rum und jeder sagt etwas anderes.

Auffällig dabei war, dass nie über das Ob des Börsenganges, sondern nur über das Wie diskutiert wurde: Wird die DB mit oder ohne Netz privatisiert? Und das Bundesverkehrministerium, von dem Initiative in der Debatte zu erwarten war, schwieg - oder glänzte, wenn Minister oder Staatssekretär doch mal Stellung nahmen, vor allem mit irritierenden Formulierungen.

Jetzt, wenige Wochen bevor die selbst gesetzte Frist für eine Entscheidung abläuft, hat Ressortchef Wolfgang Tiefensee (SPD) doch einen Vorschlag zustande gebracht. Der hat Chancen, von den Kontrahenten in der Auseinandersetzung über das Netz - hier der DB-Vorstand, die Eisenbahnergewerkschaften und die Regierung, dort die Experten des Parlaments und diverse Wissenschaftler - als Kompromiss akzeptiert zu werden.

Selbst wenn mögliche Tücken im Detail nicht auszuschließen sind, ist dieser Vorschlag klarer als das bis vor kurzem gehandelte "Nießbrauchsmodell", mit dem alle Beteiligten juristisches Niemandsland betreten hätten. Klar, dass das jeden abschreckte.

Der Kompromiss in der Netzfrage, der jetzt erreichbar ist, nützt allen: dem DB-Management und den Beschäftigten, die sich wieder voll auf ihr Geschäft und ihre Arbeit konzentrieren können, den Kunden, weil Arbeitskämpfe vermieden werden können - und der Regierung. Denn eine weitere Reform aufzuschieben, könnte die große Koalition sich nicht leisten.

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Dokument erstellt am 26.09.2006 um 17:12:43 Uhr
Erscheinungsdatum 27.09.2006