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Antwortschreiben aus der SPD- Bundestagsfraktion zur EU- Verfassung

DR. ANGELICA SCHWALL-DÜREN
MITGLIED DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES
STELLVERTRETENDE VORSITZENDE
DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION
Angelica Schwall-Düren MdB · Platz der Republik 1 · 11011 Berlin

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Berlin, 05.04.2005

Herrn
Hans-Georg Bodien
Attac Alsfeld/Vogelsberg
per E-Mail: hansbodien@yahoo.de

Sehr geeehrter Herr Bodien,

für Ihre Mails vom 29.11.04 und 29.03.05 bedanke ich mich und bitte meine verspätete Beantwortung zu entschuldigen.

Für die Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge, dazu zählt auch der Vertrag über die Europäische Verfassung (Europäische Verfassung), sieht das Grundgesetz, nach derzeitigem Stand, ein parlamentarisches Verfahren vor. Für die Annahme der Europäischen Verfassung in Deutschland ist eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat notwendig. Dieses parlamentarische Verfahren ist Teil unserer bewährten Verfassungswirklichkeit und Staatspraxis.

Vielfach wird die Forderung erhoben, die Europäische Verfassung in Deutschland auf dem Wege eines Referendums zu ratifizieren. Voraussetzung für ein Referendum auf Bundesebene ist, nach gegenwärtiger Rechtslage, eine Änderung des Grundgesetzes. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit ist weder in Bundestag noch Bundesrat auf absehbare Zeit in Sicht, da sich die Opposition querlegt.

Tatsächlich verdeckt die Debatte über ein Referendum zur Europäische Verfassung die von der SPD seit vielen Jahren vertretene Position, die plebiszitären Elemente im Grundgesetz insgesamt zu stärken und den Bürgerinnen und Bürgern mehr Möglichkeiten zur direkten Demokratie zu verschaffen. Das entspricht auch dem Programm der Bundesregierung. Wir haben, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, dazu entsprechende Initiativen eingebracht, die in der Vergangenheit aber jeweils von der Opposition abgelehnt wurden.

Die SPD lässt sich ihre Vorreiterrolle in Sachen größerer Bürgerbeteiligung nicht streitig machen. Doch sind wir weder zu faulen Kompromissen noch populistischen Einzelfalllösungen bereit:

Wenn wir weiterhin am Ziel festhalten wollen, die direkte Demokratie in Deutschland zu stärken, dann dürfen wir uns nicht ausschließlich auf ein punktuelles Referendum zur Europäischen Verfassung konzentrieren. Das wäre verfassungsrechtlich höchst bedenklich und letztlich eine Täuschung der Bürgerinnen und Bürger. Denn ein wirklicher Zugewinn an direkter Demokratie

Wahlkreisbüro Kreis Coesfeld · Haverlandweg 1 · 48249 Dülmen · (0 25 94) 91 01 13, buero.duelmen@schwall-dueren.de

Bürgerbüro Kreis Steinfurt I · Am Kirchplatz 9 · 48341 Altenberge · (0 25 05) 937339,
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wäre es keineswegs, wenn die Menschen alle Jubeljahre die Gelegenheit zu einem Referendum in EU-Angelegenheiten hätten, während sie auf andere Entscheidungen, von denen sie viel stärker unmittelbar betroffen sind, weiterhin nur wenig direkten Einfluss ausüben könnten.

Direkte Demokratie beginnt in erster Linie vor Ort. Sie braucht kein Placebo durch ein EU-Referendum. Sie darf nicht auf singuläre Ereignisse beschränkt bleiben. Sie braucht Substanz in unserer täglichen Verfassungs-und Staatspraxis. Unsere Gesetzesinitiativen dazu liegen seit der vergangenen Legislaturperiode vor. Daran wird die SPD weiter arbeiten.

Mit der Forderung nach einem Referendum werden schließlich auch unberechtigte Zweifel an der Art und Weise des Zustandekommens der Europäischen Verfassung selbst erweckt. Um es ganz klar zu sagen: Noch nie im bisherigen Verlauf der europäischen Integration hat es ein Reformprojekt gegeben, dass mit derart großer Offenheit, mit einer derart großen Beteiligung der Zivilgesellschaft, mit einer derart starken parlamentarischen Beteiligung zustande gekommen ist.

Allein durch den unmittelbaren Anteil den die nationalen Parlamente, das Europäische Parlament, gesellschaftliche Gruppierungen, Verbände, NGOs, Parteien etc. am Entstehungsprozess der Europäischen Verfassung hatten, ist eine breite demokratische und gesellschaftliche Legitimationsbasis vorhanden. Diese Europäische Verfassung braucht kein Referendum, um sich zusätzlich zu legitimieren! Was wird brauchen ist eine intensivere, objektivere und realistische Debatte über die europäische Politik insgesamt. Sie muss fester Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses werden und darf sich nicht auf singuläre Ereignisse beschränken.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Angelica Schwall-Düren
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