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17450 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Juni 2005
- Anlage 3 -

Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Peter Hettlich, Friedrich Ostendorff, Cornelia Behm, Monika Lazar, Winfried Hermann und Hans-Josef Fell (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Umsetzung von öffentlich-privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für öffentlich-private Partnerschaften (Zusatztagesordnungspunkt 3a)

Der Gesetzestext des Gesetzes zur Beschleunigung der Umsetzung von öffentlich-privaten Partnerschaften – ÖPP – und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für ÖPP – ÖPP-Beschleunigungsgesetz – wurde erst wenige Tage vor seiner Einbringung in den Deutschen Bundestag vorgelegt, sodass eine vertiefte inhaltliche Prüfung und eine sachgemäße parlamentarische Behandlung nicht möglich war. Angesichts der schlechten Erfahrungen mit dem Toll-Collect-Vertrag, dem ersten großen ÖPP-Projekt im Verkehrsbereich, wäre das Parlament gut beraten gewesen, den Gesetzesentwurf intensiv zu diskutieren und erst dann zu verabschieden.

Eine öffentliche Anhörung des federführenden Ausschusses, wie in solchen Fällen üblich, hätte darüber hinaus Klarheit geschaffen, ob die vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich eine faire Risikoallokation zwischen Privaten und öffentlicher Hand gewährleisten.

Unsere Kritik bezieht sich darauf, das Instrument des wettbewerblichen Dialogs in die Vergabe von ÖPP-Projekten aufzunehmen. Wenn staatliche Auftraggeber nicht in der Lage sind, die technischen, rechtlichen oder finanziellen Bedingungen eines Projektes zu beschreiben, dann bleibt die Frage ungeklärt, wie in einem wettbewerblichen Dialog dieses Defizit der staatlichen Auftraggeber geheilt werden soll.

Der vorgeschlagene neue § 6 a im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen geht von der falschen Annahme aus, dass es tatsächlich einen Anbietermarkt für derartige Leistungen gibt, sodass im Wettbewerb die Bildung eines angemessenen Preises ermöglicht wird. Bei zwei oder weniger Anbietern – das dürfte bei großen
Projekten eher die Realität sein – kann es jedoch keinen wettbewerblichen Dialog geben. Daher widerspricht diese gesetzliche Regelung den Interessen der öffentlichen Hand.

Das in § 6 a Abs. 3 festgelegte Verhandlungsverfahren birgt die Gefahr der Ungleichbehandlung und ist insofern ein für Verfahrensfehler sehr anfälliges Vergabeverfahren. Das Bundeskartellamt hat bezüglich des Vergabeverfahrens zur LKW-Maut mehrfach auf die Gefahren eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hingewiesen.

Es besteht dringender Klärungsbedarf, welche Risiken das Verfahren im Einzelnen birgt und wie diese durch Verfahrensregeln ausgeschlossen werden können. Es ist darüber hinaus notwendig, die Beteiligung von Anbietern, die vom Verfahren ausgeschlossen wurden, dagegen aber Rechtsmittel einlegen, zu regeln, um Rechtsstreitigkeiten wie bei der LKW-Maut zu verhindern.

Wir lehnen daher die Einfügung des § 6 a „Wettbewerblicher Dialog“ im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen als Teil des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes ab.

Im Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz soll ein Optionsrecht zwischen einer öffentlich-rechtlichen Gebühr und einem privatrechtlichen Entgelt geschaffen werden.
Ein solches Optionsrecht verschärft jedoch die Probleme: Für beide juristische Wege muss eine Umsetzungriegelung entwickelt werden. Eine Vergleichbarkeit der Angebote für ein ÖPP-Projekt, wenn ein Optionsrecht besteht, ist nicht möglich.

Eine Mauterhebungsform muß jedoch ökonomisch effizient ausgestaltet sein; dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass die nachträgliche Vereinbarung von Kostenzuschlagselementen eingeschränkt wird.

Es muss daher eine Entscheidung für einen der beiden Wege geben. Dabei ist offen, ob die öffentlich-rechtlichen Gebühren oder das privatrechtliche Entgelt als Mautform festgelegt werden sollte. Zu dieser Frage braucht es Vorschläge unabhängiger Experten zum Beispiel im Rahmen einer Anhörung, die insbesondere auch die wohlfahrtsökonomischen Überlegungen im Blick haben.

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die im Gesetz vorgesehene Mautgenehmigung durch die Landesbehören. Eine solche Regelung ist ökonomisch ineffizient: Das Know-how muss in 16 Landesbaubehörden aufgebaut werden anstatt nur beim Bund. Die Zersplitterung der Bundesfernstraßenverwaltung durch die Auftragsverwaltung wird durch das ÖPP zementiert. Es sind zurzeit nur drei bis fünf F-Modelle nach dem FStrPrivFinG in der Diskussion. Dafür werden keine zusätzlichen bürokratischen Strukturen benötigt.

Die Genehmigungsbehörde beim Bund sollte den Charakter einer Regulierungsbehörde bekommen. Wir finden es daher falsch, die Kompetenz der Mautgenehmigung vom Bund auf die Länder zu übertragen.

Trotz dieser Bedenken werden wir dem Gesetz zustimmen.