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Berlin ändert Sparkassengesetz 

Durchbruch für Privatbanken

Von Frank Matthias Drost, Handelsblatt

Das Land Berlin öffnet die Berliner Sparkasse privaten Investoren. Bereits am kommenden Donnerstag wird die entsprechende Änderung des Sparkassengesetzes im Abgeordnetenhaus in erster Lesung behandelt. Mit diesem Vorhaben bringt die von SPD und PDS geführte Landesregierung Bewegung in die deutsche Bankenlandschaft. Erstmals werden hier die gesetzlichen Grundlagen für den Verkauf einer Sparkasse geschaffen.

BERLIN. Der Gesetzentwurf liegt dem Handelsblatt vor. Die Berliner Entscheidung könnte dazu beitragen, die bislang strikte Trennung der deutschen Kreditwirtschaft in Privatbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen (Drei-Säulen-Modell) aufzubrechen.

Die EU-Kommission hatte dem Land Berlin zur Auflage gemacht, sich bis 2007 von der Bankgesellschaft Berlin AG zu trennen, zu der die Berliner Sparkasse gehört. Im Gegenzug gab Brüssel grünes Licht für milliardenschwere Beihilfen.

Der nun von der rot-roten Landesregierung eingeschlagene Weg wird auch von der Opposition befürwortet. "Mit dieser Konstruktion wird ein optimaler Wettbewerbsanreiz geschaffen sowohl für private Interessenten als auch den öffentlich-rechtlichen Bereich", sagte Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, dem Handelsblatt. Ordnungspolitisch hat Esser mit einem Verkauf an private Bieter keine Probleme: "Jetzt müssen beide Lager Geld in die Hand nehmen."

Bislang hatte das private Bankengewerbe vergeblich versucht, eine Sparkasse zu übernehmen. In Stralsund wollte der Oberbürgermeister eine Gesetzeslücke nutzen und die Vermögensgegenstände der Stadtsparkasse veräußern. Doch die von SPD und PDS geführte Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern schob hier einen Riegel vor.

Sparkassenrecht ist Landesrecht. Es steht den Landesgesetzgebern frei, die Sparkassengesetze zu ändern. In mehreren Bundesländern wird an der Öffnung des Sparkassensektors gearbeitet. So plant die saarländische Landesregierung, privaten Investoren die Möglichkeit zu geben, sich an Sparkassen zu beteiligen. An der Sachsen-Finanzgruppe können sich laut Satzung private Investoren mit bis zu 49 Prozent beteiligen. In Schleswig-Holstein soll die Beteiligung von Kunden und öffentlich-rechtlichen Instituten an Sparkassen ermöglicht werden. Noch auf seiner letzten Pressekonferenz als Präsident des Bundesverbands deutscher Banken im März hatte Rolf Breuer prognostiziert, dass sich wohl in den kommenden fünf Jahren nichts an der Drei-Säulen-Struktur ändern werde. Die aktuelle Entwicklung in Berlin deutet nun darauf hin, dass sich das Drei-Säulen-Modell weitaus schneller auflösen könnte. Branchenbeobachter kritisieren seit langem, das Modell behindere die Konsolidierung der deutschen Bankenlandschaft.

Mit der Initiative des Berliner Senats wird nicht nur die Voraussetzung für eine Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Landesbank Berlin in eine AG geschaffen, die zum 1. Januar 2006 Landesbank Berlin AG heißen soll. Erstmals kann dann auch eine Sparkasse von privaten Interessenten indirekt gekauft werden. Mit der Umwandlung wird die Landesbank vom Land mit der Trägerschaft an der Berliner Sparkasse beliehen. Es übernimmt also eine privatrechtliche Organisation eine öffentlich Aufgabe im Auftrag des Landes. Juristische Personen des Privatrechts können nämlich nur auf der Grundlage einer Beleihung Träger einer Anstalt des öffentlichen Rechts sein.

Das ist ein Clou des Berliner Sparkassengesetzes: Die Sparkasse bleibt ein öffentlich-rechtliches Institut, allerdings unter dem Dach einer AG, die gekauft werden kann. Mit dieser rechtlichen Konstruktion dürfte es für den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) schwer werden, es einem möglichen privaten Erwerber zu untersagen, das rote Sparkassen-"S" zu nutzen. Denn mit einem Verkauf der Sparkasse an einen privaten Investor wird Berlin nicht zu einer "sparkassenfreien Zone". Die Berliner Sparkasse bleibt ein Institut mit sparkassentypischen Aufgaben: Sie soll den Kreditbedarf insbesondere des Mittelstands und der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise decken. Die Sparkasse wird also weiterhin dem Gemeinwohl verpflichtet sein. Der DSGV lehnte eine Stellungnahme zu dem Gesetzesvorhaben ab.

Gemeinwohlverpflichtung und Rendite müssen sich nicht ausschließen. Das beweist die Sparkassenorganisation selbst. Schließlich strebt der DSGV für seine Sparkassen mittelfristig eine Rendite von 15 Prozent an, was auch für private Banken ehrgeizig ist.
 

HANDELSBLATT, Dienstag, 12. April 2005, 07:12 Uhr