Zurueck zur Vorseite
Leserbrief in der Frankfurter Rundschau vom 11.04.1989
.
Öffentliche Sparkassen als nichtöffentliche Selbstbedienungsläden?

Da macht der Sparkassenverband den Vorschlag, mit Hilfe von stillen Gesellschaftern das Kapital der Sparkassen aufzustocken, um auf dem europäischen Binnenmarkt 1992 gerüstet zu sein (FR vom 21. 3. 1989 „Der Sparkassenverbund bekommt Risse").
Da wäre es doch endlich an der Zeit, daß die örtlichen Kommunalpolitiker, die in den Sparkassenräten sitzen, die „Richtlinien der Geschäftspolitik der Sparkassen bestimmen" (gem. § 13, Abs. l Sparkassengesetz NRW). Aufgrund der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und der Sparkassensatzungen hätten sie genügend Möglichkeiten, die hier vorhandenen Einlagen und Gewinne für ihre „notleidenden" Kommunen, die Bürger und die Wirtschaft ihrer Region zu nutzen.

Aber da tut sich gar nichts. In der SPD und bei den Grünen diskutierte entsprechende Vorschläge, die u.a. vom Progress-Institut für Wirtschaftsforschung (PIW) in Bremen wissenschaftlich untermauert sind, werden in den zuständigen Sparkassengremien abgeblockt So kommt z. B. der Vorschlag, die Sparkassen sollten den mit der Gewährshaftung belasteten Kommunen für Umweltaufgaben zinsgünstige Kredite gewähren, nicht zum Zuge. Andererseits haben nicht nur Sparkassenbedienstete, sondern auch Mitglieder der aufsichtsführenden Sparkassenräte die Möglichkeit, als „Personen, die dem Kreditinstitut besonders nahestehen", zinsgünstige Organkredite zu erhalten.

Obwohl die Sparkassen wie die anderen Kreditinstitute erhebliche Überschüsse erwirtschaften, kommt es vor (wie z. B. bei der Sparkasse Höxter), daß den Kommunen als Gewährsträger noch nicht einmal der ihnen nach den gesetzlichen Bestimmungen zustehende Gewinn ausgeschüttet wird. Die Vergabe der Mittel erfolgt dann von der Sparkasse selbst in einer nichtöffentlichen Spendenpraxis.

Wenn nun noch stille (also nichtöffentliche) Gesellschafter aufgrund ihrer Kapitaleinlagen einen Teil des Gewinnes erhalten, dann wird der öffentlich-rechtliche Charakter ad absurdum geführt Die öffentlichen Sparkassen werden, dann zu nichtöffentlichen Selbstbedienungsläden.
 

Wilhelm Rühl (SPD-Kreistagsabgeordneter),
Höxter