Zurueck zur Vorseite : Einstimmiges Votum im Stadtrat gegen US-Cross-Border-Leasing der Kläranlage
Zurueck zur Vorseite : Um was geht es bei Cross Border Leasing
Sebastian Schönauer       07.November 2002
Bund Naturschutz in Bayern
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - B U N D -

Cross- Border- Leasing   - Ausverkauf kommunalen Vermögens / Aushebelung der  Gemeindeordnung

Zahlreiche Städte in Deutschland und Europa wollen einen Reibach machen: Sie verleasen kommunale Klärwerke, Straßenbahnen, Messehallen oder Schulen für bis zu 100 Jahre an "US-Investoren" und leasen sie zurück. Dabei entstehen in den USA Steuervorteile, von denen die Städte einen Anteil als "Barwertvorteil" erhalten. Das „Konzept“, das dahintersteckt, nennt sich US- Lease oder Cross – Border- Geschäft (auf deutsch: grenzübergreifendes Geschäft ):

Amerikanische Banken, Versicherungen und Industriekonzerne pachten von einer Stadt ein Gebäude. Dieses Objekt wird von Experten bewertet, anschließend wird ein Pachtzins festgelegt und von den Amerikanern sofort für die gesamte Laufzeit ( kann bis zu 100 Jahre umfassen ) ausgezahlt. Die Stadt mietet mit Vertragsbeginn das ganze Gebäude an.

Der Trick, der das Geschäft erst lukrativ macht:

Die Amerikanischen „Geschäftsleute“ nutzen eine Lücke in ihrem amerikanischen Steuerrecht. Im eigenen Land können sie ihre Investitionen von der Steuer absetzen. Diese „Ersparnis“ tei-len sie sich mit der deutschen Gemeinde.

Es ist ein politischer Skandal erster Güte, wenn sogar die Oberbürgermeisterin von Frankfurt Frau Roth, zugleich Vizepräsidentin des Städtetages, diesen Trend zum Ausverkauf der Deutschen Kom-munen noch unterstützt und dabei ausführt: „Niemand verkauft gern das eigene Rathaus an ausländi-sche Investoren. Aber vielen Städten bleibt gar nichts anderes mehr übrig. Wie sollen sonst die Auf-gaben im kulturellen oder sozialen Bereich finanziert werden?"
Auch in Bayern gibt es bereits eine Reihe von Städten, die sich mit diesen „windigen Geschäften“ auf Kosten der amerikanischen SteuerzahlerInnen leistungslose Profite verschaffen und dabei sind, ihre Kommunen in juristische und finanzielle Abenteuer zu stürzen.

Die Rechtsaufsichtsbehörden schweigen offenkundig dazu.

Wie in den zur Zeit laufenden Betrugsprozessen um eine sog. „direkte Kreditgewährung“ zwischen ( Bayerischen ) Kommunen, in denen von „windigen“ Finanzjongleuren mit krimineller Energie Bayeri-sche Städte und Gemeinden „abgezockt“ wurden und nun diese Kommunen für die fehlenden Millio-nen aufkommen müssen, werden wohl am Ende auch beim  „Cross – Border – Betrug“ die Steuerzah-lerInnen die Profite der internationalen Profiteure und eventuell sogar kriminellen Finanzjongleure bezahlen müssen.
Die Frage drängt sich – angesichts der immer wieder entdeckten Schmiergeldzahlungen - auf, ob nicht bestimmte „Lobbyisten“, die diese „Deals“ – jenseits oder auch diesseits des Ozeans - eingefä-delt haben, auch daran unrechtmäßig verdient haben. Ein Schelm, der bei solchen Millionen – Ge-schäften an Schmiergeld denkt!?

Insbesondere Werner Rügemer hat in einer aufwendigen Recherche am Beispiel Köln und anderer Städte u.a. auch im Auftrag der dortigen PDS – Rats - Fraktion Erstaunliches gefunden:

„Kein Ratsmitglied hat je einen Leasingvertrag im Wortlaut gesehen. Die Investoren gibt es nicht. Es sind Briefkastenfirmen, die von Banken, auch deutschen Landesbanken, in den USA und auf den Cayman Islands gegründet werden.

Die Steuervorteile sind nach US-Recht nicht zulässig, fließen aber trotzdem. Die Städte lassen sich durch den Barwertvorteil ködern, der am ersten Tag des Vertrages ausgezahlt wird. Die langfristig enormen Risiken werden der Öffentlichkeit verheimlicht. Der Kommunal-Krimi gibt einen Einblick in tabuisierte Untiefen der globalisierten Finanzwelt.“

Die Meldung über den „Deal“ in Köln lautete:

"Der Rat gab in seiner gestrigen Sitzung grünes Licht für eine grenzüberschreitende US-Leasing-Transaktion. Damit werden das Großklärwerk Stammheim, die Klärwerke Langel, Weiden und Roden-kirchen sowie Teile des Kanalnetzes zu einem Wert von 1,3 Milliarden DM an einen US-Investor ver-mietet und von der Stadt gleich wieder zurückgemietet. Der Vertrag läuft 24 Jahre. Der Steuervorteil, der dabei in den USA entsteht, wird unter den Leasingpartnern aufgeteilt. Auf die Stadt entfallen etwa 54 Millionen als sogenannter Barwertvorteil. Er soll ausschließlich zum Vorteil der Gebührenzahler verwendet werden."

Dass diese „Transaktionen“ nicht nur rechtlich umstritten, sondern sogar unrechtmäßig oder „illegal“ sein könnten oder sind, ist in den „Ruhr Nachrichten“  vom 15. 10. 2002 bereits beschrieben worden, wo es unter anderem heisst:
“USA-Behörden sehen in solchen Verträgen missbräuchliche Rechtsvorgänge, da sich solche "Geschäftsvorgänge" ohne den Steuervorteil nicht rechneten sondern Profit auf Kosten der USA-Steuerbehörde erschlichen würde. Bei solchen Verträgen würden "Glückwünsche, Unter-schriften und Millionenbeträge ausgetauscht, an den Abwasserkanälen ändere sich hingegen nichts."

Während die Verfechter dieser Leasingform keine Gefahr für die deutschen Vertragspartner sehen, sei andererseits unter Präsident Clinton schon 1999 verfügt worden, dass aus "Schein-geschäften ohne ökonomische Substanz" kein Steuervorteil erwachsen dürfe.“ ( as )

Soll Cross – border – leasing nun „legalisiert“ werden?

Das sog. „Cross- Border- Leasing“ wurde aber nicht nur bereits von einigen Kommunen in Deutsch-land betrieben und als neues „Finanzierungssystem“ für Kommunen gegenüber den BürgerInnen dar-gestellt, sondern wurde von den Grünen im Landtag NRW  als innovatives Finanzierungsmodell für Kommunen bezeichnet ( wie in einer Einladung für ein „Fachgespräch“ am 14. November 2002 im Landtag ausgeführt war ).

Damit wird auch auf parlamentarischer Ebene eine verhängnisvolle Irreführung betrieben.

Mit dem Begriff „Finanzierungsmodell“ wird nämlich suggeriert, dass sich mit dem Cross- Border- Lea-sing eine Möglichkeit anbietet, den Kommunen aus ihrer ( strukturellen ) Finanzierungsmisere heraus-zuhelfen. Doch es handelt sich bei den Beträgen, die die Kommunen erhalten,  um einen einmaligen Geldzufluss.

Das heißt: Das Cross- Border- Leasing bietet keinen Ausweg aus der strukturellen Finanzmisere, die nur durch bundespolitische Maßnahmen zu lösen ist. Doch genau die überfällige Diskussion dieser bundespolitischen Maßnahmen wird auf Grund des Cross- Border- Leasing hinausgezögert.

Gleichzeitig wird durch diese und andere Äußerungen der Eindruck erweckt, dass, diese „Geschäfte“ eine korrekte Finanzierung unserer Gemeindehaushalte darstellten. Es wird durch die Äußerungen der Kommunen auch verdeckt, dass in Wirklichkeit keine Verpachtung sondern eine Eigentumsübertra-gung an den Investor stattfindet oder dass als Ergebnis der Verträge das Eigentum übergehen wird.

Zusammengefasst heißt dies:

-  Nach den Vorstellungen der obersten amerikanischen Finanzbehörde darf der Steuer-vorteil nur in Anspruch genommen werden, wenn eine echte Eigentumsübertragung vorliegt.

-  Zu  der Behauptung, es handele sich beim Cross- Border- Leasing nur um eine finan-zielle Transaktion ohne sonstige rechtliche Konsequenzen, steht im unauflösbaren Wi-derspruch , dass für die Auflistung der Bedingungen  in den Verträgen bis zu über tau-send Seiten benötigt werden.

-  In den Verträgen wird den Investoren eine starke Rechtsposition mit Ansprüchen auf Schadensersatz für den Fall eingeräumt,  dass die Gemeinden Bedingungen des Ver-trages, die in großer Zahl aufgelistet sind, nicht einhalten.

-  Mit den Verträgen wird der Gerichtsstand New- York anerkannt.

-  Die Problematik, dass das Cross- Border- Leasing u.U. mit der Gemeindeordnung nicht ver-einbar ist, wird ausgeblendet.

-  Dazu gehört die Frage, ob die Verträge nicht nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten in einer Weise gestaltet sind, die die Funktion der Gemeinde als Träger der Daseinsvorsorge aushebelt und die u. U. –zumindest teilweise - von der Gemeindeordnung verboten ist. ( Die GO lässt nämlich nach unserer Meinung eine Veräußerung oder eine veräußerungsgleiche Behandlung von Vermögenswerten, die der Sicherung der Versorgung der BürgerInnen die-nen,  nicht zu.)

Bemerkung:

Indem die Räte solche Verträge unterschreiben ohne dass von irgendeiner Seite protestiert wird, zer-stören sie für den Erhalt der Demokratie entscheidende Verfassungsstrukturen. Es handelt sich dabei  um einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur völligen Auflösung unseres demokratischen Rechts-staates. Auch im kommunalen Bereich fanden solche Verstöße gegen die Gemeindeordnung schon vor langer Zeit statt und zwar u. a. mit der Privatisierung der Abfallentsorgung und die Errichtung und den Betrieb der MVA `s durch Private.

Aufruf und Vorschlag an Kommunen, Fraktionen und Gruppen:

Es soll durch Prüfungen der dafür vorgesehenen Verfassungsorgane, notfalls auch durch Un-tersuchungsausschüsse des jeweiligen Landtages und / oder durch Prüfungsaufträge von Kommunen an die kommunalen Spitzenverbände – Gemeinde- und / oder Städtetag – geklärt werden, ob solche „Scheingeschäfte“ überhaupt mit den Gesetzen unseres Landes, Staates und / oder unserer Versfassung vereinbar sind.
 

mit freundlichen Grüßen

Sebastian Schönauer

IKT Bayern, Landesvorsitzender
Bund Naturschutz in Bayern,
Stellv. Landesvorsitzender
AK Wasser im BUND Sprecher

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