SPD- Bundesparteitag 2009 beschäftigt sich auch mit PPP (11.11.2009)

Ich habe dort 2 Anträge gefunden :


Antragsbereich W
Antrag 6
Bezirk Hessen-Süd

Offenlegung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten

Den jeweils zuständigen Entscheidungsgremien wird empfohlen,die Berechnungsmethoden und Finanzierungsmodalitäten der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei Public Private Partnership-Projekten zukünftig offen zu legen, allgemein zugänglich zu machen und die gesetzlichen Erfordernisse dafür entsprechend anzupassen

Empfehlung der Antragskommission :
Offenlegung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten
Überweisung an Bundes-SGK

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Antragsbereich K
Antrag 9
Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD

Public Private Partnership/Öffentlich-Private Partnerschaft

1. Einleitung

Public Private Partnership (PPP) ist derzeit in aller Munde. Die Bundesregierung ermutigt in ihrer „Innovationsoffensive“ Kommunen unter anderem dazu, PPP-Projekte zu realisieren, da mit ihnen modernes und effizientes Verwaltungshandeln ermöglicht werden könne. Auch die EU treibt PPP beständig nach vorn. Angesichts mangelnder finanzieller Spielräume kommunaler Kassen und des Investitionsbedarfs zum Erhalt und Ausbau der Infrastruktur von 700 Milliarden Euro in den Kommunen stößt die Idee des Public Private Partnership auf offene Ohren. Auf allen Ebenen in der Bundesrepublik werden inzwischen PPP-Projekte geplant bzw. umgesetzt.

Dies ist keine neue Erscheinung, aber die Intensität in der PPP-Projekte nach geplant bzw. durchgeführt werden, hat eine neue Qualität erreicht. Rund 80 % der PPP-Projekte finden im Gemeindebreich statt. Im Jahr 2002 führten nach einer Studie 62 % der befragten Kommunen PPP in der Energieversorgung, 53 % im Nahverkehr, 43 % in der Wasserversorgung und 30% in der Abfallentsorgung durch. Auf Länderebene sind insbesondere die Bereiche der Justizvollzugsanstalten
und der Straßenbauverwaltung inzwischen von PPP-Prozessen betroffen. Und auf Bundesebene existieren beispielsweise im Verteidigungsbereich, dort etwa im Bekleidungswesen, der Truppenverpflegung oder der Instandhaltungslogistik, einige PPP-Projekte.

2. Definition

Public Private Partnership umfasst allgemein gesehen, unterschiedliche Konstrukte der Zusammenarbeit öffentlicher und privater Akteure. Dabei wird zwischen Institutionellem PPP und Vertrags-PPP unterschieden. Bei ersterem gründen die öffentliche Hand und mindestens ein Privater eine gemeinsame Gesellschaft. Wohingegen beim Vertrags-PPP die öffentliche Hand Auftraggeber ist und eine Dienstleistung oder den Betrieb einer öffentlichen Einrichtung an einen Privaten vergibt.

3. PPP – Win-Win Situation für Private Investoren und Öffentliche Hand?

PPP wird in der politischen Diskussionen all zu gerne, häufig auch von Teilen der SPD, als der neue dritte Weg zwischen traditioneller Eigenerbringung einer Leistung durch den Staat einerseits und der vollständigen Privatisierung andererseits angepriesen, von dem alle Beteiligten nur profitieren könnten. PPP ist jedoch kein neuer Weg, sondern eine alternative Spielart der Privatisierung und häufig nur der kompromissfähige Zwischenschritt zu einer vollständigen Privatisierung.

(Teil-) Privatisierungen ermöglichen häufig kurzfristige finanzielle Handlungsspielräume für die öffentliche Hand.

Kommunen, Land und Bund erhoffen sich durch PPP aus finanziellen Engpässen, durch Einsparungen bei laufenden Kosten und Investitionskosten, herauszufinden und Investitionsstaus dadurch aufzulösen. Neben dem finanziellen Aspekt spielt bei der Umsetzung von PPP-Projekten je doch häufig auch die Vorstellung, dass die Privatwirtschaft Dienst leistungen prinzipiell leistungsfähiger und kostengünstiger anbieten könnte, eine entscheidende Rolle. Doch die Erfahrungen mit (Teil-)Privatisierung der letzten Jahre haben dies nicht selten grundsätzlich widerlegt und somit gezeigt, dass (Teil-)Privatisierungen keine Alternative sein können!

Das Interesse von Unternehmen und privaten Finanzinvestoren an PPP basiert auf verschiedenen Motiven. Auf Grund fortbestehender Überakkumulation und fehlender Verwertungsmöglichkeiten des Kapitals dienen (Teil)-Privatisierungen und die Etablierung neuer Eigentumsrechte der Erschließung neuer Verwertungsbe reiche. Dadurch dass PPP-Verträge meist über einen langen Zeitraum abgeschlossen werden, bieten sie privaten Trägern eine relative Sicherheit und verringern ihr unternehmerisches Risiko. Dazu können Unternehmen häufig von einem Imagegewinn, der Legitimation durch die öffentlichen Partner und den neu gewonnen Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen und Prioritätensetzungen profitieren.

4. Und wer verliert?

4.1 KundInnen, ArbeitnehmerInnen

Die Erschließung neuer Märkte ist stets mit dem Streben nach Umsatzsteigerungen und Gewinnen verbunden. Da hoheitliche Aufgaben oder Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge bzw. mit Gemeinwohlorientierung durch PPP an private Träger mitübergehen, ist es hier besonders dramatisch, wenn das Ziel der Anbietung einer Leistung nicht mehr der gleichberechtigte, diskriminierungsfreier  Zugang aller Bürgerinnen und Bürger zu einem flächendeckenden, an qualitativen Standards orientierten, dauerhaften und verlässlichen Angebot zu angemessenen Preisen ist, sondern sich an Gewinn und Profit orientiert.

Gewinnmaximierung kann beispielsweise hier durch Preiserhöhung und die Streichung defizitärer Angebote erreicht, ebenso wie auch durch den Wegfall von Arbeitsplätzen oder die Senkung der Lohnzahlungen an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreicht werden. Darüber hinaus besteht auch immer die Gefahr, dass durch (Teil-)Privatisierungen ArbeitnehmerInnenrechte wie die Möglichkeit zur Mitbestimmung reduziert werden.

4.2 „Der“ Staat

Ein grundsätzliches Manko von PPP-Projekten, das die schöne Idee der Win-Win-Situation beider Seiten aushebelt, ist die sehr ungleiche Gewinn- und Risikoverteilung in ihnen. Zwar ist Risikoverteilung in PPP-Projekten grundsätzlich vertraglich gestaltbar. Doch bei Nicht-Erfüllung der Aufgaben fallen die ausstehenden Aufgaben wieder an die öffentliche Hand zurück, da diese beispielsweise bei Kern-Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge verpflichtet ist, diese zu erbringen. Durch vorher investierte Kosten in das PPPKonstrukt und die Abgabe des Know-Hows, fehlt dieses in der öffentlichen Verwaltung und erschwert sowie verteuert die Wiederzurücknahme.

Im Gegensatz dazu geht der private Investor grundsätzlich stets ein kalkulierbares Risiko ein. Darüber hinaus ist der Legitimationsschaden, den Kommune, Land und Bund durch nicht funktionierende PPP-Konstrukte erleiden können, wenn durch den privaten Vertragspartner die Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht erfüllt werden, nicht zu unterschätzen.

Durch PPP-Konstrukte manifestiert sich der Wandel vom Leistungs- zum Gewährleistungsstaat, der immer mehr Aufgaben und damit einen Teil seiner Steuerungskompetenzen abgibt. Dadurch dass private Träger, die über keine demokratische Legitimation verfügen, als Kooperationspartner als Gegenleistung für die Erbringung ihrer Leistungen ein nicht zu unterschätzendes Mitsprache - recht haben, schränkt sich die öffentliche Hand stark in ihrem Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung von Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge ein. Durch die nicht- oder nur ungenaue Offenlegung der abgeschlossenen Verträge wird die öffentliche Kontrolle mit Blick auf Interessen des privaten Trägers begrenzt. Gewählten MandatsträgerInnen können somit Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten immer weiter entzogen werden. Dies ist besonders dramatisch, wenn bedacht wird, dass durch PPP-Verträge langfristige Bindungen eingegangen werden, die alternative Optionen fast unmöglich machen und öffentliche Mittel über einen langen Zeitraum hinweg binden. PPP-Projekte sind stets eine langfristige Entscheidung, bei denen Fehlentscheidungen und Änderungen der ökonomischen und gesamtgesellschaftlichen Situation nur selten Berücksichtigung finden können und damit die (finanziellen) Handlungsspielräume der öffentlichen Hand auf lange Dauer stark einschränken  können.

Darüber hinaus kann PPP dazu beitragen, bereits gesunkene, finanzielle Spielräume der öffentlichen Hand auch auf kurze Sicht weitereinzuengen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Aufrechterhaltung einer attraktiven und preiswerten öffentlichen Infrastruktur durch Kommunen, Bund und Land ist die Quersubventionierung.
So wird beispielsweise gerne defizitärer ÖPNV durch Gewinne der Stadtwerke ausgeglichen. Wenn gewinnträchtige Bereiche, die besonders attraktiv für private Träger sind, von diesen betrieben werden bzw. sie an diesen eine Gewinnbeteiligung besitzen, mangelt es der öffentlichen Hand an Spielräumen zur Quersubenvtionierung.

Der kurzfristige Gewinn der durch PPP für die öffentliche Hand erzielt werden kann, steht damit in keinem Verhältnis zu seinen langfristigen negativen Auswirkungen.
PPP-Projekten darf daher keine oberste Priorität eingeräumt werden und ihre langfristigen Auswirkungen sind stets genau zu prüfen, bevor ein PPP-Konstrukt einer anderen Finanzierungsart vorgezogen wird. Darüber hinaus müssen mindestens folgende Voraussetzungen gewährleistet sein, sollte die Realisierung von PPPProjekten angedacht werden

• Zeitliche Beschränkung der Verträge auf maximal zehn Jahre

• Gewährleistung demokratischer Kontrolle:

• Ab einem bestimmten finanziellen Volumen bzw. einer bestimmten Anzahl an betroffenen BürgerInnen müssen Plebiszite durchgeführt werden.

• Verträge sind öffentlich zu machen.

• Der Rechtsstand muss in Deutschland liegen.

• Vertragliche Festlegung von Lohn-, Sozial- und Umweltstandards

• Keine Querfinanzierung über staatliche Banken

• Harte Vertragsstrafen für Investoren

• Versicherungspflicht für Insolvenzrisiko

• Bereiche von fundamentalem Gemeininteresse, d.h. Wasser- und Energieversorgung, Bildung, Kranken- und Altenpflege, Verwahrung und Betreuung von Straffälligen, Sicherheit und Finanzverwaltung, müssen von PPP unberührt bleiben.

5. Es gibt sie doch! – Die Alternativen zu PPP

Fürr uns Jusos bleibt die Eigenerstellung die wichtigste Alternative.

Wir wollen keinen schlanken Staat, der sich – wenn überhaupt noch - auf die Rolle des Bestellers von Diensten zurückzieht und sich in Abhängigkeit von privaten Investoren begibt. Die Handlungsfähigkeit und die Gestaltungsspielräume müssen erhalten bleiben, so dass sichergestellt ist, dass alle Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu bestimmten Gütern erhalten. Bei der Eigenerstellung ist darüber hinaus die demokratische Kontrolle gewährleistet.

Um die Eigenerstellung zu finanzieren und den Investitionstau bei der öffentlichen Infrastruktur zu mindern, müssen Finanzierungswege gefunden werden. Ggf. die Einführung und Erhöhung von bestimmten Steuern, die Schaffung von spezifischen Abgaben und Budgetumschichtungen können hier Lösungswege sein.

Eine weitere Alternative zu PPP-Projekten sehen wir Jusos in der Kooperation zwischen Gebietskörperschaften. Gemeinsame Ressourcen können gebündelt und damit besser genutzt werden. Da beide Partner öffentliche Aufgaben oder Dienstleistungen garantieren müssen, ist eine gleichmäßige Risikoverteilung hier eher möglich als in PPP-Projekten. Darüber hinaus sind beide Partner einer demokratischen Kontrolle unterzogen.

(Teil-)Privatisierungen, auch unter dem Deckmantel Private Public Partnership, sind für uns Jusos keine Alternative und nicht mit einem auf Nachhaltig- und Langfristigkeit ausgelegten staatlichen Handeln vereinbar! Ziele kurzfristiger Haushaltskonsolidierungen dürfen nicht zu Lasten der demokratischen Kontrolle, der Legitimität, der ArbeitnehmerInnen, des Angebots und des gleichberechtigten Zugangs und der Bevölkerung zu diesen Dienstleistungen im Allgemeinen gehen!

Empfehlung der Antragskommission :
Überweisung an Bundes-SGK