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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) Donnerstag, 24. Januar 2002 • Seite 9

Die Furcht vor der Fremdbestimmung

Wasserverpachtung an die OVAG? - Bürgerversammlung offenbart Skepsis - Fraktionen deuten dagegen Wohlwollen an

UDENHAUSEN (aep). Das Thema ist in vielen Gemeinden so aktuell wie umstritten, und so tat Grebenaus Stadtverordnetenvorsteher Herbert Appel das ihm mögliche, um die Einwohner der Stadt zu informieren: Er lud zur Bürgerversammlung. Die mögliche Verpachtung der Wasserversorgung an die OVAG füllte indes den Saal in Udenhausen nur zur Hälfte, in dem Direktor Hans-Ulrich Lipphardt dazu zwei Stunden Rede und Antwort stand. Er erlebte mehr Skepsis als Entgegenkommen.

Vor allem Stadtverordnete im rund 40-köpfigen Publikum - darunter auch Gäste aus anderen Gemeinden - taten sich mit Serien kritischer Fragen hervor, nachdem Lipphardt Pläne und Möglichkeiten des kommunalen Strom- und Wasserver-sorgers OVAG vorgestellt hatte.

Vom Podiumstisch indes kamen andere Äußerungen aus den Reihen der Fraktionsvorsitzenden. Man sei nicht abgeneigt, aber man werde prüfen, verlautete Wilfried Göttert für die CDU. Die OVAG sei schließlich ein Unternehmen „das ihre Sachen zusammenhält." Es gebe Befürworter und Skeptiker in der SPD, meinte Helmut Ihm, bekannte dabei, dass die Fraktion sich grundsätzlich bereits für eine Verpachtung ausgesprochen habe - einstimmig. Aber man werde zunächst die Bedingungen prüfen, schränkte er ein.

FWG-Vertreter Rüdiger Schwalm erklärte, die Freien Wähler würden zu dem Thema auf einen Bürgerentscheid pochen: „Sollen die Bürger entscheiden, wie sie zu dem Thema stehen."

„Das Thema" bedeutet, so erläuterte OVAG-Direktor Lipphardt, dass die Stadt ihre sächlichen Werte zur Wasserversorgung - sprich: alle Anlagen vom Brunnen bis zu den Leitungen - an die OVAG verpachtet. Da diese kommunale Aufgabe nicht in private Hände vergeben werden darf, würde der der OVAG vorgeschaltete Zweckverband Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) dem Unternehmen dann die Aufgabe und Pflicht übertragen, die Grebenauer Bevölkerung mit Wasser zu versorgen - und dafür Gebühren zu kassieren. Vor allem um deren künftige Höhe und die Angst vor einem Ausverkauf Grebenauer Wassers rankte sich die Diskussion. Dass Lipphardt dabei mit den „Synergieeffekten" aus einem rationelleren Betrieb winkte, durch den die Gebühren möglicherweise sogar gesenkt werden könnten, überzeugte Skeptiker nicht. Ebenso wenig wie seine Versicherung, die OVAG würde „nur so viel Wasser entnehmen, wie ökologisch vertretbar ist."

Da die Stadt bislang mit ihren Wassergebühren stets lediglich eine knappe Unterdeckung erwirtschaften konnte, so ein Einwand aus dem Publikum, „kann ich mir nicht vorstellen, wie die OVAG damit verdienen will." Denn verdienen wolle das große Unternehmen, bekannte Lipphardt: „Unsere Intention ist auch, eine Stange Geld zu verdienen. Eine geringe Marge muss dabei aufkommen."

Dabei verfüge die Stadt, erklärte Bürgermeister Jürgen Ackermann, mit den per Landratsverfügung jüngst auf 1,70 Euro angehobenen Gebühren nun erst einmal über genug Einnahmen - womit Grebenau im Mittelfeld der Vogelsberger Kommunen liege.

Der Verwaltungschef zeigte sich den Verpachtungsplänen nicht abgeneigt, hob die Not im Stadtsäckel und bestimmte Einspareffekte durch die Verpachtung hervor: Der Wasserwerker könnte im Bauhof mitarbeiten, teure Wasserprüfungen entfielen ebenso wie die Anschaffung teurer Betriebssoftware.

In der Höhe von 1,70 Euro - eher geringer - könnten sich auch die Preiskalkulationen der OVAG bewegen, ließ Lipphardt durchblicken. Auch leichte Sanierungen könnten mit einer vertraglichen Regelung ohne Preisänderungen durch die OVAG erfolgen - außer bei Investitionen besonderer Größenordnung. So ließ Lipphardt sich trotz mehrerer Nachfragen auch nicht auf eine bestimmte Länge für eine Preisgarantie festlegen: „Wir kalkulieren so, dass wir nicht drauflegen müssen." Die Furcht vor strikt kaufmännischer als eher politischer Kalkulation und Fremdbestimmung durch ein entrücktes Gremium wie den ZOV bestimmte die kritischen Äußerungen aus dem Publikum - wenig entkräftet durch die Lipphardtsehe Aussage: „Der ZOV, der ein Stück weg ist, wird einen Preis beschließen, der richtig ist."