Zurueck zur Vorseite
Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 12.07.2005

Durchgewunken

Betrifft: „Breite Mehrheit, aber auch neue Forderungen", OZ vom 7. Juli

Wer sich bei der gemeinsamen Sitzung des Haupt- und Finanz- sowie des Ausschusses für Wirtschaftsförderung exakte Hintergründe über die überstürzte Fusion der Sparkasse Vogelsbergkreis mit der Sparkasse Wetterau - von Vorstand und Verwaltungsrat lange beschlossen und vom Kreisausschuss abgenickt - verschaffen wollte, wurde enttäuscht. Beckmann (Vorstandsvorsitzender der Sparkasse und ab Juli 2006 Ruheständler) und Landrat Marx (Verwaltungsratvorsitzender der Sparkasse) übten sich gemeinsam in Geheimniskrämerei. Gibt es doch Schwierigkeiten bei der Sparkasse Vogelsbergkreis?

Man wird es auf jeden Fall schwer haben, Verantwortliche zu finden und in Regress zu nehmen. So hat bereits Hermann Josef Abs - der mächtigste Banker der Nachkriegszeit - gesagt: „Es ist schwieriger, einen Aufsichtsrat in Regress zu nehmen, als eine eingeseifte Sau am Schwanz zu halten." Lässt sich dies vielleicht auf Verwaltungsräte übertragen?

Im Rahmen ihres Unternehmenssicherungskonzeptes sei die Sparkasse Vogelsbergkreis überzeugt, „die Herausforderungen der Zukunft nicht zuletzt durch ihre engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewältigen zu können". Soweit die Feststellung des Vorstandes der Sparkasse Vogelsbergkreis Beckmann, Bonn und Falk im März 2004. Nun, ein Jahr später, plädiert der gleiche Vorstand vehement für die Aufgabe der Selbstständigkeit der Sparkasse und für die Fusion mit der Sparkasse Wetterau. So schnell sterben in Vorstandsetagen Überzeugungen, so schnell nimmt man den Abbau von Arbeitsplätzen in Kauf.

Der Vorstand der Sparkasse wird durch diese Fusion keine Nachteile erfahren. Herr Beckmann wird voraussichtlich eine nicht unerhebliche Einkommenssteigerung erhalten, was sich natürlich auch auf sein Ruhegehalt auswirkt, Herr Falk wird wahrscheinlich bei schöner Musik in die Warteschleife gehängt und Herr Bonn sicherlich eine natürlich angemessene Abfindung erhalten, wie das nun mal bei solchen Fusionen üblich ist.

Als Besucher dieser Sitzung hat mich besonders erschreckt, dass die SPD-Vertreter eine Diskussion der Fusion nicht wollten, und sie nur gekommen waren, um die Vorlage des Kreisausschusses und damit die Fusion durchzuwinken. So steht also Karl-Heinz Krug, der ja auch Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag ist und Landrat werden möchte, nicht nur für
formale Privatisierung der Wasserver- und Abwasserentsorgung in seiner Heimatgemeinde Schotten (Auch die gewinnorientierte OVAG wirbt hier bei den Gemeinden mit den so genannten Synergieeffekten, was letztlich auch Stellenabbau bei den Kommunen bedeutet, Gift also in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit), für Private-Public-Partnership auf Kreisebene -hier soll eigentlich öffentliche Daseinsvorsorge in die Hände Privater gelegt werden - , sondern nun auch noch für kritikloses Durchwinken dieser Fusion, wie die Zustimmung zur Beschlussvorlage des Kreisausschusses für den Kreistag eindeutig belegt.
Wo bleibt die Gewerkschaft bei dieser Angelegenheit? Wo bleibt die WASG in dieser Sache, hat man doch kürzlich das Antreten auch auf kommunaler Ebene lautstark verkündet?

Ich hoffe, dass sich .am morgigen Mittwoch eine Mehrheit im Kreistag durch alle Fraktionen hinweg findet, die diese für den Vogelsberg verantwortungslose Fusion verhindert. Es macht - wie ich meine -wenig Sinn, als Kommunalpolitiker einerseits die Abwanderung junger Leute aus Arbeitsplatzgründen und damit die schnellere Vergreisung des Vogelsbergkreises  parteiübergreifend zu beklagen, andererseits durch Fusionen und Privatisierungen aktiv zur Vernichtung von Arbeitsplätzen beizutragen.

Hans-Georg Bodien, Grebenau, Attac Alsfeld/Vogelsberg