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FR vom
06./07.Dezember
2008, Thema des Tages, Seiten 2 - 3 (Gescannt)
Zukunft verspekuliert. Das Beispiel
der
maroden Landesbanken zeigt : Der Staat führt Geldhäuser
genauso schlecht wie die
Privatwirtschaft. Regulierung fehlt. Wie es besser geht, machen die
Sparkassen
vor.
Länder pumpen Steuergeld in ihre Finanzinstitute, die sich
verzockt haben.
Sparkassen für Fusionen
VON BERND
SALZMANN
Die Landesbanken ringen um ihre Zukunft. Die Tage der WestLB, wie wir
sie heute
kennen, sind gezählt.Die einstmals stärkste aller
Landesbanken wird womöglich
noch bis zum Jahresende zerschlagen, um noch einen Rest von ihr zu
retten.
Das Wort ist in Düsseldorf zwar tabu, an der Sache ändert es
nichts. Die
Dekabank in Frankfurt, die jeweils zur Hälfte Landesbanken und
Sparkassen
gehört, wird voraussichtlich die Geschäftsfelder
Kapitalmarkt,
Projektfinanzierung und Assetmanagement übernehmen. Der
Verwaltungsrat des
Spitzeninstituts der Sparkassen-Finanzgruppe beschloss am Donnerstag,
"dass die Dekabank die Gespräche mit der WestLB beschleunigt und
intensiv
fortsetzt".
In einem nächsten Schritt könnte der Landesbank
Hessen-Thüringen (Helaba) in
Frankfurt unter anderem das Immobiliengeschäft der
Düsseldorfer angedient
werden. Für die Anteile der WestLB an der Dekabank, immerhin 7,6
Prozent,
interessieren sich die ostdeutschen Sparkassen. Die WestLB steht unter
enormem
Zeitdruck aus Brüssel. Die EU-Kommission fordert bis zum
Jahresende 2008 eine
neue Eigentümerstruktur von den Düsseldorfern, die zu
Jahresbeginn nur mit
einer Bürgschaft vor dem Aus gerettet werden konnten.
Düsseldorf ist fast überall. Baden-Württembergs
Ministerpräsident Günther
Oettinger (CDU) traut seinen eigenen Managern in der Stuttgarter
LBBW
nicht mehr und holt sich "externen Sachverstand", um die Bücher
von
Deutschlands größter Landesbank unter die Lupe nehmen zu
lassen. Ihm soll es
nicht wie seinen Kollegen in München und Düsseldorf ergehen,
die am Ende vor so
großen Milliardenlöchern in ihren Landesbanken standen, dass
nur noch
Notoperationen mit ungewissem Ausgang möglich waren. Die
unlängst beschlossene
Kapitalspritze für die LBBW sorgt schon für genug Unruhe im
Ländle. Die
Sparkassen murren, weil sie zig Millionen aufbringen müssen,
obwohl die von
ihnen angestrebte Fusion der LBBW mit der BayernLB in weite Ferne
gerückt ist.
Wie befreit wirken hingegen Siegfried Naser und Alois Hagl, die an der
Spitze
der bayerischen Sparkassen stehen. Sie waren - wie es üblich ist
in der
deutschen Landesbankenlandschaft - lange Zeit der Partner des
Freistaats in der
angeschlagenen BayernLB, doch zuletzt mochten sie nicht mehr helfen,
weil sie
ihre eigenen Häuser in den Städten und Dörfern vor
weiteren Risiken schützen
wollten. Nun bringt der neue Ministerpräsident Horst Seehofer
(CSU) zehn
Milliarden Euro für eine Kapitalspritze aus dem Staatshaushalt
auf. Experten
rechnen damit, dass der Anteil der Sparkassen an der BayernLB damit auf
gerade
noch fünf Prozent schrumpft. Die Sparkassen sind also so gut wie
raus aus der
Malaise - und deshalb können Naser und Hagl wieder lächeln.
Die Sparkassen misstrauen den Landesbanken. Sie wachsen ihnen zu stark
und zu
schnell, und das nicht immer nur mit solidem, sprich risikoarmen
Geschäften.
Dieses Unbehagen haben sie wohl noch nie so deutlich formuliert wie
Mitte
November in einem Beschluss aller deutschen Verbandsvorsteher. "Bei
Landesbanken wird im Zuge der Finanzmarktkrise eine Instabilität
deutlich, die
die Träger und Eigentümer substantiell belastet", heißt
es in der Präambel
des Papiers. Daher drängen die Sparkassen auf einen
Zusammenschluss der noch
sieben selbstständigen Landesbanken, denn "innerhalb der
gegenwärtigen
Strukturen ist eine ... Stabilisierung offensichtlich nicht
möglich". Mit
anderen Worten: Wird nicht abgespeckt, fusioniert und Geschäft
untereinander
vernünftig aufgeteilt, schlittern die Landesbanken von dieser
Krise garantiert
in die nächste. Übrig bleiben sollen daher nur noch drei
zurück
http://www.fr-online.de/_em_cms/_globals/print.php?em_ssc=MSwwLDEsMCwxLD...
08.12.2008
Landesbanken. Im Norden, Süden und in der Mitte der Republik.
Doch die Politik tut sich schwer mit dem Plan. Ministerpräsidenten
verfolgen
naturgemäß politische Interessen. Sie wollen mit der
jeweiligen Landesbank ihre
Wirtschaft und ihren Finanzplatz stärken. Freiwillig gibt keiner
ab. Die
angeschlagenen Bayern etwa wollen sich die Bedingungen einer Fusion
jetzt nicht
aufnötigen lassen und versuchen lieber den Alleingang. Gut
möglich also, dass
bis zur nächste Krise nur das Geschäft der WestLB neu
verteilt wird.
[ document info ]
Copyright © FR-online.de 2008
Dokument erstellt am 05.12.2008 um 16:40:02 Uhr
Letzte Änderung am 05.12.2008 um 20:48:00 Uhr
Erscheinungsdatum 06.12.2008
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http://www.fr-online.de/_em_cms/_globals/print.php?em_ssc=MSwwLDEsMCwxLD...
08.12.2008
Jeden Tag aufs
Neue
schrecken Horrorverluste aus dem Landesbankensektor. Für Liberale
ist das der
Beweis: Der Staat kann keine Banken führen. Haben sie recht?
Nein. Denn auch die Privatwirtschaft kann es nicht. Davon zeugen die
horrenden
Verluste bei den internationalen Vorzeigeinstituten wie der Schweizer
UßS, der
britischen Royal Bank ofScotland oder der amerikanischen Citigroup. Sie
alle
sind entweder bereits verstaatlicht oder haben zumindest Steuergeld
bekommen,
damit sie nicht untergehen. Die richtige Antwort lautet: Staat und
Markt können
es nicht.
Woran liegt das?
An der derzeit mangelhaften Regulierung der Finanzbranche. Im
wahnwitzigen
Glauben an die Effizienz der Kapitalmärkte haben die Regierenden
der Welt
vergessen, das Kredit- und Derivatevolumen der Banken im Zaum zu
halten.
Bilanzen und Gewinne wuchsen viel schneller als die Real Wirtschaft, es
bauten sicli riesige Kredit Pyramiden auf, die nun einstürzen.
Warum sind Landesbanken besonders anfällig?
Weil sie „Damen ohne Unterleib" sind. Ihnen fehlt das originäre
Bankgeschäft, die Einlagen der Kunden. Das haben die Sparkassen.
Deshalb ähneln
Landesbanken Investmentbanken, die von der Krise besonders gebeutelt
worden
sind. Landesbanken vergeben Kredite an große Firmen,
Immobiliengesellschaften
oder zocken am Kapitalmarkt. Das Geld besorgen sie sich wiederum auf
dem
Kapitalmarkt - solange er liquide ist.
Was sollten Landesbanken tun?
Sie sollten den Sparkassen als Zentralbank dienen, ihnen Finanzprodukte
anbieten und größere Betriebe der Region bei ihrer Expansion
begleiten.
Welche Lösungen gibt es?
Entweder die kommunalen Sparkassen verlieren ihre
Selbstständigkeit und werden
den jeweiligen Landesbanken zugeschlagen. Damit mutierten sie zu
abhängigen
Filialen; Landesbanken hätten endlich ihren Unterleib, Kunden und
Einlagengeschäft. Oder aber die Landesbanken werden fusioniert und
geschrumpft
und es entsteht ein öffentlich-rechtliches Spitzeninstitut. Das
ist der Weg,
den die Genossenschaftsbanken gehen.
Welcher Weg ist besser?
Eindeutig die Konsolidierung der Landesbanken. Denn die Regulierung der
Sparkassen, eigenständig und nur in ihrer Region Bankgeschäft
tätigen zu
dürfen, ist unschlagbar. Sie bedingt Bodenhaftung der
Vorstände, sorgt dafür,
dass immer Kredit zur Verfügung steht, denn davon leben die
Sparkassen. Darüber
hinaus hängen Sparkassen nicht an dem Auf und Ab der
Kapitalmärkte und wirken
so stabilisierend. Kein Wunder, dass das neue
Kreditklemmen-Barometerdes
Ifo-Institutes zeigt: Je kleiner die Unternehmen, desto einfacher ist
es
derzeit, an Fremdkapital zu gelangen.
Wem gehören die Landesbanken?
In der Regel dem jeweiligen Land sowie den dort ansässigen
Sparkassen. Und hier
beginnen die Probleme. Selbst in Hessen-Thüringen, wo die
Sparkassen 85 Prozent
an ihrer Landesbank halten, hat die Landesregierung das Sagen. Denn sie
schreibt die Sparkassengesetze und kann so den Sparkassen ihren Willen
aufzwingen. Da kein Ministerpräsident auf eine eigene Bank
verzichten will, ist
es noch immer nicht zur Konsolidierung der Landesbanken gekommen,
fallen nun
die Verluste so hoch aus, die auch noch zum Teil von den Sparkassen
geschultert
werden müssen. Kein Wunder, dass die Sparkassen lieber heute als
morgen ihre
Anteile an den Landesbanken loswerden wollen. Das Versagen der
Landespolitiker
liegt nicht im Beaufsichtigen der Bank, sondern in ihrer mangelnden
Bereitschaft, auf Einfluss zu verzichten. heu
LBBW
Weg in die Krise: Mit 350 Millionen Büro gingen die
Stuttgarter in
Island baden, 250 Millionen sind durch die Pleite von Lehman Brothers
abzuschreiben. Zudem belasten die Fusion mit der Landesbank
Rheinland-Pfalz und
der SachsenLB, die stark auf Kreditersatzgeschäfte gesetzt hatten.
Miese: Die Landesbank Baden-Württemberg steuert bis Jahresende
auf einen
Verlust von knapp zwei Milliarden Euro zu.
Rettungsansatz: Die LBBW-Eigner - Land Baden-Württemberg,
Sparkassenverband und Stadt Stuttgart - wollen die Eigenkapitalquote
aus
eigener Kraft von 7,3 auf neun Prozent anheben. Dazu sollen fünf
Milliarden
Euro über Anleihen auf dem Kapitalmarkt gesammelt werden. Die EU
prüft, ob
dafür eine Beteiligungsgesellschaft eingerichtet werden darf. Das
Land will
einen eigenen Schutzschirm von 15 Milliarden spannen.
Pläne: Die CDU/FDP-Landesregierung will eine „Südbank"
unter
LBBW-Führung. Wunschpartner wäre die BayernLB - aber ohne
Alt-Risiken. gar
HSH NORDBANK
Weg in die Krise: Das
Wertpapierportfolio
der Landesbank für Hamburg und Schleswig-Holstein verlor mit
Ausbruch der
Finanzkrise in den USA deutlich an Wert. Zur Jahresmitte beliefen sich
die
Belastungen bereits auf eine halbe Milliarde Euro.
Miese: Die Bank schrieb nach neun Monaten einen Verlust in Hijhe
von
fast 400 Millionen Euro. Vorstandschef Hans Berger trat Mitte November
zurück.
Rettungsansatz: Die HSH Nordbank ist das erste der
öffentlichrechtlichen
Spitzeninstitute, das vom Bund Garantien über 30 Milliarden Euro
bekommen hat.
Dafür muss sie aber ihre Kernkapitalquote erhöhen, mehrere
Milliarden sind
dafür wohl notwendig. Dafür wollen Hamburg und
Schleswig-Holstein sorgen.
Pläne: Hamburgs Finanzsenator Michael Freytag (CDU)
könnte sich im
Rahmen eines funktionalen Landesbankenverbunds eine Spartenbank mit
Schwerpunkt
internationaler Schiffsfinanzierung vorstellen. Als Wunschpartner gilt
die
NordLB. sal
BAYERN LB
Weg in die Krise: Die Bayern LB ist unter den heimischen
Landesbanken
wohl am tiefsten in die globale Finanzkrise verstrickt. Zum
Verhängnis geworden
sind ihr vor allem Fehlspekulationen mit komplexen US-Risikopapieren
und Engagements
in Island. Zuletzt machten der Bank im Zuge der Krise erhöhte
Anforderungen für
das Eigenkapital zu schaffen.
Miese: 2007 und in den ersten neun Monaten 2008 summieren sich die
Lasten
aus der Krise vor allem durch Wertberichtigungen auf gut 5,3 Milliarden
Euro.
Im Schlussquartal drohen weitere Milliardenabschreibungen.
Rettungsansatz: Kurz vor ihrem Kollaps wurde die Bayern LB vor
allem vom
Freistaats gerettet. Er finanziert mit zehn Milliarden eine
Kapitalerhöhung und
steht für riskante Wertpapiere über weitere 4,8 Milliarden
Euro gerade. Der
Bund garantiert über den Bankenrettungsfonds Soffin
zusätzlich 15 Milliarden
Euro.
Pläne: Klar ist, dass die Bank bis 2013 schrumpfen muss.
Sie zieht sich
aus der weiten Welt zurück und macht nur noch in Bayern ihre
Geschäfte. Mehr
als jeder vierte Arbeitsplatz geht verloren. Nach der Radikalkur will
Bayern
die Landesbank privatisieren. tmh
WEST LB
Weg in die Krise: Die Wertpapiere der WestLB wurden stark
abgewertet.
Der Handel mit riskanten Krediten hat geschadet. Zum Portfolio
gehörten Kredite
für ärmere Hausbauer in USA (Subprime-Papiere). Auch mit
ASB-Papieren
(Anleihen, die Kredite handelbar machen) hat die Bank verloren.
Miese: Der genaue Verlust ist verschleiert: Dank der
Übernahme
milliardenschwerer Risiken durch die Eigentümer - Sparkassen, Land
Nordrhein-Westfalen sowie Landschaftsverbände -kam die WestLB zu
Jahresbeginn
wieder in die schwarzen Zahlen. Intern geht die Bank von rund 2,5
Milliarden
Euro aus, die sie allein in diesem Jahr verloren hat.
Rettungsansatz: Als erste Landesbank konnte die WestLB im Februar
unter
einen fünf Milliarden großen Rettungsschirm ihrer Eigner
schlüpfen. So wurden
risikoreiche Papiere im Wert von 25 Milliarden Euro ausgelagert. 1500
Beschäftigte müssen gehen.
Pläne: Die EU muss die Milliarden-Beihilfe genehmigen und
fordert dafür
neue Eigentümer. Heißester Kandidat ist der
Sparkassen-Fondsanbieter
Deka. ajo
HELABA
Weg in die Krise: Keine Spur führt bei der Landesbank
Hessen-Thüringen
(Helaba) in Frankfurt zu Milliardenlöchern. „Marktbedingten
Bewertungskorrekturen" summieren sich auf knapp 700 Millionen Euro seit
Mitte 2007. Das Management rechnet damit, dass der Wert der Papiere
später nach
oben korrigiert werden kann.
Miese: Engagements mit den insolventen US-Banken Lehman Brothers
und
Washington Mutual bewegen sich laut Helaba in einem niedrigen
zweistelligen
Millionenbereich. Im Islandgeschäft wurden wohl weniger als 20
Millionen Euro
verloren. Nach neun Monaten ist die Bank im Plus.
Zukunft: Eine Übernahme von Teilen des WestLB-
Geschäfts und eine Fusion
mit der Deka sind denkbar. Die Helaba hat mit der Übernahme der
Frankfurter
Sparkasse gezeigt, wo sie hinsteuert. sal
NORD LB
Weg in die Krise: Die NordLB ist bislang mit einem blauen Auge
durch die
Krise gekommen.
Miese: Im ersten Halbjahr 2008 erzielte das Institut einen
Gewinn von
160 Millionen Euro.
Rettungsansatz: Die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt
gewähren der
NordLB Garantien von bis zu zehn Milliarden Euro jährlich.
Pläne: Eine Fusion der NordLB mit einer anderen Landesbank
lehnt
Niedersachsen ab. Die Tür schlägt die Regierung für die
HSH Nordbank aber nicht
zu. sal
LANDESBANK BERLIN
Weg in die Krise: Die LBB ist die dritte der sieben deutschen
Landesbanken, die sich noch halbwegs aus der Affäre gezogen hat.
Miese: Die Bank beziffert den Verlust nach neun Monaten auf elf
Millionen Euro.
Rettungsansatz: Das Gewinnziel wurde kassiert. Ein Rettungsplan
scheint
aber nicht nötig.
Pläne: Die Sparkassen als Mehrheitseigentümer wollen
die Bank aus den
Fusionsüberlegungen unter den Landesbanken zunächst
heraushalten.
Sal