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Oberhessische Zeitung, Samstag, 16. Juni 2007
 (Gescannt)
Wirtschaft Seite 13

Sparkassen gewinnen Bieterkampf um Landesbank Berlin


DSGV zahlt für 81-prozentigen Landesanteil 5,3 Milliarden Euro - Commerzbank geht leer aus - Zeitungen: EU geht Unregelmäßigkeiten bei Verkauf nach

BERLIN (dpa). Die deutschen Sparkassen haben den Bieterkampf um die Landesbank Berlin (LBB) gewonnen und damit erneut einen Zugriff einer privaten Großbank auf ein öffentliches Geldinstitut abgewehrt. Der Sparkassenverband DSGV zahlt für den 81-prozentigen Landesanteil an der LBB 5,3 Milliarden Euro, wie der Berliner Senat mitteilte. Die Commerzbank kam nicht zum Zuge.

Der Verkauf der früheren Bankgesellschaft, dem das Berliner Abgeordnetenhaus und die ' Kartellbehörden noch zustimmen müssen, fachte den Streit um die Trennung des deutschen Finanzmarktes in Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken neu an.

Mit der LBB hält der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) auch die Berliner Sparkasse mit zwei Millionen Kunden im öffentlich-rechtlichen Lager. Ein Commerzbank-Sprecher sagte, sein Haus habe ernsthaftes Interesse gehabt, stehe aber bei den eigenen Aktionären in der Verantwortung. Der Bundesverband der privaten Banken teilte mit, der Zuschlag für den DSGV verzögere einen Veränderungsprozess in der Branche, werde ihn aber letztlich nicht aufhalten können. Das Lager der Privatbanken hatte in den vergangenen Jahren schon mehrmals vergeblich versucht, Institute aus dem Sparkassenlager zu kaufen, um so einen größeren Spielraum für Expansionen zu gewinnen.

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Äußerten sich zum Verkauf der Landesbank Berlin an den Sparkassenverband DSGV: Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit und der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Heinrich Haasis (rechts).    Bild: dpa
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Das Land Berlin musste sich wegen EU-Sanierungsauflagen von der einstigen Bankgesellschaft trennen, die nach einem Irnmobilienskandal inzwischen wieder Gewinne schreibt. Zum Start des Verkaufsverfahrens für die LBB im Januar hatten sich 19 Interessenten aus dem In-und Ausland gemeldet, darunter mehrere Landesbanken und Finanzinvestoren. Als Alternative hatte Berlin parallel auch einen Verkauf der Anteile über die Börse vorbereitet. Ein erster Anlauf zur Privatisierung der damaligen Bankgesellschaft war 2003 an einem zu geringen Preisangebot gescheitert.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte: „Berlin bekommt einen sehr guten Kaufpreis -und Berlin weiß die Bank in guten Händen." Zusätzlich zum Kaufpreis von 4,62 Milliarden Euro lösen die Sparkassen der Vereinbarung zufolge auch eine stille Einlage des Landes von 723 Millionen Euro ab.

Der Verkaufserlös soll in einem Sondervermögen angelegt werden, um Risiken aus früheren Geschäften der Bankgesellschaft abzudecken. Diese werden laut Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) derzeit auf vier bis sechs Milliarden Euro geschätzt. Die Bankgesellschaft war 2001 durch riskante Immobiliengeschäfte an den Rand des Zusammenbruchs geraten undnur durch Milliardenhilfen des Landes gerettet worden. Diese Subvention führte zur Forderung der EU, die Bank bis Ende 2007 zu privatisieren.

DSGV-Präsident Heinrich Haasis nannte den Kaufpreis angemessen und rechtfertigte auch die Zahlung eines „strategischen Aufschlags". Mehr als 400 Sparkassen hatten sich für eine gemeinsame Bewerbung zusammengetan. Der DSGV kündigte an, den übrigen Aktionären der LBB ein Übernahmeangebot zu unterbreiten, ohne einen Preis zu nennen. Mit dem nun besiegelten Kauf halten die Sparkassen 91,6 Prozent der LBB-Antei-le, der Rest ist in Streubesitz. Die Anteile des Landes werden rückwirkend zum 1. Januar 2007 gekauft.

Die Europäische Kommission geht nach Informationen zweier Zeitungen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten beim Verkauf der Landesbank nach. Es gehe um den Verdacht von Absprachen öffentlichrechtlicher Bieter, berichtete das „Handelsblatt" unter Berufung auf Kommissionskreise. Die Behörde von EU-Wettbe-werbskommissarin Neelie Kroes prüfe die Einleitung eines Kartellverfahrens. Ausgangspunkt der Prüfung sei eine informelle Beschwerde „eines Verbandes". Die „Berliner Zeitung" berichtete, der Verdacht beziehe sich offenbar auf stille Vereinbarungen zur Höhe einzelner Gebote. Bisher sei nicht entschieden, ob es zu einer förmlichen Untersuchung komme, heiße es im Umfeld der Kommission.

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Stichwort

Die heutige Landesbank Berlin wurde 1994 als Bankgesellschaft Berlin gegründet. Unter ihrem Dach wurden in einem bundesweit einmaligen Konstrukt die privaten Institute Berliner Bank und Berlin Hyp mit der Öffentlich-rechtlichen Landesbank Berlin zusammengeführt, zu der auch die Berliner Sparkasse gehört. Das Ziel, einen international agierenden Fi-nanzkonzern zu formen, scheiterte spektakulär. Nach riskanten Immobilien- und Kreditgeschäften geriet das Institut an den Rand des Zusammenbruchs und konnte 2001 nur mit staatlichen Milliardenhilfen gerettet werden. Nach einer harten Sanierung hat sich der Konzern 2006 in Landesbank Berlin umbenannt und schreibt wieder schwarze Zahlen. Mehrere Töchter wie die Berliner Bank wurden verkauft, von einst 16 000 Beschäftigten sind noch 5918 übrig (Stichtag 31. März 2007).

Nach dem Zuschlag für den 81-prozentigen Landesanteil halten die Sparkassen künftig 91,6 Prozent der Anteile, 8,4ProzentsindnochinStreubesitz, (dpa),
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