Moderne Raubzüge
Wie deutsche Großbanken in Zusammenspiel mit
der EU-Kommission, dem Berliner Senat und der Anwaltskanzlei Freshfields
die Privatisierung von Sparkassen durchsetzen wollen
.
Von Sahra Wagenknecht
Privare = rauben (Latein).
Damit ist über das Wesen von Privatisierungen eigentlich alles
gesagt. Es geht um den Raub von gesellschaftlichem Vermögen und die
Umleitung von Einnahmen (Zinsen, Mieten, Dividenden u.a.) auf private Konten
bei gleichzeitiger Abwälzung von Schulden, Risiken und sonstiger »Altlasten«
auf die Allgemeinheit. Erwünschter Nebeneffekt ist die Zerschlagung
organisierter Kernbelegschaften im öffentlichen Dienst, um künftigen
Streikaktionen vorzubeugen und flächendeckend Löhne senken zu
können
.
Zum Gelingen derartiger Raubzüge tragen verschiedene Akteure bei.
So bedienen sich die Großbanken und Konzerne willfähriger Anwaltskanzleien
zur juristischen Absicherung ihrer Beute; hinzu kommen unerfahrene oder
korrupte Politiker, die auf kurzfristige Privatisierungserlöse schielen,
ohne die langfristigen Folgen zu berücksichtigen, und Institutionen
wie die EU-Kommission, die keine Gelegenheit auslassen, die Privatisierung
öffentlicher Güter im Interesse des Großkapitals voranzutreiben.
Wie die verschiedenen Akteure zusammenwirken und welche Tricks sie anwenden,
um eine Privatisierung selbst in jenen Bereichen zu erzwingen, in denen
die Widerstände gegen einen Ausverkauf öffentlicher Güter
groß sind, soll im
Folgenden am Beispiel der Berliner Sparkasse beschrieben werden.
Lobbypartner EU-Kommission
Das aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken gebildete
Drei-Säulen-Modell in Deutschland ist den privaten Großbanken
schon lange ein Dorn im Auge. Schließlich verhindert es die Übernahme
von Sparkassen und steht damit einer Machtkonzentration im deutschen Bankenmarkt
im Weg. Daß die deutschen Banken »im Geschäft mit Privatkunden
unter der Konkurrenz der Sparkassen leiden und daher nicht annähernd
an die Ergebnisse ihrer ausländischen Konkurrenz herankommen«
(Handelsblatt 3.8.04) ist ein Verslein, das die deutsche Bankenlobby bei
jeder sich bietenden Gelegenheit
wiederholt. Sie weiß, wo sie hinwill.
In Italien etwa wurde im Gefolge einer rüden Privatisierungspolitik der Marktanteil des staatlichen Bankensektors von 75 Prozent Anfang der neunziger Jahre auf nur noch zehn Prozent heruntergedrückt. Parallel zu diesem Prozeß explodierten die Gebühren für Bankdienstleistungen. Im Ergebnis kostet ein Girokonto in Italien heute doppelt so viel wie im europäischen Durchschnitt.
In Deutschland hingegen ist der Widerstand gegen eine Privatisierung von Sparkassen nach wie vor groß. Folgerichtig suchte und sucht der Bundesverband Deutscher Banken nach Bündnispartnern in Brüssel. Mit Erfolg:
2005 wurden nach einem Entscheid der Europäischen Kommission die
Staatsgarantien für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute abgeschafft,
was die Sparkassen und Landesbanken dazu zwingt, ihre Geschäftspolitik
stärker an den Renditeerwartungen der Kapitalmärkte auszurichten.
An der Aushandlung dieses Deals war als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium
übrigens just
jener Caio Koch-Weser beteiligt, der kürzlich von der Deutschen
Bank mit einem hochdotierten Posten für seine Lebensleistung belohnt
wurde.
Aber damit nicht genug: Derzeit erwägt die EU-Kommission, das seit
2003 ruhende Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wieder aufzunehmen,
das zur Zulassung privater Sparkassen führen könnte. Im Mittelpunkt
des Verfahrens steht das in Paragraph 40 des Kreditwesengesetzes (KWG)
verankerte Namensmonopol für Sparkassen, das den Namen »Sparkasse«
für den öffentlichen Bereich reserviert. Zwar ist es der EU-Kommission
laut Artikel 295 des EU-Vertrags untersagt, sich in die Eigentumsordnung
eines EU-Mitgliedslandes einzumischen, und auch die EU-Bankenrichtlinie
erlaubt
es, nur bestimmten Instituten den Namen »Sparkasse« zuzuordnen.
Doch wo die Wirtschaftslobby ruft, ist Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy
zur Stelle und wittert pflichtschuldig Verstösse »gegen die
Kapitalverkehrs- und
Niederlassungsfreiheit«.
Folgen des Bankenskandals
Anlaß des erneuten Vorstoßes der EU-Kommission ist der für
2007 geplante Verkauf der Bankgesellschaft Berlin, zu der auch die Berliner
Sparkasse gehört. Sollte ein privater Investor bei der Veräußerung
zum Zuge kommen, wäre dies sehr wahrscheinlich der von den privaten
Banken lang herbeigesehnte Präzedenzfall, der das gesamte Drei-Säulen
Modell zum
Einsturz bringen kann.
Daß es eine Auflage der Europäischen Kommission zur Veräußerung
der Bankgesellschaft durch das Land Berlin überhaupt geben konnte,
ist den Verantwortlichen des Berliner Bankenskandals anzulasten. Diese
haben die Bankgesellschaft in den neunziger Jahren dazu benutzt, um ihre
politischen und geschäftlichen Freunde mit Pöstchen und Krediten
zu versorgen und
hochlukrative Immobilienfonds zu teilweise sittenwidrigen Konditionen
(von steuerlichen Verlustzuweisungen bis zu langjährigen Mietgarantien
und dem Recht zur Rückgabe zum Nominalwert am Ende der Laufzeit) an
etwa 70 000 Anleger aufzulegen. Risiken und Verluste aus diesem Geschäft
wurden auf den öffentlich-rechtlichen Teil der Berliner Bankgesellschaft
abgewälzt.
Die Sozialisierung der Verluste begann im August 2001, als das Land Berlin der Bankgesellschaft eine Kapitalzuführung von 1,755 Mrd. Euro zukommen ließ. Da diese Summe nicht ausreichte, um eine Pleite abzuwenden und das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred, heute BAFin) im November 2001 mit der Schließung der Bankgesellschaft drohte, beschloß das Berliner Abgeordnetenhaus am 9.4.2002 das Risikoabschirmungsgesetz, wodurch Risiken von bis zu 21,6 Milliarden Euro, die aus faulen Krediten, Wertverlust von Immobilien u. ä. resultieren, vom Land übernommen wurden.
Für die Verluste der Bankgesellschaft bezahlen mußten unter anderem die Bediensteten des Landes Berlin, deren Löhne und Vergütungen um durchschnittlich zehn Prozent gesenkt wurden. Laut Berliner Senat bringt dieser »Solidarpakt«, zu dem sich verdi nach dem Austritt des Landes Berlin aus dem Arbeitgeberverband nötigen ließ, eine weitere Entlastung der Personalausgaben um 250 Millionen im Jahr 2003 und um jeweils 500 Millionen in den Jahren ab 2004.
Wie zu erwarten war, rief die Unterstützung der Bankgesellschaft
durch das Land Berlin die Brüsseler Wettbewerbshüter auf den
Plan. Zwar wurden die staatlichen Beihilfen von der EU-Kommission nachträglich
genehmigt; allerdings nur unter der Bedingung daß sich die Bankgesellschaft
von mehreren Tochtergesellschaften trennt und 2007 selbst verkauft wird.
Damit
könnte die zur Bankgesellschaft gehörende Berliner Sparkasse
die erste öffentliche Bank in Deutschland werden, die von privaten
Investoren übernommen wird. Sicher ist dies allerdings noch nicht.
Denn nach wie vor gilt Paragraph 40 des Kreditwesengesetzes, der es privaten
Banken nicht erlaubt, eine Sparkasse zu betreiben. Sollte eine private
Bank im
Bieterverfahren zum Zuge kommen, müßte die erworbene Bank
also unter anderem Namen weitergeführt werden. Das freilich ist gerade
nicht der Sinn der Sache.
Mit dem Berliner Sparkassengesetz, das seit Juni 2005 in Kraft ist, versuchte der Berliner Senat, das Unmögliche möglich zu machen: Die Sparkasse sollte de facto privatisiert, die öffentlich-rechtliche Fassade und damit der Name jedoch gewahrt bleiben. Um dies zu erreichen, wurde die Sparkasse in eine teilrechtsfähige Anstalt umgewandelt und die Landesbank Berlin in eine Aktiengesellschaft transformiert, die vom Land Berlin mit der Trägerschaft an der Sparkasse beliehen wurde. Der Clou besteht also darin, daß die Sparkasse ein öffentlich-rechtliches Institut bleibt allerdings unter dem Dach einer AG, die von privaten Investoren gekauft werden kann.
Fraglich ist allerdings, ob das Berliner Sparkassengesetz juristisch
haltbar ist. Zwar existieren in diesem Gesetz einige Paragraphen,
welche die Gemeinwohlverpflichtung der Berliner Sparkasse sichern sollen.
Allerdings verfügt die Berliner Sparkasse als teilrechtsfähige
Anstalt über kein eigenes Vermögen, und auch die von der Sparkasse
erzielten Gewinne sollen in
die Taschen des privaten Trägers fließen. Hier genau lauert
das Problem:
Eine Ausschüttung der Gewinne einer Sparkasse an Private ist mit Paragraph 40 KWG nicht vereinbar. Denn nach diesem Gesetz müssen die Überschüsse einer Sparkasse entweder beim Institut verbleiben oder gemeinnützig verwendet werden. Das sieht auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) so.
Da allerdings kein privater Investor auch nur einen müden Euro
für ein Institut verausgaben dürfte, das seine Gewinne nicht
ausschütten darf, hat Finanzsenator Sarrazin die BaFin in einem Brief
gebeten, ihre Auffassung zu überdenken. Zur Unterstützung verweist
er dabei auf die Tatsache, daß die Berliner Sparkasse schon in der
Vergangenheit seit Gründung der
börsennotierten Bankgesellschaft im Jahr 1994 ihre Gewinne
an die Bankgesellschaft ausgeschüttet hat. »Würde Paragraph
40 KWG tatsächlich eine gemeinnützige Verwendung von Überschüssen
voraussetzen und zugleich jegliche Ausschüttungen an private Träger
ausschließen, so hätte die BaFin seit Schaffung des Konzerns
Bankgesellschaft rechtswidrig gehandelt und müßte sich fragen
lassen, warum sie seit zehn Jahren nicht gegen die Verwendung der Bezeichnung
,Berliner Sparkasse' eingeschritten ist«.
Richtig ist daran, daß schon die Gründung der Bankgesellschaft Berlin AG gegen geltendes Recht verstoßen und die undurchsichtige Struktur der Bankgesellschaft AG sowie die daraus resultierende unheilvolle Vermischung privater Interessen mit öffentlichen Haftungsgarantien zum Bankenskandal geführt hat. Mit Verweis auf rechtswidrige Bestimmungen der Vergangenheit nun allerdings zu fordern, man müsse erneut ein Institut schaffen, das die öffentlich-rechtliche Fassade mißbraucht, um möglichst hohe Profite auf private Konten zu schleusen, ist mehr als dreist.
An die Überzeugungskraft seines Arguments scheint Sarrazin daher selbst nicht recht zu glauben. Aus eben jenem Grund hat er Binnenmarktkommissar McCreevy zur Wideraufnahme des besagten Vertragsverletzungsverfahrens gegen das Namensmonopol der Sparkasse angeregt. Die unabsehbaren Folgen, die eine Privatisierung von Sparkassen für die mittelständische Wirtschaft, die Beschäftigten und Verbraucher in ganz Deutschland nach sich ziehen würden, interessieren im Berliner Senat offenbar weniger.
Ein passendes Gesetz
Wie Report Mainz am 20. März berichtet hat, wurde das umstrittene Berliner Sparkassengesetz übrigens von der Kanzlei Freshfields, Brückhaus, Deringer erarbeitet eine »der besten Adressen für milliardenschwere Wirtschaftsdeals«, die »mit dem Bundesverband deutscher Banken und vielen Großbanken über Berateraufträge eng verbunden« ist. Nun ist es nichts Außergewöhnliches, daß sich die Legislative bei Gesetzesvorhaben juristische Expertisen einholt. Daß Lobbykanzleien jedoch den Auftrag bekommen, Gesetze von Anfang an mitzuschreiben, ist ein relativ neues Phänomen. Im Fall des Sparkassengesetzes übernahmen Anwälte von Freshfields auch die Aufgabe, den Berliner Abgeordneten in Anhörungen das Gesetz zu erklären.
Im Übertölpeln von Parlamentariern, Senatoren und Ministern
hat die Kanzlei schon einige Erfahrung. So beriet die Kanzlei das Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Wohnungswesen bei der Einführung der LKW-Maut.
Als das Verkehrsministerium nicht in der Lage war, den von Freshfields
verfaßten 17 000-Seiten-Vertrag selbst zu interpretieren, erhielt
die Kanzlei einen
weiteren Beratervertrag, damit Modalitäten und Höhe der Schadensersatzforderung
ermittelt werden konnten. Auch bei der jüngsten Privatisierung des
Dresdner Wohnungsbestandes hatte Freshfields die Finger im Spiel: Sie hat
die Stadt Dresden beim Verkauf der städtischen Anteile an der WOBA
Dresden GmbH beraten. Käufer war der US-Finanzinvestor Fortress, der
die Anteile der Stadt für rund 1,75 Milliarden Euro übernahm;
der Deal zählte zu den größten Immobilienverkäufen
von Kommunen in Deutschland. Das Interessante daran: Noch im Dezember 2005
beriet Freshfields die Gegenseite, d. h. den Finanzinvestor Fortress, beim
Kauf von Wohnungen der Dresdner Bank Wohnungen, die mit der WOBA
in eine gemeinsame Holding gesteckt werden sollen, die spätestens
Anfang nächsten Jahres an die Börse gebracht werden soll.
Laut Eigendarstellung verfügt die Kanzlei Freshfields Bruckhaus
Deringer ȟber die wohl umfassendste Erfahrung in Public Private
Partnership-Projekten sowohl in Deutschland als auch international. Die
Sozietät hat sich in diesem Bereich einen einmaligen Erfahrungshintergrund
geschaffen, der eine Reihe von Pilotprojekten mit Modellcharakter einschließt.«
Zu diesen Projekten mit Modellcharakter dürfte die angestrebte Privatisierung
der Berliner Sparkasse ebenso zählen wie die Privatisierung
von Krankenhäusern in Hessen und Hamburg, die Privatisierung von
Wasserunternehmen, Stadtwerken und Flughäfen ebenso wie die Teilprivatisierung
von Landesbanken. Auch international hat sich Freshfields mit umstrittenen
Privatisierungen bzw. Public-Private-Partnerships (PPP) einen Namen gemacht.
In Großbritannien war die Kanzlei beispielsweise an der Überführung
einiger Londoner U-Bahnlinien in ein PPP-Projekt beteiligt und begleitete
zahlreiche Schulprojekte sowie sämtliche PPP-Gefängnisprojekte.
Die angestrebte Privatisierung der Berliner Sparkasse folgt in ihren
Grundzügen einem Modell, das schon bei der Teilprivatisierung der
Berliner Wasserbetriebe erprobt wurde. In beiden Fällen wurde der
Berliner Senat von Frehsfields-Anwalt Benedikt Wolfers beraten. In beiden
Fällen ging bzw. geht es um eine Privatisierung unter Wahrung der
öffentlich-rechtlichen Rechtsform ein Modell, das sich laut
Wolfers vor allem dann anbietet, wenn die öffentlich-rechtliche gegenüber
der privatrechtlichen Form manifeste wirtschaftliche Vorteile bietet oder
die Widerstände gegen eine vollständige
Privatisierung zu groß sind.
Wie das neue Sparkassengesetz war auch die im Jahr 1999 in einem geheimen
Vertrag von der damaligen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD)
mit den Konzernen RWE und Veolia (ehemals Vivendi) geregelte Teilprivatisierung
der Berliner Wasserbetriebe (BWB) juristisch und politisch höchst
umstritten. Um eine Privatisierung bei Wahrung der öffentlich-rechtlichen
Rechtsform zu ermöglichen, wurde damals eine Holding geschaffen, die
nach dem Vorbild der Berliner Bankgesellschaft AG sowohl eine Anstalt des
öffentlichen Rechts (die Berliner Wasserbetriebe BWB) als auch diverse
privatwirtschaftliche Beteiligungen und Tochtergesellschaften unter ihrem
Dach vereinte. Und wie schon bei der Bankgesellschaft Berlin hat dieses
Holding-Modell den Vorteil, daß es eine massive Subventionierung
der privatwirtschaftlichen Unternehmen durch die Anstalt öffentlichen
Rechts ermöglicht. Lieferten die Berliner Wasserbetriebe vor der Teilprivatisierung
noch Gewinne an den Berliner Haushalt ab, so gehen diese Erlöse
nun in erster Linie an die privaten Gesellschafter.
Umstrittenster Punkt des Vertrages ist, daß den privaten Erwerbern
eine jährliche Rendite von sieben bis acht Prozent auf das »betriebsnotwendige
Kapital« zugesichert wurde über eine Laufzeit von 28 Jahren.
Zwar wurde dieser Teil des Vertrags durch einen Beschluß des Verfassungsgerichts
vom 21. Oktober 1999 für nichtig erklärt, trotz dieses Urteils
bestand der
SPD-PDS-Senat jedoch darauf, den privaten Wasserkonzernen die vereinbarte
Zusatzrendite zuzuschanzen. Denn als hätten die Beteiligten geahnt,
daß das Teilprivatisierungsgesetz von 1999 juristisch unhaltbar ist,
wurde im Vertrag eine Klausel verankert, nach der das Land Berlin sich
verpflichtet, die geringeren Gewinne oder höheren Verluste, die sich
ergeben, falls das Teilprivatisierungsgesetz ganz oder teilweise für
nichtig oder aufgrund einer Entscheidung eines Verfassungsgerichts mit
höherrangigem Recht für unvereinbar erklärt wird (»Nichtigerklärung«),
in vollem Umfang auszugleichen.
Um die unverschämte Rendite bezahlen zu können, muß das Land Berlin nun auf entsprechende Einnahmen verzichten, teils sogar draufzahlen. Gleichzeitig müssen die Berliner Haushalte tiefer in die Tasche greifen. Allein 2004 sind die Wasserpreise in Berlin um über 15 Prozent gestiegen; bis 2009 dürfte sich die Preise um etwa 30 Prozent erhöht haben. Dabei liegt Berlin schon jetzt bei den Preisen für Wasser und Abwasser bundesweit an der Spitze.
Auch wenn die herrschenden Parteien und Medien nach wie vor ein Loblied
auf die Privatisierung singen auf Dauer läßt sich nicht
verbergen, daß es sich bei der Privatisierung öffentlicher Dienste
in aller Regel um Raubzüge privater Konzerne und ihrer Berater und
Verbündeten handelt, die sich auf Kosten von Beschäftigten, Verbrauchern
und Steuerzahlern eine goldene Nase
verdienen wollen. Entsprechend nimmt der Widerstand gegen Privatisierungen
zu, in manchen Fällen wird auch schon über eine Rückführung
privatisierter Unternehmen in öffentliches Eigentum nachgedacht.
Alternativen zum Ausverkauf
Wie die Entwicklung in Berlin zeigt, ist dabei selbst ein Wandel vom Bock zum Gärtner nicht ausgeschlossen. So hat sich der Landesparteitag der Berliner SPD Ende letzten Jahres für die Aufhebung des Beschlusses zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe ausgesprochen und die Abgeordneten sowie die sozialdemokratischen Senatsmitglieder dazu aufgefordert »zu prüfen, unter welchen Bedingungen die Teilprivatisierung der BWB rückgängig gemacht werden kann und bis April 2006 darüber Bericht zu erstatten«. Auf den Bericht darf man gespannt sein auch wenn kaum zu erwarten ist, daß eine Berliner SPD mit Wowereit, Sarrazin und Fugmann-Heesing in ihren Reihen einen entsprechenden Kurswechsel einleiten wird.
Was für die Berliner SPD gilt, gilt jedoch auch für die Berliner Linkspartei; schließlich trägt Senator Wolf einen Großteil der Verantwortung für die Verabschiedung des neuen Sparkassengesetzes. Klar ist, daß sich ohne massiven Druck aus der eigenen Partei, aus der Öffentlichkeit, aus Gewerkschaften, Verbänden und sozialen Bewegungen nichts zum Guten ändern wird. Klar ist auch, daß der rot-rote Senat die Forderungen nach einem Stopp von Privatisierungen nicht gänzlich ignorieren kann, wenn er eine Schlappe bei den anstehenden Wahlen im September vermeiden will. Diese Situation gilt es zu nutzen.
Wenn die sich neu formierende Linke ihre Glaubwürdigkeit als Opposition zum Neoliberalismus nicht von vornherein aufs Spiel setzen will, muß die Linkspartei ihre bisherige Politik im Berliner Senat ändern. Im Hinblick auf die Privatisierungspolitik und den Umgang mit dem Berliner Bankenskandal sollte eine Fortsetzung der rot-roten Koalition davon abhängig gemacht werden, ob folgende Forderungen in die Tat umgesetzt werden:
Keine weiteren Privatisierungen öffentlichen Vermögen und kein Outsourcing öffentlicher Dienstleistungen an private Anbieter.
Revision des Sparkassengesetzes: Der Bestand der Berliner Sparkasse
als vollrechtsfähiger Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigenen
Organen, eigenem Vermögen und eigener Bankerlaubnis muß garantiert
und zugleich sicherstellt werden, daß die Gewinne der Berliner Sparkasse
für gemeinnützige Zwecke verwendet werden und nicht in private
Taschen zu fließen. Eine solche Gesetzesrevision würde außerdem
die Frage einer möglichen Privatisierung elegant lösen, denn
kein privater Investor dürfte unter solchen Konditionen noch Interesse
bekunden. Zugleich könnte der Auflage der Europäischen Kommission
durch Veräußerung der Sparkasse entweder an den Sparkassenverbund
selbst oder an eine gemeinnützige Stiftung Rechnung getragen werden.
Es gibt nämlich keine Auflage der Kommission, die das Land Berlin
zur Privatisierung verpflichtet. Wie und an wen die Sparkasse veräußert
wird, liegt in der Verantwortung des Berliner Senats
.
Keine weitere Aufträge an Kanzleien wie Freshfields, die
im Interesse privater Konzerne die Privatisierung öffentlicher Güter
vorantreiben; Offenlegung aller Verträge, die der Senat mit Anwälten,
Wirtschaftsberatern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geschlossen
hat. Revision des Teilprivatisierungsgesetzes der Berliner Wasserbetriebe
und
in der Perspektive die Rekommunalisierung der BWB.