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FR vom 08.10.2008
Aufstand der Anleger
Nach Lehman-Pleite sind Fraspa und Taunus Sparkasse um
Schadensbegrenzung bemüht
Von Peter Dietz
"Rund 45 000 Blatt Papier verschickt die Fraspa dieser Tage. Adressat
sind Kunden, die bei der Frankfurter Sparkasse Lehman-Zertifikate
gekauft hatten und durch die Pleite der US-Investmentbank ihr Geld wohl
verloren haben. Auf neun Seiten versucht die Bank zu erklären, wie
es zu dem Desaster kommen konnte, und bietet Hilfe zur
Schadensbegrenzung. Bei der Aktion geht es wohl auch um die Begrenzung
eigenen Schadens bei der Fraspa. Denn verärgerte Kunden machen
mobil, die Sparkasse fürchtet um ihr Image.
Und so werden 5000 der 800000 Fraspa-Kunden am Freitag oder am Samstag
die Post im Briefkasten haben - so viele Anleger sind bei der Sparkasse
betroffen. Die meisten Käufer hätten zwischen lOOOO und 15
000 Euro verloren; manche deutlich mehr, so die Fraspa. Das Volumen der
bei ihr erworbenen Lehman-Zertifikate liege „im höheren
zweistelligen Millionenbereich". Experten schätzen die Summe auf
rund 75 Millionen Euro.
Die Fraspa ist da nicht allein. Auch Kunden der Dresdner und der
Citibank sind mit Lehman-Zertifikaten reingefallen. Die Bad Homburger
Taunus Sparkasse hat an etwa 60 Kunden Lehman-Papiere verkauft, sagte
ein Sprecher auf Anfrage. Deren Verlust sei derzeit aber noch nicht zu
beziffern.
Andere Institute indes waren glücklicher - oder schlauer. Nach
eigenen Angaben hatten weder die Sparda-Bank Hessen noch die Naspa in
Wiesbaden noch die Volksbank Frankfurt Zertifikate der Lehman Brothers
im Angebot. „Wir sind da sehr konservativ", sagt eine Sprecherin der
Frankfurter Volksbank. Das Handeln mit solchen Zertifikaten passe nicht
zur Philosophie ihres Hauses.
„Wir bedauern außerordentlich, dass Kunden unseres Hauses von den
turbulenten Entwicklungen an den internationalen Finanzmärkten
direkt betroffen sind", muss dagegen die Fraspa ihren Anlegern
schreiben. Die Entwicklung sei ein „sehr, sehr schwerer Schlag für
jeden betroffenen Kunden und für die Frankfurter Sparkasse", sagte
ein Unternehmenssprecher der FR und fügt an: „Wir wollen unsere
Kunden in diesen schwierigen Zeiten so weit wie möglich
unterstützen".
Hilfe bei Insolvenzansprüchen
Längst hat der Insolvenzverwalter die Hand auf dem
Restvermögen der Lehman Brothers. Die Anleger können als
Gläubiger ihre Forderungen anmelden - und dabei will die Fraspa
ihnen helfen, „Wir bieten Ihnen an, die vom Insolvenzverwalter
erbetenen Informationen zu Ihren Lehman-Zertifikaten diesem zur
Verfügung zu stellen", schreibt die Sparkasse ihren Kunden. Hilfe
beim Einklagen der Ansprüche bietet auch die Taunus Sparkasse. Das
könnte die Sache beschleunigen, hoffen die Banker. Wie lange das
Verfahren jedoch dauern kann, und ob am Ende überhaupt ein Euro
für die enttäuschten Anleger übrig bleibt, ist
völlig offen. Deshalb treten Kunden mit ihren Forderungen nun
direkt an die Fraspa heran.
Manfred G. aus Bad Nauheim etwa will seinen Einlagebetrag von 5000 Euro
zurück - und droht dem Institut mit Klage. „Ich sehe die Sparkasse
in der vollen Verantwortung, da sie mir wie vielen anderen diese
Zertifikate mit dem Wunsch nach einer soliden und sicheren Anlage
empfohlen hatte, ohne auf das Risiko eines Totalverlustes hingewiesen
zu haben", sagt er. Er habe sich „voll auf die vermeintliche
Seriosität und Kompetenz des Beraters verlassen".
Auch Rita P. ist stinksauer. „Ich fühle mich einfach schlecht
beraten, fast betrogen", schimpft die Frankfurterin. „Von einem
möglichen Totalverlust war nie die Rede." 18 000 Euro hat sie
verloren. „Ich habe dieses Geld als 18-jähriges Mädchen von
meiner krebs-kranken Mutter für die Zeit nach ihrem Tode vererbt
bekommen. Es sollte meine Zukunft sichern."
Das Geld hätte sie auch auf einem ganz normalen Sparbuch angelegt,
sagt Rita R. Vom Berater seien ihr die Lehman-Zertifikate jedoch Anfang
2007 „als absolut sichere Anlage regelrecht aufgeschwatzt" worden. Sie
appelliert an die Fraspa: „Gestehen Sie Ihren Fehler ein.
Entschädigen Sie Ihre Kunden aus eigenem Kapital. Dann
kämpfen die Kunden sicher gerne weiter mit Ihnen zusammen, um die
Lehman-Entschädigung zu erhalten." Nur so könnten die Banken
ihren ramponierten Ruf retten, meint die Frau.
Daran arbeitet die Fraspa - und startet ihre Informationsoffensive. Die
Kunden hätten attraktive Produkte wie Zertifikate verstärkt
nachgefragt, deshalb habe man sie ins Angebot genommen, sagt der
Firmen-Sprecher. Emittenten, also die Herausgeber der Finanzpapiere,
seien sorgfältig geprüft worden. Und Lehman sei vor der
Pleite „eine im Zertifikatemarkt renommierte Adresse" mit einwandfreien
Bewertungen gewesen. Dass Lehman zusammenbrechen würde, sei bis
vor Kurzem „schwer vorstellbar" gewesen.
Auch Banker sind reingefallen
Die Fraspa ist sich zudem sicher, die Kunden korrekt beraten zu haben.
Die Berater würden darauf hinweisen, dass es mit Blick auf die
Emittenten immer Risiken gebe. Auch hätten alle Anleger wissen
müssen, dass Lehman und nicht die Fraspa der Geschäftspartner
ist - das stehe ausdrücklich in den Abrechnungen. Sollten Kunden
aber im Einzelfall glauben, falsch beraten worden zu sein, so werde die
Fraspa das prüfen, sagte der Sprecher. „Wenn Beratungsfehler
gemacht wurden, stehen wir zu unserer Verantwortung."
Durch die Lehman-Pleite hat auch die Fraspa selbst Geld verloren. Zum
einen haben neben Kunden auch Mitarbeiter der Sparkasse auf die
Zertifikate gesetzt. Zum anderen habe das Institut Geschäfte mit
der US-Bank gemacht. Die Verluste daraus seien „in überschaubarem
Maß", sagt der Fraspa-Sprecher. Zahlen nennt er nicht.
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Krise, Pleite und
Totalverlust
Von der Insolvenz der US-Bank Lehman
Brothers sind auch Anleger im Rhein-Main-Gebiet betroffen. Allein die
Frankfurter sparkasse (Fraspa) hat rund 5000 Kunden Lehman-Zertifikate
verkauft; bei der Taunus Sparkasse in Bad Homburg haben rund 60 Anleger
solche Papiere erworben.
Wer Zertifikate der Lehman-Tochter
mit Sitz in Amsterdam gekauft hat, muss mit einem Totalverlust rechnen.
Derzeit läuft das Insolvenzverfahren in den Niederlanden an.
Anleger sollten als Gläubiger der Bank ihre Ansprüche aus der
Insolvenzmasse anmelden.
Die Forderungen sind an den
Insolvenzverwalter der Emissionsgesellschaft Lehman Brothers Treasury
zu richten. Der Verwalter informiert die Betroffenen im internet -
leider nur in holländischer und englischer Sprache. Adresse:
www.houthoff.com
Hilfe im Insolvenzverfahren bieten
Fraspa und Taunus Sparkasse ihren Kunden an. Die Fraspa hat alle
betroffenen Kunden angeschrieben und will weiter informieren. Die
Taunus Sparkasse will zunächst die Quoten aus der Insolvenz
abwarten und sich dann in Kontakt setzen.