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43. ADOLF-GRIMME-PREIS 2007
Adolf-Grimme-Preis an Ralph Hötte, Kim Otto, Markus Schmidt und
die Volontäre Florian Bauer und Matthias Veit für die
Aufdeckung des Skandals "Bezahlter Lobbyismus in Bundesministerien" in
Monitor-Beiträgen (19.10. und 21.12.2006) (ARD/WDR)
Begründung der Jury
Recherche ist teuer, aufwändig – und manchmal kommt gar nichts
dabei heraus. Einfacher und billiger lassen sich Sendeminuten
füllen, wenn man jemanden vor ein Mikrofon bekommt, der im
Interesse der eigenen Profilierung ein Statement abgibt, und wenn man
dann noch jemand anderen befragt, der – ebenfalls im Interesse der
eigenen Profilierung – einen gegenteiligen Standpunkt vertritt. Streit
bringt allemal Quote. Man kann die abgefragten Stellungnahmen auch noch
mit der schmeichelnden Überschrift „Streitkultur“ versehen, und
wenn genügend Zuschauer einschalten, dann bedarf ein Beitrag oder
eine Sendung keiner weiteren Rechtfertigung mehr.
Umso verdienstvoller ist es, wenn Reporter, Redakteurinnen und
Ressortleitung es wagen, sich auf das Abenteuer der Recherche
einzulassen, dessen Ausgang stets ungewiss ist. Das gilt umso mehr,
wenn das Thema der Recherche der Lobbyismus ist. Der verweigert sich
seiner Natur nach auf besonders sperrige Weise journalistischen
Begehrlichkeiten. Einige mögliche Gesprächspartner
dürfen nichts sagen, andere wollen nichts sagen – die Gefahr des
Scheiterns ist in diesem Bereich besonders hoch.
Florian Bauer, Ralph Hötte, Kim Otto, Markus Schmidt und Matthias
Veit sind nicht gescheitert. Sie haben weder Zeit noch Mühe noch
Aufwand gescheut, als sie für die ARD-Sendung „Monitor“ der Frage
nachgingen, wie weit die Arme der Interessengruppen eigentlich reichen.
Das, was sie herausfanden, ist eben so alarmierend wie aufschlussreich:
Unternehmensmitarbeiter, Lobbyisten also, arbeiten in Ministerien,
obwohl sie weiterhin von ihren Firmen bezahlt werden. Sie können
es – soll man sagen: bei guter Führung? – sogar bis zu
Referatsleitern bringen. Und an Gesetzesentwürfen mitarbeiten.
Die beiden „Monitor“-Beiträge zum Thema, gesendet am 19.10.2006
und am 21.12.2006, wurden akribisch recherchiert und nüchtern
präsentiert. Sie haben aufgedeckt, wie eng politische
Institutionen, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind, mittlerweile mit
ökonomischen Einrichtungen, die Interessen Einzelner verfolgen,
verflochten sind.
Immerhin: Die Beiträge blieben nicht folgenlos. Die Opposition hat
danach parlamentarische Anfragen an die Bundesregierung gestellt. Der
Bundesrechnungshof prüft die Vorgänge. Die ausgezeichneten
„Monitor“-Beiträge sind Beispiele dafür, was ein
öffentlich-rechtlicher Rundfunk leisten kann, der sich nicht
primär wirtschaftlichen Interessen – vulgo: der Quote –, sondern
den Idealen der Aufklärung verpflichtet fühlt.
Weitere Links:
MONITOR-Beitrag vom 21.12.2006:
Bezahlte Lobbyisten in Bundesministerien: Wie die Regierung die
Öffentlichkeit täuscht
www.monitor.de/beitrag.phtml?bid=848&sid=156
MONITOR-Beitrag vom 19.10.2006:
Profitabel - Wie die Industrie an Gesetzen mitstrickt
www.monitor.de/beitrag.phtml?bid=836&sid=153
Adolf-Grimme-Institut - Preisträger MONITOR
www.grimme-institut.de/html/index.php?id=485