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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 07.05.2004

"Darf Wasserwirtschaft denn verkauft werden?"

Attac will Auskunft von Innenminister Bouffier: Liegt parlamentarischer Misshrauch vor? - Auch Brief an Hans Eichel

VOGELSBERGKREIS (r). Die Bundesbankreserven für kommunale Zwecke zu verwenden, dies hat die Alsfelder Attac-Gruppe jetzt in einem Schreiben Bundesfinanzminister Hans Eichel und Bundestagsabgeordneten vorgeschlagen. Zudem solle die Deutsche Bundesbank den Kommunen zinslose Kredite gewähren. So könnten kurzfristige finanzielle Engpässe in den Kommunalhaushalten überwunden werden und Kommunen seien nicht mehr gezwungen, öffentliches Vermögen "durch fragwürdige Privatisierungsdeals zu verhökern".

Da der Marktzinssatz sich schon längere Zeit auf einem Tiefstand hielt, entstehe dem Bund "nur ein relativ geringer Zinsausfall" argumentiert Attac, die "auch nur an einen Übergangskredit" denken, bis durch eine Steuerreform "ein vernünftiger Finanzausgleich zwischen allen Ebenen der öffentlichen Hand geschaffen worden sei." Inwieweit der Kredit für laufende Ausgaben wie dringend notwendige Sanierung maroder Wasserinfrastruktur verwendet werden könnten, sollte sich "nach den örtlichen Gegebenheiten" richten.

Den hessischen Innenminister bat Attac in einem Schreiben "um Interpretation verschiedener Paragraphen" der Hessischen Gemeindeordnung. Hintergrund dafür seien "die Verkaufsvorhaben wasserwirtschaftlicher Anlagen und der damit verbundenen Aufgaben öffentlicher Daseinsvorsorpc von Wetterauer und Vogelsberger Kommunen "wie Hirzenhain, Ortenberg, Freiensteinau,  Schotten, Feldatal an die profitorientierte kalkulierende OVAG". So wolle mau von Volker Bouffier wissen, ob wasserwirlschaftliche Anlagen zu den Vermögensgegenständen einer Kommune gehören, die veräußert werden dürfen.

Weiter will Attac verbindliche Auskunft darüber, ob Kommunalparlamente überhaupt das Eigentum von Bürgern verkaufen dürfen oder ob hier nicht parlamentarischer Machtmissbrauch vorliege. Die Dienstleistung Wasser sei, so Attac, "die wichtigste Säule des verfassungrechtlich verbrieften Rechts auf kommunale Selbstverwaltung" und die originärste Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Weggabe der Verantwortung für die Wasserwirtschaft der Einzelkommune ist nach Auffassung von Attac "eine massive Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung und damit ein nicht zu verantwortender Angriff auf die Grundlage des demokratischen Staates."