Zurück zur Vorseite

Anlage 4 : Auszug aus der Bundestagsdebatte am 28. 11. 1997 ( Wortprotokoll )

Helmut Wíeczorek, Vorsitzender des Haushaltsausschusses (SPD) :
--------------------------------------------------------------------------------

Ich erspare es Ihnen auch nicht, noch einmal auf die Rentenreform zurückzukommen. Natürlich ist es für jeden einleuchtend, daß sich unser System ändern muß, wenn die Menschen infolge des demographischen Wandels durchschnittlich immer älter werden und damit länger Rente beziehen. Natürlich ist auch einsichtig, daß immer weniger Beschäftigte nur bis zu einer bestimmten Größenordnung im Rahmen des Generationenvertrages belastet werden können. Das bedeutet, daß dies bei einer Änderung des Vertrages für lohnabhängige Beschäftigte auch Auswirkungen auf die Unternehmer haben muß. Es kann doch nicht angehen -- diese Frage wird von Ihnen überhaupt nicht angesprochen --, daß die Unternehmer, die den Menschen nicht durch Maschinen oder Computer ersetzen können oder wollen, auf Grund unseres sozialen Sicherungssystems oder auf Grund unseres starren Steuersystems Lasten solcher Unternehmer mittragen müssen, die sich von der Solidarverantwortung der Unternehmer gelöst haben.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Es kann doch nicht sein, daß sich ein Unternehmen, das in den 60er und 70er Jahren Leistungen der sozialen Sicherungssysteme verursacht hat, durch Kapitalinvestitionen von seiner Beitragspflicht abkoppelt, sich von ihr freimacht und die Beitragsleistung denjenigen Unternehmen überläßt, die sich solidarisch fühlen.

Willy Brandt hat einmal vor zehn, zwölf Jahren gesagt: Ich bin froh darüber, daß der Computer und der Automat den Menschen die Arbeit erleichtern. Ich hoffe nur sehr, daß diese Computer und Automaten demnächst auch Teile unserer Rentenversicherung mitbezahlen. -- Da hat er recht gehabt. Ich schließe mich dem ausdrücklich an.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Ich vermisse auf allen Seiten dieses Hauses eine wirkliche Aufbruchstimmung, wenn es darum geht, diese Fragen zu lösen. Es geht nicht nur um die Beitragszahlenden, sondern auch darum, wer die Lasten verursacht hat. Deshalb glaube ich, daß wir eine Solidargemeinschaft der Unternehmer einklagen müssen und einen Generationenvertrag der Unternehmer untereinander.
(Beifall bei der SPD)

Bei gleichem Umsatz müssen Unternehmen auch die gleichen Lasten aus den sozialen Sicherungssystemen tragen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

Ich könnte Ihnen dafür massenhaft Beispiele bringen, die Sie aber wahrscheinlich nicht hören wollen.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, daß Sie mir den engagierten Exkurs verzeihen. Aber als Abgeordneter aus dem Ruhrgebiet weiß ich natürlich, wovon ich rede: Diese Fragen haben für uns in keiner Weise nur theoretischen Wert; sie haben unmittelbare Auswirkungen auf die Menschen in unserer Region.