Redetext zur Demo in Berlin von Gerlinde Schermer (Wassertisch Berlin) und Mike Nagler (Anti-Privatisierungs-Netzwerk LeipzigSchelbert (Berlin):

 

 

Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Freunde!

 

 

Unter Kohl, unter rot-grün und unter der großen Koalition wurde und wird noch immer eine Politik der Deregulierung und Privatisierung betrieben. Die Ideologie von der Selbstregulierung des Marktes wird auf alle Bereiche unserer Gesellschaft übertragen. Durch sogenannte „Reformen“ – wie die Agenda 2010 - wurden die Städte und Gemeinden vorsätzlich verschuldet um Privatisierungen zu realisieren.

 

Die Gesellschaft wird immer stärker allein unter den Gesichtspunkten der Marktwirtschaft und den Renditevorgaben der Finanzmärkte definiert:

 

-         Schulen und Hochschulen werden privatisiert – angegliedert an Medienkonzerne wie Springer und Bertelsmann! 2 Billionen US-Dollar erwarten die Konzerne jährlich weltweit an zusätzlichen Gewinnen aus einem privatisierten Bildungsmarkt!

-         Krankenhäuser und Klinken werden privatisiert – angegliedert an Konzerne wie Helios und Rhön!

-         Müllentsorgung, Stadtwerke und Wasserwerke werden privatisiert – angegliedert an Konzerne wie RWE, veolia oder E.On!

-         Wohnungsgesellschaften werden privatisiert – verkauft an Fonds wie Fortress und Cerberus.

 

Öffentliches Eigentum – Eigentum der Bürgerinnen und Bürger – wurde damit der Renditesucht und der Ideologie der Finanzmärkte ausgesetzt!

 

Alle Bereiche der Gesellschaft sind betroffen! …Energie, Wasser, Bildung, Gesundheit, Renten… Was hier seit Jahren passiert ist ein massiver Angriff auf den Sozialstaat. Ein massiver Angriff auf die Gesellschaft und auf die Bürgerinnen und Bürger!

Soziale Sicherungen die über Generationen erstritten wurden, versucht man innerhalb weniger Jahre zu zerschlagen.

 

Gleiches passiert in den Städten und Gemeinden. Über Jahre wird privatisiert. Städte wie Berlin haben fast ihre kompletten kommunalen Unternehmen verkauft und viele Städte haben aufgrund ihrer strukturellen Unterfinanzierung riskante Cross-Border-Leasing Geschäfte getätigt. Aus kommunalem Eigentum wurden Finanzprodukte gemacht die sich jetzt als faule Eier entpuppen! Und jetzt sollen wir für dafür zahlen? Nein! - Wir fordern den sofortigen Ausstieg aus diesen Geschäften! Schluß mit der Geheimniskrämerei - Schluß mit Geschäftsgeheimnissen, wenn es um unsere Daseinsvorsorge geht!

 

Laut Umfragen lehnt die klare Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Privatisierungen von Bereichen der Daseinsvorsorge ab. Dennoch betreiben die Eliten weiterhin Privatisierungen – sie machen Politik gegen die Bürgerinnen und Bürger!

 

Als hätte man aus der Krise überhaupt nichts gelernt, fordern ganz aktuell SPD und CDU Fraktion des Bundestags das stärkere Vorantreiben von Privatisierungen im Rahmen von sogenannten Public Private Partnerships – eine weiteres Konstrukt öffentliches Eigentum zu Finanzprodukten zu machen! Eine Regierung – die gegen den erklärten Willen einer breiten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger handelt ist nicht länger tragbar und gehört abgewählt!

 

Die Finanzlobby ist eng mit der Politik und den Aufsichtsbehörden verfilzt und es ist notwendig hinter die Kulissen zu schauen. Diese Krise ist politisch verursacht – sie ist hausgemacht und die Verantwortlichen sitzen noch immer am Ruder. Diejenigen die sich jetzt als Krisenmanager aufspielen sind die Selben die diese Krise zu verantworten haben und die in den letzten Jahren daran profitierten!

 

Und wenn heute Politiker im Chor den ungezügelten Kapitalismus anprangern, dann sind das oft sogar genau diejenigen, die noch vor kurzem die Politik der Deregulierung und Privatisierung mit aller Macht betrieben haben! Sie hängen ihr Fähnlein nach dem Wind - um nach den Wahlen die gleiche Politik zu betreiben wie vorher!

 

Aber es gibt Widerstand gegen diese Politik.

In den letzten Jahren hat der Protest gegen den Ausverkauf der Städte zugenommen. Und der Widerstand hat Erfolg! In vielen Städten wehren sich die Bürgerinnen und Bürger gegen Privatisierungen. In Freiburg wurde die Privatisierung von Wohnungen verhindert. 2008 hat Leipzig gegen den erklärten Willen von SPD, CDU und FDP per Bürgerentscheid ein umfassendes Privatisierungsverbot ausgesprochen. In Quedlinburg haben Bürger vor wenigen Monaten erfolgreich die Privatisierung ihrer Stadtwerke verhindert. In Bergkamen wird rekommunalisiert. Braunschweig, Berlin, Halle, Hamburg, Heidelberg, Mülheim, Stuttgart … in vielen Städten bilden Bürgerinnen und Bürger Initiativen gegen Privatisierungen und fordern Kommunalisierung und demokratische Kontrolle ein.

Der Widerstand wächst und wir brauchen mehr davon!

 

Die Privatisierungsbefürworter sind in der Legitimationskrise. Milliarden Euro werden aus öffentlichen Haushalten für Banken -  ohne entsprechende Gegenleistung - ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft und Demokratie. Wenn wir Geld geben, dann können wir Banken und Versicherungen auch vergesellschaften! Die Dominanz der Finanzmärkte muss gebrochen werden. Das Finanzsystem muss den Bürgerinnen und Bürgern dienen und nicht umgekehrt.  Nur mit einem System welches unter demokratischer Kontrolle ist, kann das garantiert werden.

 

Zentrale Bereiche der Gesellschaft gehören nicht in Hand von Privaten und schon gar nicht als Spekulationsmasse auf die Finanzmärkte! Banken gehören in öffentliche Hand!

 

 

Wir sind heute hier…[Zahl]……! In Frankfurt, London und vielen anderen Städten wird heute ebenfalls demonstriert. Diese Demonstrationen werden der Anfang sein! Aber darüber hinaus ist es notwendig, dass wir am Erfolg in den Städten anknüpfen! Lasst uns Widerstand auf lokaler Ebene organisieren – in den Städten und Gemeinden! Lasst uns lokale Bündnisse und Initiativen für Rekommunalisierungen und demokratische Mitbestimmung bilden. Lasst uns dauerhaft Druck von unten aufbauen!

 

Wir fordern eine umfassende Gemeindefinanzreform! Geld für die Kommunen, damit sie die gemeinschaftlichen Aufgaben auch erfüllen können und dafür auch  eine ordentliche Bezahlung der Lehrer und Kindergärtnerinnen, der Krankenschwestern und Ärzte gewährleisten können!

 

Für Rekommunalisierung und demokratische Kontrolle! Für Belegschaftsbeteiligungen im Sinne einer Demokratisierung der Wirtschaft! Wir zahlen nicht für diese Krise – wir fordern die Profiteure aus Wirtschaft, Politik und Finanzlobby zur Kasse!