Vorschlag einer präzisierten Antrags- und Begründungsfassung:
Antrag:
Auf Bundes- und Länderebene soll durch Gesetze, die jedem interessierten
Bürger ein Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht gegenüber der Verwaltung
einräumen, das Prinzip der Verwaltungsöffentlichkeit eingeführt
werden. Berechtigten Geheimhaltungsinteressen (Schutz persönlicher
Daten Dritter, Staatssicherheit u.ä.) ist durch entsprechende Ausnahmebestimmungen
Rechnung zu tragen. Die Verweigerung von Auskunft oder Akteneinsicht unter
Berufung auf diese Ausnahmebestimmungen muß vollständiger gerichtlicher
Uberprüfung zugänglich gemacht werden.
Begründung:
Das geltende Recht der Bundesrepublik geht für den Bereich der Verwaltung vom Prinzip der Geheimhaltung aus. Informationsrechte des Bürgers gegenüber der Verwaltung bestehen nur, soweit gewisse eng begrenzte gesetzliche Ausnahmeregelungen dies ausdrücklich vorsehen (s. etwa § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Akteneinsichtsrecht der Verfahrensbeteiligten und § 4 der Landespressegesetze für das Auskunftsrecht der Presseangehörigen).
Dieses Prinzip der Geheimhaltung ist einem demokratischen Staat und einer demokratischen Regierung und Verwaltung, die sowohl auf das Vertrauen als auch auf die Kontrolle durch den Bürger und die öffentliche Meinung angewiesen sind, nicht mehr gemäß.
Eine wachsende Anzahl demokratischer Staaten ist deshalb durch Erlaß entsprechender Gesetze, die das hergebrachte Verhältnis von Regel und Ausnahme umkehren und jeden Bürger grundsätzlich einen Informationsanspruch gegenüber der Verwaltung einräumen, zum Prinzip der verwaltungsöffentlichkeit übergegangen (Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark, USA (Freedom of Inforination Act, 1974), Niederlande (Wet openbaarheid van bestuur, 1980); Darstellungen dieser Regelungen bei Donald C. Rowat (Hrsg.), LL Secret Administratif dans les Pays Developpes, Paris 1977, und in einem von Max-PlanckInstitut Heidelberg dem Bundesminister des Inneren, Projektgruppe Datenzugangsrecht, erstatteten Gutachten über ausländisches Datenzugangsrecht, 1981).
Aus den genannten Gründen hat auch die parlamentarische Versammlung
des Europarates allen Mitgliedstaaten die Einführung eines Systems
der Aktenöffentlichkelt empfohlen (Rec.854 (1978) ).
Die effektive Realisierung des dem Bürger einzuräumenden
Informationsrechts setzt voraus, daß die Berechtigung einer auf die
erforderlichen Ausnahmeregelungen gestützten Auskunfts- bzw. Einsichtsverweigerung
durch die Verwaltungsbehörden gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar
ist, und daß sich die Behörde dieser Uberprüfung nicht
durch Informationsverweigerung gegenüber dem Gericht entziehen kann.
Dem Gericht gegenüber muß daher in jedem Fall eine vollständige
Offenlegungspflicht bestehen. Die Wahrung der durch die Ausnahmebestimmungen
geschützten Geheimhaltungsbelange ist unter dieser Voraussetzung nur
dadurch möglich, daß die gerichtliche Prüfung der Dokumente
bzw. Auskünfte, für die die Behörde einen Geheimhaltungsgrund
geltend macht, in camera, d.h. unter Ausschluß der Gegenpartei, um
deren Informationsanspruch es geht, erfolgt. Dies bedürfte als eine
im Interesse der betroffenen Partei erforderliche Ausnahme von den Grundsätzen
der Öffentlichkeit und insbesondere der Parteiöffentlichkeit
des Gerichtsverfahrens einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung.