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Eingegangen am 28. April 2004 • Ausgegeben am 18. Mai 2004
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16. Wahlperiode                                                            Drucksache 16/2190

HESSISCHER LANDTAG                                         28. 04. 2004

Antwort
der Landesregierung

auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer, Rudolph, Schaub, Waschke (SPD) und Fraktion betreffend Kommunalleasinggeschäfte

Drucksache 16/327

Vorbemerkung der Fragesteller:

Aufgrund der stark angespannten Finanzsituation der Kommunen glauben immer mehr Landkreise, Städte und Gemeinden, im Wege von Leasinggeschäften die kommunalen Haushalte aufbessern zu können.

Jüngste Beispiele in Hessen sind unter anderem der Kreis Waldeck-Frankenberg, der sich durch die Einbringung kreiseigencr Liegenschaften in ein Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuer-Spar-Modell zusätzliche Einnahmen verspricht, und die Stadt Frankfurt am Main, die ihre desolate Finanzsituation dadurch aufzubessern sucht, dass sie ihre kompletten U-Bahn-Anlagen im Rahmen eines Cross-Border-Leasing-Geschäfts an einen amerikanischen Investor verpachten will. Bekanntermaßen bringen solche Leasingmodelle nicht nur Vorteile für die jeweiligen Kommunen, sondern können auch zu erheblichen Verlusten und Belastungen der Bürgerinnen und Bürger führen. So hat z.B. der Main-Taunus-Kreis für sein Kreishaus aufgrund eines Leasinggeschäfts inzwischen ein Vielfaches von dem für die Nutzung des Gebäudes zahlen müssen, was er an Kosten gehabt hätte, wenn die Immobilie von Anfang an Eigentum des Kreises gewesen wäre. Und auch die Stadt Frankfurt am Main wird trotz fehlender Haushaltsmittel voraussichtlich ca. 70 Mio. Euro für das Jahr 2006 zusätzlich einplanen müssen, um das 1994 über das Technische Rathaus abgeschlossene Leasinggeschäft abzuwickeln.
 

Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantwortet der Minister des Innern und für Sport im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und dem Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung die Große Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Frage 1. Wie oft wurden durch die Kommunalaufsichtsbehörden in der Zeit seit 1999 Leasinggeschäfte hessischer Kommunen genehmigt?

Seit 1999 sind 12 Leasinggeschäfte hessischer Kommunen genehmigt worden.

a) Um welche Form des Leasings handelte es sich dabei jeweils?

Genehmigt wurden:
7 herkömmliche Leasingverträge,
4 Sale-and-lease-back-Geschäfte,
l Erbschaftsteuermodell.

b) Welche Kommunen haben jeweils eine solche Genehmigung beantragt?

Antragsteller waren die Landkreise Kassel, Offenbach, Rheingau-Taunus, Vogelsberg und Waldeck-Frankenberg sowie die Städte Butzbach, Frankfurt am Main, Hanau, Lollar, Wiesbaden und Witzenhausen.

c) Was war in den jeweiligen Kommunen Gegenstand des Leasinggeschäfts?

Gegenstand des Leasinggeschäftes waren:

Landkreis Kassel: Sanierung, Modernisierung und Erweiterung der Gebäude der Landkreis Verwaltung,

Landkreis Offenbach: Mietvertrag mit Kaufoption für neues Kreishaus, Rheingau-Taunus-Kreis: Neubau und Sanierung an Schulen (2 Maßnahmen),

Vogelsbergkreis: Um- und Erweiterungsbau berufliche Schule in Aisfeld,

Landkreis Waldeck- Barwertmodell bei Einbringung von 20 kreiseige-Frankenberg: nen Liegenschaften,

Stadt Butzbach: Mietvertrag mit anschließendem Kauf eines umgebauten Verwaltungsgebäudes,

Stadt Frankfurt am Main: Mietkauf des Bildungszentrums Ostend in Frankfurt,

Stadt Hanau: Mietvertrag mit anschließendem Kauf für neues Schulzentrum,

Stadt Lollar: Sanierung der Heizungsanlage des Rat- und Bürgerhauses,

Stadt Wiesbaden: Umbau und Unterhaltung Thermalbad, Stadt Witzenhausen: Errichtung Fun-Arena.

d) In welchem Umfang lagen der Kommunalaufsicht jeweils die dem Leasinggeschäft zugrunde liegenden Verträge vollständig zur Prüfung vor?

Die dem Leasinggeschäft zugrunde liegenden Verträge wurden der Aufsichtsbehörde vorgelegt.

Frage 2. Wie oft wurde von den Kommunalaufsichtsbehörden in der Zeit seit 1999 die Genehmigung zum Abschluss eines Leasinggeschäfts verweigert?

Es wurde eine beantragte Genehmigung verweigert.

a) Um welche Form des Leasings handelte es sich hierbei?

Herkömmliches Leasing.

b) Welche Kommunen betraf dies jeweils?

Rheingau-Taunus-Kreis.

c) Was war in diesen Fällen jeweils Gegenstand des Leasinggeschäfts?

Mietvertrag mit Kaufoption für eine neu zu errichtende Schulsporthalle.

d) In welchem Umfang lagen der Kommunalaufsicht jeweils die dem Leasinggeschäft zugrunde liegenden Verträge vollständig zur Prüfung vor?

Die Verträge lagen vollständig zur Prüfung vor.

e) Aus welchen Gründen wurde die Genehmigung zum Abschluss eines Leasinggeschäfts in den jeweiligen Fällen verweigert?

Der Meinungsaustausch zwischen Landkreis und Regierungspräsidium im Zuge des Antragsprüfungsverfahrens führte zu dem Ergebnis, dass eine Kommunalkreditfinanzierung vorgezogen wurde.

Frage 3. Welche konkreten Kriterien müssen nach Auffassung der Landesregierung erfüllt sein, damit ein genehmigungspflichtiges Leasinggeschäft von der Kommunalaufsicht genehmigt werden kann?
a) Wenn es sich dabei um Cross-Border-Leasing handelt?
b) Wenn es sich dabei um Sale-and-lease-back-Geschäfte mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer handelt?
c) Wenn es sich dabei um sonstige handelt?

Frage 4. Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang bedarf es nach Auffassung der Landesregierung jeweils bei der Durchführung der in Frage 3 genannten Leasinggeschäfte einer Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde? (Darstellung bitte nach den einzelnen Modellvarianten.)

Zu Fragen 3 und 4:

Leasingfinanzierungen sind Rechtsgeschäfte, die wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommen und der Finanzierung von Investitionsvorhaben der Kommune dienen. Sie bedürfen im Einzelfall als kreditähnliche Geschäfte der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§ 103 Abs. 7 HGO). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die übernommenen Zahlungsverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune im Einklang stehen. Dabei gelten die gleichen Kriterien wie bei einer Finanzierung durch Kredite (§ 103 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGO).

Zu Fragen 3 a und 4:

Nach der bisher üblichen Grundstruktur der Cross-Border-Leasing-Geschäfte bleibt die Kommune Eigentümerin ihrer Anlage. Sie verpachtet diese an einen amerikanischen Investor, meist auf 99 Jahre, verbunden mit einer Beendigungsoption meist nach 20 bis 30 Jahren. Der amerikanische Investor unterverpachtet die Anlage an die Kommune zurück. Der Investor zahlt die gesamte abgezinste Pachtsumme bei Vertragsbeginn an eine vertraglich bestimmte "Depotbank" als Erfüllungsgehilfen der Kommune. Diese hält den Teil der eingezahlten Summe zurück, der nach bankwirtschaftlichen Berechnungen und Garantien über die gesamte Vertragslaufzeit für die laufenden Unterpachtzahlungen der Kommune und eine eventuelle Ausgleichszahlung bei Ausübung der Beendigungsoption benötigt wird. Diese Summe wird von der Depotbank in mündelsicheren Rentenpapieren verzinslich angelegt und entsprechend den für die gesamte Vertragslaufzeit festgelegten Unterpachtzahlungen abgeschmolzen.

Nominelle Inhaberin der Rentenpapiere ist die Kommune. Sie hat jedoch keine wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit, da der Verwendungszweck vertraglich festgelegt ist. Die Kommune verpfändet die ihr nominell zustehenden Rentenpapiere an die Depotbank als Sicherung für deren Erfüllungsgehilfenpflichten. Bei formaler Betrachtung handelt es sich hierbei um ein Rechtsgeschäft, das nach § 103 Abs. 8 HGO einer aufsichtsbehördlichen Ausnahmegenehmigung bedarf. Auf die Haushaltswirtschaft der Kommune hat dieser Vorgang jedoch keinerlei Auswirkungen.

Im Einzelfall kann auch die Eintragung einer Grunddienstbarkeit bei leitungsgebundenen Anlagen in Betracht kommen, die jedoch nur die ohnehin vertraglich übernommenen Pflichten absichert.

Auch hierfür wäre nach § 104 Abs. l HGO eine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Eine Auswirkung auf die kommunale Haushaltswirtschaft ergibt sich auch aus diesem Sicherungsgeschäft nicht.

Auch hinsichtlich der laufenden Unterpachtzahlungen, die die Depotbank aus den von der Kommune verpfändeten Rentenpapieren selbstständig erbringt, bestehen keinerlei Querverbindungen zum Gemeindehaushalt. Aus diesem Grund handelt es sich beim Cross-Border-Leasing, unabhängig von der Bezeichnung, um kein kreditähnliches Geschäft nach § 103 Abs. 7 HGO. Für solche Geschäfte ist nämlich wesentlich, dass laufende, mit einem Schuldendienst vergleichbare Zahlungen aus dem Gemeindehaushalt erbracht werden müssen.

Soweit die zu Vertragsbeginn vom Investor an die Depotbank gezahlte Gesamtpachtsumme nach den Vorausberechnungen der Depotbank für die künftigen Unterpachtzahlungen nicht benötigt wird, wird der verbleibende Betrag bei Vertragsbeginn als "Barwertvorteil" an die Kommune ausgezahlt. Weitere die kommunale Haushaltswirtschaft berührende Vorgänge ergeben sich bis zum Vertragsende nicht mehr, wenn keine Vertragsstörungen eintreten. Insbesondere ist eine Nachschusspflicht der Kommune bei vertragsgemäßem Ablauf des Geschäfts ausgeschlossen.

Da das Cross-Border-Leasing somit kein kreditähnliches Geschäfts darstellt, ist es auch nicht als solches genehmigungspflichtig.
Es handelt sich allerdings um ein Geschäft, das durchaus mit beachtlichen Risiken verbunden ist. Diese Risiken liegen in der langen Nutzungsfestlegung sowie im Bereich von Schadenersatz- und Einstandspflichten, die sich aus Vertragsstörungen ergeben können. Der Schutz vor solchen Risiken obliegt jedoch im Grundsatz nicht der Rechtsaufsichtsbehörde. Vielmehr hat sich die Kommune im Rahmen der verfassungsrechtlich vorgegebenen Selbstverwaltung und Eigenverantwortung selbst vor Vertragsrisiken zu schützen. Das ist bei strikter Beachtung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen auch möglich. Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Maßnahmen:

- Ausschluss der Übernahme von Transaktionskosten, wenn es nicht zum Vertragsabschluss kommt,

- Beiziehung qualifizierter Rechtsberatung, die für die Beratung haftet und dafür auch Sicherheit bietet,

- Auswahl von Depotbanken mit erstklassiger Bonität und Beobachtung ihrer Ratingergebnisse; Wechsel der Depotbanken bei einer Verschlechterung des Ratings,

- vertraglicher Ausschluss der Haftung bei Entwicklungen und Vertragsstörungen, die von der Kommune nicht beeinflusst werden können (z.B. Steuerrechtsänderungen),

- Aufbau eines effektiven Vertragsmanagements, damit von der Kommune keine Vertragsstörungen verursacht werden.

Die Aufsichtsbehörden werden, falls Cross-Border-Leasing-Verträge mit dem Antrag auf Genehmigung bestimmter Einzelkomponenten (Verpfändung der hinterlegten Rentenpapiere, Bewilligung von Grunddienstbarkeiten) an sie herangetragen werden, darauf drängen, dass die dargestellten Vorsichtsmaßregeln lückenlos eingehalten werden. Hierbei muss es jedoch sein Bewenden haben, um nicht gegenüber der Kommune oder gegenüber Dritten einen möglicherweise haftungsbegründenden Vertrauenstatbestand zu schaffen. Die Aufsichtsbehörden sind darüber hinaus gut beraten, ihre Genehmigung ausdrücklich auf eventuell genehmigungspflichtige Komponenten des Vertragswerks zu beschränken und im Übrigen auf die Eigenverantwortung der Kommune hinzuweisen.

Zu Fragen 3 b und 4:

Bei den Sale-and-lease-back-Geschäften mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer handelt es sich ebenfalls nicht um kreditähnliche Geschäfte. Sie sind dem Cross-Border-Leasing nachgebildet. Die Unterschiede sind durch die maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften vorgegeben, die genutzt werden. Die in Frage 3 b genannten Geschäfte beurteilen sich nach deutschem Steuerrecht. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass die Kommune das Eigentum - zumindest teilweise durch Einräumung von Erbbaurechten - überträgt. Das kann jedoch zugunsten einer Gesellschaft geschehen, an der die privaten Investoren zwar beteiligt sind, in der die Kommune durch entsprechende Vertragsgestaltungen aber faktisch die alleinigen Entscheidungsbefugnisse behält. Hierauf haben die Aufsichtsbehörden zu achten.

Im Übrigen sind die Kriterien und Anforderungen der Aufsichtsbehörden denen bei Cross-Border-Leasing vergleichbar. Insbesondere gilt auch hier die Regel, Genehmigungen strikt auf tatsächlich genehmigungspflichtige Komponenten des Geschäfts zu beschränken.

Zu Frage 3 c und 4:

Leasinggeschäfte, die der Finanzierung von Investitionsvorhaben der Kommune dienen - einfaches Leasing oder Sale-and-lease-back -, bedürfen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung, weil sie kreditähnliche Rechtsgeschäfte sind.
Lediglich wenn ein Leasinggeschäft im Rahmen der laufenden Verwaltung abgeschlossen wird, ist eine Genehmigung nicht erforderlich (§ 103 Abs. 7 Satz 3 HGO). Die Aufsichtsbehörden sehen als Geschäfte der laufenden Verwaltung grundsätzlich alle Mobilienleasinggeschäfte an, deren vereinbarte Gesamtlaufzeit innerhalb von fünf Jahren endet oder die aus anderen Gründen wirtschaftlich einem Mietvertrag vergleichbar sind.

Im Übrigen gelten bei der Entscheidung über die Genehmigung im Einzelfall dieselben Kriterien wie bei einer Finanzierung durch Kredite. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die von der Kommune übernommenen Zahlungsverpflichtungen mit ihrer dauernden Leistungsfähigkeit im Einklang stehen (§ 103 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGO). Wird der Kommune die Möglichkeit eingeräumt, das Leasingobjekt nach Ablauf der Vertragsdauer zu kaufen, ist ein konkreter Übernahmepreis vertraglich zu vereinbaren. Die Aufsichtsbehörden prüfen im Einzelfall, ob die Genehmigung mit der Auflage zu verbinden ist, für die Finanzierung des Übernahmepreises eine Rücklage anzusammeln.

Die Kommune hat bei Leasingfinanzierungen einen Vergleich zur herkömmlichen Kreditfinanzierung aufzustellen. Dabei darf sich die Leasingfinanzierung wirtschaftlich nicht ungünstiger darstellen. Die Kommune hat diese Vergleichsrechnung eigenverantwortlich vorzunehmen und der Aufsichtsbehörde vorzulegen. Die Einzelheiten wurden mit Erlass vom 7. Juli 1997 (StAnz. S. 2174) geregelt.

Sale-and-lease-back-Geschäfte, bei denen Vermögensgegenstände der Kommunen an den Leasinggeber verkauft und von der Kommune wieder angemietet werden, sind grundsätzlich nicht genehmigungsfähig, wenn sie ausschließlich oder überwiegend der Geldbeschaffung dienen. In diesem Fall stellen sie einen Verstoß gegen § 109 Abs. l Satz l HGO dar, wonach Vermögensgegenstände nur veräußert werden dürfen, wenn sie in absehbarer Zeit nicht benötigt werden. Wenn das Sale-and-lease-back-Geschäft jedoch in erheblichem Umfang Investitionen des Leasinggebers in das Leasingobjekt zum Ziel hat, ist es grundsätzlich genehmigungsfällig. In diesem Fall stellt das Sale-and-lease-back-Geschäft nur eine andere Form der Kreditfinanzierung von Investitionen dar.

Frage 5. In welchem Umfang ist vor Abschluss eines Lcasinggeschät'ts eine Ausschreibung hinsichtlich des so genannten Arrangeurmandats und in Bezug auf den Leasingvertragspanner erforderlich?

Beim allgemeinen Leasing handelt es sich um typische Beschaffungsgeschäfte. Sie sind somit nach den deutschen und europäischen Vergabevorschriften grundsätzlich ausschreibungspflichtig.

Sale-and-lease-back-Geschäfte, die nach Auffassung der Landesregierung nur im Zusammenhang mit Investitionen Dritter zulässig sind, sind ebenfalls ausschreibungsp flichtig. Üblicherweise sind mit Sale-and-lease-back-Geschäften Bauinvestitionen verbunden. Daher besteht regelmäßig eine Ausschreibungspflicht.

Ob auch beim Cross-Border-Leasing und beim Erbschaftsteuermodell eine Ausschreibungspflicht besteht, wurde in der Rechtsprechung bis jetzt noch nicht entschieden. Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass die Bestandteile solcher Projekte nicht ausgeschrieben werden müssen.

Die Leistungen des Arrangeurs bestehen aus Beratungs-, Vermittlungs- und Koordinierungsleistungen zur Vorbereitung des eigentlichen Cross-Border-Leasing-Geschäfts. Die Vergabekammer Baden-Württemberg hat in einem Beschluss vom 30. November 2001 eine Ausschreibungspflicht für Arrangeurleistungen verneint. Sie vertritt den Standpunkt, der Arrangeurvertrag begründe ein besonderes kapitalmarktbezogenes Vertrauensverhältnis. Die vertragliche Verpflichtung des Arrangeurs bestehe darin, eine Empfehlung bezüglich eines US-Investors auszusprechen, auf dessen Qualität es für den Abschluss und die Durchführung der Cross-Border-Leasing-Transaktion entscheidend ankomme. Daher sei die Ausnahmevorschrift des § 100 Abs. 2 m Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) einschlägig.

In der Literatur wird jedoch auch die Auffassung vertreten, dass es sich um eine "so genannte nachrangige Dienstleistung" gemäß Kategorie 27 des Anhangs I B der VOL/A handele, woraus sich möglicherweise eine Ausschreibungspflicht ergeben würde.

Auch wenn nach Auffassung der Landesregierung überzeugende Argumente für die Richtigkeit der von der Vergabekammer Baden-Württemberg vertretenen Meinung sprechen, dass eine Ausschreibungspflicht also nicht besteht, erscheint es ratsam, Arrangeurleistungen im Rahmen eines europaweiten Teilnahmewettbewerbs mit anschließendem Verhandlungsverfahren auszuschreiben. Nur so lässt sich eine in der Rechtsdiskussion im Hinblick auf § 13 Vergabeverordnung (VgV) für möglich gehaltene Nichtigkeit des Arrangeurvertrags ausschließen.

Auch bei dem Cross-Border-Leasing-Vertrag selbst handelt es sich nach Auffassung der Landesregierung nicht um ein ausschreibungspflichtiges Geschäft. Dieses Geschäft setzt sich im Wesentlichen aus einem Mietvertrag zusammen, bei dem die Kommune die Vermieterin ist, und aus einem Untermietvertrag, bei dem der Investor der Untervermieter ist. Beide Vertragsteile unterliegen als "Mietverhältnisse über Grundstücke und vorhandene Gebäude" aufgrund der Ausnahmeregelung in § 100 Abs. 2 h GWB nicht dem Vergaberecht. Im Übrigen spricht gegen eine Ausschreibungspflicht, dass die Kommunen beim Cross-Border-Leasing und beim Erbschaftsteuermodell nicht als "Nachfrager" einer Leistung, sondern als Anbieter auftreten, während das Vergaberecht auf die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen zugeschnitten ist.

Gleichwohl ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Frage der Ausschreibungspflicht höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, aus Sicherheitsgründen eine Ausschreibung wie bei der Arrangeurleistung zu empfehlen. Auch wenn das Restrisiko einer Nichtigkeit des Cross-Border-Leasing-Vertrags im Hinblick auf § 13 VgV wegen Verletzung einer letzten Endes doch bestehenden Ausschreibungspflicht sehr gering erscheint, wären die negativen Konsequenzen für die Kommune in diesem Fall möglicherweise sehr weitreichend. Im Allgemeinen hat die Kommune nämlich dem amerikanischen Vertragspartner gegenüber für die Einhaltung der deutschen Gesetze einzustehen. Würde sich die Nichtigkeit des Vertrages wegen Nichtbeachtung der deutschen Vergabevorschriften herausstellen, könnte die Kommune in erheblichem Umfang schadenersatzpflichtig werden.

a) In welchen Fällen in Hessen ist eine solche nationale oder internationale Ausschreibung erfolgt?

Die Geschäfte in Frankfurt am Main, Lollar, Wiesbaden und im Vogelsbergkreis wurden ausgeschrieben.
) In welchen Fällen in Hessen ist eine solche nationale oder internationale Ausschreibung nicht erfolgt?
Ein förmliches Ausschreibungsverfahren wurde in den übrigen Fällen nicht durchgeführt. In den meisten dieser Fälle wurden jedoch Vergleichsangebote eingeholt.

c) Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über eine Ausschreibung durch die Stadt Frankfurt am Main hinsichtlich ihres aktuellen Cross-Border-Leasing-Vorhabens?

Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse über eine Ausschreibung. Das Vorhaben wird mittlerweile nicht weiterverfolgt.

Frage 6. Nach welchen Kriterien sollte nach Auffassung der Landesregierung eine Auswahl der jeweiligen Vertragspartner erfolgen?

Die Eignung der Bieter wird nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit beurteilt. Die Kommune entscheidet als Auftraggeber in eigener Verantwortung, welche Nachweise für diese Beurteilung von den Bietern vorzulegen sind.
Die Aufsichtsbehörde überprüft nicht den Ablauf des Auswahlverfahrens, sowenig wie sie das bei der Verwendung genehmigter Kredite tut. Der Zuschlag im Auswahlverfahren ist kein genehmigungspflichtiger Tatbestand.

Frage 7. Welche Risiken bestehen nach Auffassung der Landesregierung für die Kommunen beim Abschluss von Leasinggeschäften? (Dargestellt bitte nach den unter Frage 3 aufgeführten Leasingvarianten.)

Die typischen Vertragsrisiken sind in der Antwort auf die Fragen 3 und 4 dargestellt. Das Risiko von Vertragsstörungen besteht wie bei jedem Vertrag während der gesamten Vertragslaufzeit. Vertragsstörungen können aufseilen der Vertragsparteien selbst, bei den beteiligten Banken oder durch tatsächliche oder rechtliche Änderungen in den Rahmenbedingungen der Transaktion entstehen.

Bei Cross-Border-Leasing-Geschäften mit amerikanischen Vertragspartnern ist eine abschließende Aufzählung der möglichen Risiken wegen der komplexen Vertragskonstruktion ohne Kenntnis des konkreten Falls nicht möglich. Es muss ausgeschlossen werden, dass die Kommune Risiken aus Vertragsstörungen übernimmt, die nicht von ihr verursacht werden und die sie nicht beeinflussen kann. Dazu gehören z.B. die Änderung des amerikanischen Steuerrechts, die Gewährleistung für Dritte, auch für die Bonität der Depotbank, die Gewährleistung für höhere Gewalt. Ein weiteres Risiko kann in der Verpflichtung bestehen, die Anlage auch dann im ursprünglichen Zustand zu erhalten, wenn sie z.B. wegen geringer Auslastung oder aufgrund neuerer technischer Standards nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann. Die Kommune sollte schon vor dem Beginn von konkreten Vertragsverhandlungen ausschließen, dass ihr "Transaktionskosten" auferlegt werden, wenn es nicht zum Abschluss der Verträge kommt. Ferner können für die Kommunen Risiken wegen der erheblichen Einschränkungen der eigenen Planungs- und Gestaltungsfreiheit während der regelmäßig langen Vertragsdauer entstehen.

Bei Sale-and-lease-back-Geschäften mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bestehen im Grundsatz ähnliche Risiken wie beim Cross-Border-Leasing. Sie sind jedoch leichter zu überschauen, da deutsches Recht anzuwenden ist. Auch hier besteht die Möglichkeit, dass die erwarteten Finanzierungsvorteile aufgrund von Entscheidungen des Finanzamts nicht eintreffen. Dieses Risiko muss vertraglich eindeutig dem an dem Steuervorteil interessierten Investor zugeordnet werden.

Beim einfachen Leasing sowie beim Sale-and-lease-back als Investitionsfinanzierung sind die Verträge inzwischen so stark standardisiert, dass es im Wesentlichen nur noch auf die erforderliche Sorgfalt bei der Vergleichsberechnung ankommt. Beim Sale-and-lease-back hat die Kommune zu berücksichtigen, dass ihre Planungs- und Verfügungsmöglichkeiten über das Objekt für einen längeren Zeitraum eingeschränkt sind.

Frage 8. In welchem Umfang findet die Beurteilung der bestehenden Risiken Eingang in die Entscheidung der Kommunalaufsicht, ob ein Leasinggeschäft genehmigt wird oder nicht?

Leasinggeschäfte sind wegen ihrer Eigenschaft als kreditähnliche Geschäfte und nur unter diesem Gesichtspunkt genehmigungspflichtig. Die einschlägige Vorschrift des § 103 Abs. 7 HGO verweist uneingeschränkt auf die Vorschrift des § 103 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGO, die die Kriterien für die Genehmigungen von Krediten regelt. Entscheidend ist demnach wie bei Krediten, ob die von der Kommune übernommenen laufenden Zahlungsverpflichtungen mit ihrer haushaltswirtschaftlichen Situation in Einklang stehen, also ob die Kommune sich das beabsichtigte Projekt leisten kann.

Soweit ein Leasinggeschäft genehmigungspflichtig ist, haben die Kommu-nalaufsichtsbehörden eine Bewertung der im konkreten Fall bestehenden Risiken bei der Entscheidung über die Genehmigung vorzunehmen. Nähere Hinweise an die
Aufsichtsbehörden ergeben sich aus dem bereits erwähnten Erlass vom 7. Juli 1997.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 3 und 4 verwiesen.

Frage 9. Auf welche Weise überprüft die Kommunalaufsicht die Risiken, die sich durch die Anwendung ausländischen Rechts auf das zu genehmigende Rechtsgeschäft - z.B. beim Cross-Border-Leasing mit US-Investoren - ergeben?

Eine Risikobeurteilung, die sich auf die gesamte Transaktion bezieht, ist Aufgabe der Kommune im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Die Aufsichtsbehörde lässt sich im Rahmen der Entscheidung über genehmigungspflichtige Teile des Vertragswerks jedoch darlegen, dass die in der Antwort zu den Fragen 3 a und 3 b genannten Vorsichtsmaßnahmen beachtet wurden.

Frage 10. Wie beurteilt die Landesregierung den Kenntnisstand und den Bcratungsaufwand derjenigen Kommunen, die mit US-Investoren Cross-Border-Leasing-Verträge abgeschlossen haben oder abschließen wollen, bezüglich der Anwendbarkeit des US-amerikanischen Rechts sowie der sich hieraus ergebenden Folgen?

Nach Auffassung der Landesregierung sind das US-amerikanische Recht und die Besonderheiten der US-amerikanischen Gerichtsbarkeit für deutsche Kommunen und die Aufsichtsbehörden keine gewohnten Rahmenbedingungen. Deshalb verlangen die Aufsichtsbehörden, dass sich die Kommune vor Vertragsabschluss von qualifizierten Fachanwälten beraten lässt. In diese Beratung sind auch Fragen einzubeziehen, die sich im Zusammenhang mit der Anwendung ausländischen Rechts und der Zuständigkeit ausländischer Gerichte ergeben. Der Berater ist zu verpflichten, eine lückenlose, übersichtliche und allgemein verständliche Zusammenstellung und Bewertung der im konkreten Fall bestehenden Risiken vorzulegen. Er soll selbst nicht mit der Vertragsanbahnung befasst sein. Die beteiligten Rechtsberater sollen zur Übernahme der Haftung für die Richtigkeit der Beratung und zum Nachweis einer geeigneten Haftpflichtversicherung verpflichtet werden.

Frage 11. In welchem Umfang prüft die Kommunalaufsicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, ob einer Kommune durch Änderungen der Gesetzeslage im In- oder Ausland finanzielle Risiken entstehen?

Die Kommunalaufsicht ist zu einer solchen Bewertung im Einzelfall nicht in der Lage.
Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 9 und 10 verwiesen.

Frage 12. In welchem Umfang prüft die Kommunalaufsicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, ob einer Kommune durch veränderte Bedarfsentwicklungen oder andere die Verwendung des Leasinggegenstandes einschränkende Entwicklungen finanzielle Risiken entstehen?

Es ist nicht Aufgabe der Kommunalaufsichtsbehörde zu prüfen, ob durch künftige Veränderungen des Bedarfs oder durch andere künftige Entwicklungen, durch die eine Verwendungsmöglichkeit des Vertragsgegenstandes eingeschränkt werden könnte, der Kommune finanzielle Risiken entstehen. Das ist vielmehr Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung und unterliegt ihrer eigenen Verantwortung.

Frage 13. Wen trifft beim Abschluss

a) eines Cross-Border-Leasing-Geschüfts,

b) eines Sale-and-lease-back-Geschäfts mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer,

c) eines sonstigen Sale-and-lease-back-Geschäfts in aller Regel bezüglich des Leasinggeeenstandes die laufende Instandhaltungspflicht1?

Zu a:

Beim typischen Cross-Border-Leasing-Geschäft hat der Leasingnehmer die Instandhaltungspflicht.

Zu b:

Bei dem bisherigen einzigen Geschäft dieser Art in Hessen hat der Leasing-nehmer die Instandhaltungspflicht. Das entspricht dem Charakter des "Barwertgeschäfts".

Zu c:

Bei diesen Geschäften bestehen unterschiedliche Vertragsgestaltungen. Da Sale-and-lease-back-Geschäfte nur zulässig sind, wenn der Leasinggeber erhebliche eigene Investitionsleistungen erbringt, werden ihm häufig auch die Instandhaltungspflichten während der Leasinglaufzeit übertragen.

Frage 14. Kann davon ausgegangen werden, dass im Fall der Genehmigung eines Leasinggeschäfts durch die Kommunalaufsicht in Hessen die vertraglichen Risiken für die jeweilige Kommune - und damit für die Bürgerinnen und Bürger - derart gering sind, dass die Kommune in ihren strukturellen Planungen nicht eingeschränkt ist und ihr aus dem Rechtsgeschäft keine finanziellen Nachteile erwachsen können? Wenn nein, warum nicht?

Die Genehmigungen im Zusammenhang mit derartigen Geschäften schließen Risiken für die Kommune hinsichtlich ihrer strukturellen Planungen oder hinsichtlich möglicher finanzieller Nachteile nicht aus. Das Innenministerium hat mit Erlass vom 19. Februar 2004 die Aufsichtsbehörden aufgefordert, diesen Eindruck zu vermeiden, indem die Genehmigung ausdrücklich auf die Frage begrenzt wird, inwieweit bei störungsfreiem Vertragsverlauf künftige Zahlungsverpflichtungen der Kommune mit ihrer Finanzkraft zu vereinbaren sind. Außerdem soll auf die weitgehende Eigenverantwortung der Kommune hingewiesen werden. Darüber hinaus wird nur geprüft, ob die Kommune bestimmte unverzichtbare Verfahrensregeln zur Risikominimie-rung beachtet hat (vgl. Antwort zu Fragen 3 a und 4).

Frage 15. a) In welchem Umfang hält die Landesregierung die Grundsätze des Urteils des OLG Dresden vom 11. Juli 2001 (Az.: 6 U 254/01), das einer sächsischen Gemeinde gegenüber der Kommunalaufsicht einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer rechtswidrigen Genehmigungsertcilung zubilligte, auf die hier in Rede stehenden Leasinggeschäfte und die Genehmigungspraxis der hessischen kommunalen Aufsichtsbehörden für übertragbar?

Die Grundsätze des Urteils des OLG Dresden vom 11. Juli 2001, die vom Bundesgerichtshof inzwischen bestätigt wurden, sind generell für alle Aufsichtsbehörden in den Bundesländern zu beachten.

Um Schadenersatzfälle zu vermeiden, ist es erforderlich, Genehmigungen strikt auf die genehmigungspflichtigen Tatbestände und Vertragskomponenten zu beschränken und hinsichtlich der weiterreichenden Sachverhalte die Verantwortung unmissverständlich der Kommune zuzuweisen. Auf diese Weise werden Vertrauenstatbestände vermieden, die in den beiden eingangs erwähnten Urteilen eine besondere Rolle gespielt haben. Auch in diesen Urteilen wird die Möglichkeit eines Haftungsausschlusses zugunsten der Aufsichtsbehörde durch mitwirkendes Verschulden der Kommune ausdrücklich eingeräumt. Dieser Gesichtspunkt kam in einem anderen Schadenersatz-prozess, in dem das OLG Naumburg einen Amtshaftungsanspruch gegen die Aufsichtsbehörde wegen einer fehlerhaften Genehmigung verneint hat, voll zum Tragen (Az. 9 U 131/02). In dem vom OLG Dresden entschiedenen Fall hatte die Aufsichtsbehörde jedoch alles unterlassen, um eine Eigenverantwortung der Kommune herzustellen, sodass ein Haftungsausschluss verneint wurde. Auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls lassen erkennen, dass es sich um einen besonders gelagerten, nicht ohne weiteres zu verallgemeinernden Sachverhalt handelte.

b) Welche Maßnahmen wurden von der Landesregierung seit Juli 2001 unternommen, um die kommunalen Aufsichtsbehörden vor einer vergleichbaren Schadensersatzpflicht zu bewahren?

Am 18. Dezember 2002 wurden im Rahmen einer Dienstbesprechung mit Vertretern der Regierungspräsidien im Innenministerium die neuen Entwicklungen im Bereich der alternativen Finanzierungsmodelle eingehend erörtert und eine einheitliche Vorgehensweise wurde abgestimmt. Um Missverständnissen zu begegnen, wurde außerdem mit Datum vom 19. Februar 2004 ein Erlass an die Regierungspräsidien gegeben, in dem nochmals ausdrücklich hervorgehoben wurde, Genehmigungen auf die tatsächlich genehmigungspflichtigen Komponenten des Vertragswerkes zu beschränken und in der Genehmigung ausdrücklich darauf hinzuweisen, welche Risiken nicht Gegenstand der aufsichtsbehördlichen Genehmigung und daher von der Kommune im Rahmen ihrer Selbstverwaltung allein zu verantworten sind.

Abschließend sei erwähnt, dass der in der Frage 15 a angesprochene Haftungsfall sich ausgerechnet in einem Bundesland ereignet hat, das bereits zum Zeitpunkt des Geschehens besonders differenzierte "Verwaltungsvorschriften zu Investorenvorhaben im kommunalen Bereich" erlassen hatte.

Frage 16. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über Abschlüsse und Abwicklungen von

a) Cross-Border-Leasing-Geschäften,

b) Sale-and-lease-back-Geschäften mit einem Finanzicrungsvorteil bei der Erb-schafts- und Schenkungssteuer.

c) sonstigen Sale-and-lease-back-Geschäften

aus anderen Bundesländern vor und wenn ja, welche sind dies?

Soweit aus anderen Bundesländern Informationen vorliegen, ergibt sich folgendes Bild:

Baden-Württemberg

a): Es sind 13 Cross-Border-Eeasing-Geschäfte bekannt. Gegenstand der Transaktionen waren Müllverbrennungsanlagen, Anlagen der Abwasserentsorgung und der Wasserversorgung,

b) und c): nicht bekannt.

Bayern

a): Es sind 9 Cross-Border-Eeasing-Geschäfte,

b) und c): 16 Sale-and-lease-back-Geschäfte bekannt, ohne nähere Kenntnisse im Einzelnen.

Brandenburg
a) bis c): Nicht bekannt.

Mecklenburg-Vorpommern

a) bis c): Keine Leasinggeschäfte abgeschlossen.

Niedersachsen

a) bis c): Nicht bekannt.

Nordrhein-Westfalen

a): Es wurden 19 Cross-Border-Eeasing-Geschäfte abgeschlossen, teilweise von rechtlich selbstständigen Eigengesellschaften, z.B. öffentlichen Verkehrsunternehmen, die nicht der Kommunalaufsicht unterliegen,

b): nicht bekannt.

Rheinland-Pfalz

a): Es ist ein Cross-Border-Leasing-Geschäft abgeschlossen worden. Gegenstand der Transaktion waren die Kläranlage und das Kanalnetz einer Stadt,

b)und c): nicht bekannt.

Saarland

a): Keine Leasinggeschäfte abgeschlossen.

Sachsen

a): Es sind 14 Cross-Border-Leasing-Geschäfte bekannt. Gegenstand der Transaktionen waren Straßenbahnfuhrparke (5), Straßenbahn-Schienennetz und Oberleitung, Krankenhäuser (2), Kläranlagen (2), ein Heizkraftwerk und eine Trinkwasserversorgungsanlage sowie 2 sonstige Immobilien,

b) und c): nicht bekannt.

Sachsen-Anhalt

a) bis c): Nicht bekannt.

Schleswig-Holstein

a) bis c): Nicht bekannt.

Thüringen

a) bis c): Es sind 14 genehmigte Leasinggeschäfte bekannt ohne nähere Kenntnis im Einzelnen.

Frage 17. Wie beurteilt die Landesregierung den Umstand, dass die bayerische Landesregierung noch zu Beginn dieses Jahres einen Gesetzentwurf gefertigt hatte, der zum Ziel hatte, die notwendige kommunalaufsichtliche Genehmigung für Rechtsgeschäfte, die nicht nur eine Investition zum Gegenstand haben, sondern Dritten einen steuerlichen Vorteil verschaffen, an dem die Kommune partizipiert, zu versagen?

Die bayerische Landesregierung hat den Gesetzentwurf bisher nicht in den Landtag eingebracht.
Der hessische Finanzminister hat zusammen mit den Finan/ministern der anderen Länder die Bundesregierung aufgefordert, die Steuerschlupflöcher bei diesen Rechtsgeschäften zu schließen, soweit sie sich aus deutschem Recht ergeben. Darüber hinaus beabsichtigt die Landesregierung derzeit keine Gesetzesinitiativen zu dieser Thematik.

Frage 18. Teilt die Landesregierung die Auffassung der bayerischen Landesregierung, dass die Kommunen vor besonderen Risiken im Zusammenhang mit Leasingmodellen, deren Grundlage insbesondere steuerrechtliche Rechtsvorschriften aus dem Bereich außerhalb der Vertragsstaaten der EU sind, bewahrt werden müssten und daher es zu deren Schutz notwendig sei, dass der Abschluss solcher besonders risikoreicher Rechtsgeschäfte - wie des Cross-Border-Leasings - verhindert werde?

a) Wenn ja, auf welche Weise gedenkt die Landesregierung solche risikoreichen Rechtsgeschäfte künftig zu verhindern?

b) Wenn nein, wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

Die Landesregierung ist nicht der Auffassung, dass den Kommunen der Abschluss bestimmter Rechtsgeschäfte wegen möglicher Risiken gesetzlich oder aufsichtsbehördlich generell untersagt werden sollte. Die Risiken werden bei entsprechend qualifizierter Beratung von der Mehrheit der mit der Materie befassten Fachleute für beherrschbar gehalten. Deshalb hat die Landesregierung mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung grundsätzlich nicht das Recht, den Kommunen eine legale Möglichkeit der Geldbeschaffung zu verbieten, die den kommunalen Haushalt bei vertragsgemäßem Ablauf des Geschäfts nicht belastet. Das bedeutet keineswegs, dass die Landesregierung solche Geschäfte für wünschenswert hält.

Frage 19. Teilt die Landesregierung die Auffassung der bayerischen Landesregierung, dass Leasingmodelle, die darauf abzielen, Dritten inländische Steuervorteile (z.B. Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer), an denen die Kommune partizipiert, zulasten des Staates zu verschaffen, mit der Stellung der Kommunen im Verband des Gesamtstaates nicht vereinbar seien und im gesamtstaatlichen Interesse nicht gebilligt werden könnten?

a) Wenn ja, auf welche Weise gedenkt die Landesregierung solche Rechtsgeschäfte zulasten der Allgemeinheit künftig zu verhindern?

b) Wenn nein, wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?

Das angestrebte steuerliche Ergebnis des Leasingmodells ist, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Leasinggegenständen der Leasing-KG (Leasinggeber) zuzurechnen ist. Die Anteilseigner der KG sollen als atypisch stille Gesellschafter ertragsteuerlich als Mitunternehmer im Sinne von § 15 Abs. l Nr. 2 Einkommensteuergesetz anzusehen sein. Dies hat zur Folge, dass im Fall einer Erbschaft oder Schenkung bzw. im Fall der Erbersatzsteuer bei Familienstiftungen statt Kapitalvermögen ein Mitunternehmeranteil übertragen wird. Damifkann die steuerliche Vergünstigung mit § 13a Erbschaftsteuergesetz in Anspruch genommen werden. Das heißt, es ist ein Freibetrag von 256.000 € zu gewähren und der darüber hinausgehende Betrag ist nur zu 60 v.H. zu versteuern. Darüber hinaus besteht das Betriebsvermögen der KG (fast ausschließlich) in Immobilien, sodass statt des nominalen Wertes der niedrigere Bedarfswert der Betriebsgrundstücke in die Berechnung der Erbschaft-, Schenkung- bzw. Erbersatzsteuer einfließt.

Die hessische Finanzverwaltung hat auf diese, auf einen Steuervorteil gerichteten Leasingmodelle bereits reagiert. Die hessischen Finanzämter sind durch die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main angewiesen, in diesen Fällen den Beteiligten im Vorhinein keine Rechtssicherheit zu geben und Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft über die künftige steuerliche Behandlung abzulehnen. Darüber hinaus haben die Finanzämter derartige Fallgestaltungen - sollten sie denn auch ohne verbindliche Auskunft verwirklicht werden - sehr kritisch zu prüfen und vor einer Entscheidung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vorzulegen. Schließlich ist bereits veranlasst, dass die Angelegenheit auf Bund-Länder-Ebene erörtert wird, um möglichst eine bundeseinheitliche steuerliche Beurteilung herbeizuführen.

Frage 20. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung hinsichtlich der in Frage 3 aufgeführten Leasingmodelle und der damit für die Kommunen verbundenen Risiken und welche Maßnahmen wird sie ergreifen, um die hessischen Kommunen vor den Risiken, die mit solchen Rechtsgeschäften verbunden sind, zu schützen?

Die Auffassung der Landesregierung zu den in Frage 3 aufgeführten Geschäften ergibt sich aus der Antwort zu den Fragen 3, 4 und 18.

Die Genehmigungsvorbehalte in der HGO sind zahlenmäßig und inhaltlich begrenzt. Der allgemeine Schutz vor Risiken oder unwirtschaftlichem Handeln gehört nicht hierzu. Die Aufsichtsbehörden achten darauf, dass die Kommunen ein Verfahren sicherstellen, bei dem die anerkannten Vorsichtsund Wirtschaftlichkeitsregeln beachtet werden.

Im Übrigen sind die Kommunen im Rahmen der durch Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz und Art. 137 Abs. l Hessische Verfassung vorgegebenen kommunalen Selbstverwaltung aufgefordert, sich bei ihren eigenen Entscheidungen selbst zu schützen.

Frage 2l. Ist die Landesregierung der Auffassung, das die Mitglieder der kommunalen Vertretungskörperschaften in den Fällen, in denen eine Kommune ein Leasingge-schä'ft abschließen will, stets ausreichend informiert werden, um die Tragweite und Folgen eines solchen Rechtsgeschäfts beurteilen und dem Vcrtragsabschluss zustimmen zu können?

Der Landesregierung ist bisher kein Fall bekannt geworden, in dem die kommunale Vertretungskörperschaft im Zusammenhang mit einem Leasinggeschäft nicht in einem ausreichenden Umfang über die Sachverhalte informiert worden ist.

Frage 22. Sind der Landesregierung in Hessen Fälle bekannt, in denen aus Gebühren finanzierte Anlagen im Rahmen eines Leasinggeschäfts an private Dritte übertragen worden sind?
a) Wenn ja, um welche Kommunen und welche Anlagen handelt es sich hierbei?
b) Wenn ja, um welche Form des Leasings und um welche Art der Überlassung an Dritte handelt es sich hierbei?

Der Landesregierung sind keine derartigen Fälle bekannt.

Frage 23. a) Auf welche Weise ist im Fall der Frage 22 sichergestellt, dass finanzielle Mittel, die aufgrund eines Leasinggcschäfts von einer Kommune eingenommen werden, in den Gebührenhaushalt zurückgeführt werden? h) Was bedeutet dies jeweils für die Höhe der von den Nutzern zu entrichtenden Gebühren und die ebenfalls nach Vertragsabschluss zu finanzierenden Instandhaltungskosten?

Aus dem gebührenrechtlichen Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Leistung und Gebühr ist abzuleiten, dass sachbedingte Erträge der Einrichtung bei der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen sind. Wesentlich ist daher die Frage, ob bei einem Cross-Border-Leasing der Barwertvorteil eine solche kausale Sachbezogenheit aufweist und somit dem Gebührenzahler zustehen könnte.

Mit dem bisher einzigen Urteil zur Frage der Gebührenerheblichkeit hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am 27. November 2003 in einem allerdings bisher nicht rechtskräftigen Urteil (Az.: 13 k 1626/03) entschieden, dass die Einnahmen aus Cross-Border-Leasing-Geschäften nicht gebührenmindernd eingesetzt werden müssen. In dem Fall ging es um ein städtisches Kanalnetz. Nach Ansicht des Gerichts erhielt die Stadt den Barwert nicht für die Abwasserbeseitigung, sondern dafür, dass sie dem US-amerikanischen Investor einen Steuervorteil verschafft habe. Die Gebührenpflichtigen zögen weder Vorteile noch Nachteile aus dem Cross-Border-Leasing-Geschäft.

Frage 24. Wie beurteilt die Landesregierung die Auffassung, dass bei Abschluss eines
a) Cross-Border-Leasing-Geschäfts,
b) Sale-and-lease-back-Geschäfts mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer,
c) sonstigen Sale-and-lease-back-Geschäfts
über einen Leasinggegenstand, der ursprünglich mit Zuschussmitteln des Landes und/oder des Bundes finanziert worden ist, auch das Land bzw. der Bund an der von der Kommune nach Vertragsabschluss eingenommenen Einmalzahlung zu beteiligen wäre?

Diese teilweise vertretene Auffassung ist bekannt, wird aber nicht geteilt.

Zu a:

Wurde der Leasinggegenstand ursprünglich mit Zuschussmitteln des Landes/des Bundes finanziert, ist das Land bzw. der Bund bei so genannten Cross-Border-Leasing-Geschäften der Kommunen regelmäßig nicht an den nach Vertragsabschluss mit einem US-Investor eingenommenen zusätzlichen Einnahmen (dem so genannten "Barwertvorteil") zu beteiligen. Zu einer nachträglichen Reduzierung der Zuschüsse führen nur solche Einnahmen, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Finanzierung des Projekts stehen, nicht hingegen Einnahmen aus sonstigen Transaktionen. Zu den Transaktionen ohne unmittelbaren Bezug zur Finanzierung gehören insbesondere künftige Verfügungen über den geförderten Gegenstand in Form von Miete oder Leasing.
Zuschüsse können in den genannten Konstellationen nur dann zurückgefordert werden, soweit dies im Bewilligungsbescheid explizit vorgesehen ist. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbietet es, über diese Fälle hinaus rückwirkend Zuwendungen zurückzufordern, wenn die zusätzlichen Einnahmen nicht von Anfang zur Deckung der Finanzierung bestimmt waren.

Zu b:

Hier gelten die Ausführungen zu a mit der Maßgabe, dass auch Verfügungen in Form von Veräußerungen ("Sales") in der Regel keinen unmittelbaren Bezug zur Finanzierung der Projekte haben. Auch hier ist eine Rückforderung deshalb nur dann zulässig, wenn dies im Zuwendungsbescheid ausdrücklich vorgesehen war.

Gesondert zu prüfen ist im Rahmen dieser Konstellationen die steuerrechtliche Zulässigkeit. Dies geschieht jedoch regelmäßig nicht durch den Zuwendungsgeber selbst, sondern durch die zuständigen Finanzbehörden.

Zu c:

Auch hier gelten die Ausführungen zu a mit der Maßgabe, dass Verfügungen in Form von Veräußerungen ("Sales") in der Regel keinen unmittelbaren Bezug zur Finanzierung der Projekte haben. Eine Rückforderung ist deshalb nur dann zulässig, wenn dies im Zuwendungsbescheid ausdrücklich vorgesehen war.

Frage 25. In wie vielen und welchen Fällen war nach Kenntnis der Landesregierung die Hessische Landesbank (Helaba) seit 1999 an der Vermittlung und Abwicklung von
a) Cross-Border-Leasing-Geschäften,
b) Sale-and-lease-back-Geschäften mit einem Finanzierungsvorteil bei der Erbsehafts- und Schenkungssteuer,
c) sonstigen Sale-and-lease-back-Geschäften
zwischen hessischen Kommunen und Investoren aus Hessen, aus anderen Bundesländern oder dem Ausland beteiligt?

Zu a:

Die Helaba war an zwei abgeschlossenen Cross-Border-Leasing-Transaktionen kommunalnaher hessischer Unternehmen in dem Zeitraum seit 1999 mit Bankdienstleistungen beteiligt.

Zu b:

Bei dem bisher einzigen Geschäft dieser Art eines hessischen Landkreises war die Helaba beteiligt und erbringt Dienstleistungen als Depotbank.

Zu c:

Zwar haben an Sale-and-lease-back-Geschäften interessierte hessische Landkreise sich an die Helaba gewandt, aber die Helaba hat seit 1999 keine sonstigen Sale-and-lease-back-Geschäfte mit hessischen Kommunen oder kommunalnahen Unternehmen abgeschlossen.
Keine Informationen liegen der Landesregierung über Geschäfte der autonomen Leasingunternehmen vor, die zwar mit der Helaba assoziiert sind, auf die die Helaba aber keinen beherrschenden Einfluss ausübt und die auch nicht in den Konzernabschluss der Helaba einbezogen sind.

Frage 26. Wie beurteilt die Landesregierung angesichts der aufgezeigten Risiken und Auswirkungen auf die Allgemeinheit das Engagement der Helaba in diesem Bereich?

Die Helaba stellt seit Jahren den Kommunen ihre Fach- und Beratungskompetenz in komplexen Finanzierungskonstruktionen zur Verfügung. Dies beruht auch auf der jahrzehntelangen engen Bindung zwischen der Helaba und den Kommunen. Solange diese Finanzierungsformen rechtlich nicht zu beanstanden sind, erwartet die Landesregierung nicht, dass die Helaba sich gegenüber Anfragen auf Unterstützung von kommunalen Gebietskörper-schaften passiv oder ablehnend verhält. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass sich die Helaba im Wettbewerb mit anderen Landesbanken befindet und bei passivem oder ablehnendem Verhalten einen geschäftspolitischen Nachteil gegenüber Mitbewerbern riskieren würde.

Wiesbaden, 31. März 2004

Volker Bouffier