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Kurt Neumann

Das Land Berlin vor Immobilienrisiken abschirmen!

Anleger, Miteigentümer und Banker an den Lasten beteiligen!

(Stand: 07. April 2002)

Internetadresse : http://mitglied.lycos.de/lionelj/bankgesellschaft/2002-04-11_Kurt-Neumannr.htm

Nachdem das Land Berlin bereits für die am 29. August 2001 beschlossene Kapitalerhöhung der Bankgesellschaft Berlin aus Steuermitteln den Betrag von 1,755 Mrd. € aufgebracht hatte, legte der Berliner Senat unter dem 19. Februar 2002 den Entwurf für ein „Gesetz zur Übernahme einer Garantie für Risiken aus dem Immobiliendienstleistungsgeschäft der Bankgesellschaft Berlin und deren Tochtergesellschaften“ (Drs. 15/208) vor. Mit dem Gesetz soll der Senat ermächtigt werden, eine Garantie für bestehende Risiken des Immobiliendienstleistungsgeschäfts in Höhe von bis zu 3,73 Mrd. € bis zum Jahr 2030 zu übernehmen.

Zur Begründung wird ausgeführt: „Wenn die Risiken nicht durch das Land abgeschirmt würden, würde die Schließung der BGB drohen. Über die Gewährtragerhaftung des Landes für die LBB wäre der dann eintretende finanzielle Schaden erheblich höher.“ Der Finanzsenator hat das dahingehend konkretisiert: „Trifft das Parlament keine Gesetzesentscheidung über die Risikoabschirmung, ist die Bank am Ende und das Land Berlin zahlt mindestens 20 Milliarden Euro.“ (Tagesspiegel, 16. März 2002)

Konkrete Erläuterungen über die einzelnen Risiken und eine mögliche Haftung des Landes werden nicht gegeben. Es fehlt auch jede plausible Darlegung dazu, ob und wie durch die vorgeschlagene Maßnahme verhindert werden kann, dass weitere Risiken auf das Land Berlin zukommen und das jetzt schon übermäßig verschuldete Land über den Betrag von 5,485 Mrd. € hinaus belastet wird.

Die für den 7. März vorgesehene Beschlussfassung im Abgeordnetenhaus ist zunächst auf den 21. März, dann auf den 9. April verschoben worden. Den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses wurde inzwischen die Möglichkeit gegeben, in Unterlagen hinsichtlich der Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft und in Vorschläge zur Abschirmung des Konzerns Einsicht zu nehmen. Eine zusammenfassende und detaillierte Darstellung der Probleme und der Lösungsvorstellungen des Senats liegt aber immer noch nicht vor.

Am 8. April soll stattdessen eine erheblich veränderte Fassung des Gesetzentwurfs präsentiert werden. Zugleich wird an einer abschließenden Befassung des Gesetzes am 9. April festgehalten, obwohl die vorgeschlagenen Garantien doch „unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission“ stehen und eine solche Genehmigung kurzfristig nicht erwartet werden kann.

Der Gesamtvorgang wirft nicht nur inhaltliche Fragen von prinzipieller Bedeutung auf. Mehr und mehr droht er auch zum Lehrstück dafür zu werden, wie eine parlamentarische Demokratie ad absurdum geführt werden kann.
 

I.

Handlungsoptionen

1. Das Land Berlin ist fast pleite. Die gegenwärtige Haushaltspolitik ist nur schwer mit den Grundsätzen sozialer Gerechtigkeit zu vereinbaren. Überall wird gekürzt, auch bei Sozialleistungen, auch in den Bereichen von Bildung und Kultur, auch bei den Investitionen in öffentlich genutzte Gebäude und in die Verkehrinfrastruktur. In dieser Situation muss das Land Berlin vor weiteren finanziellen Belastungen abgeschirmt werden. Das gilt auch und gerade im Hinblick auf die enormen Risiken aus den Immobiliengeschäften der Bankgesellschaft Berlin und ihrer Töchterunternehmen. Dass Berlin für einen Teil der Risken haftet, ist schlimm genug. Neue Verpflichtungen des Landes dürfen aber auf keinen Fall begründet, gutes Geld nicht schlechtem hinterher geworfen werden.

2. Das vom Finanzsenator vorgeschlagene Gesetz schirmt nicht das Land Berlin ab. Es stellt vielmehr ein Schutzschild dar für die Anleger, die über genügend Geld verfügten, um es in geschlossenen Immobilienfonds anzulegen. Im Ergebnis schützt er auch diejenigen, die die Bankgesellschaft durch Fehlleistungen in die jetzige Lage gebracht haben, vor möglichen Regressansprüchen. Und er begünstigt die Miteigentümer der Bankgesellschaft die ihren Beitrag zur Sanierung des Konzerns verweigern.

3. Die gegenwärtige Finanzkrise der Bankgesellschaft ist zurückzuführen auf den politischen Größenwahn eines West-Berliner Metropolismus und auf die organisierte Unverantwortlichkeit bei dem Einbau der dem Gemeinwohl verpflichteten Sparkasse (Landesbank) in einen privatkapitalistischen Bankenkonzern. Ein endgültiger Abschied von West-Berlin erfordert eine Problemlösung jenseits einer Subventionspolitik, die den Vermögenden gibt und dem Sozialstaat und den sozial Schwachen nimmt.

4. Die beabsichtigten Maßnahmen verstoßen offenbar gegen die Reglungen des EG-Vertrages über Beihilfen (Subventionen). Daher hat die Europäische Kommission ein förmliches Verfahren nach Artikel 88 Abs. 2 des Vertrages eingeleitet. Der Ausgang dieses Verfahrens muss abgewartet werden. Schon deshalb kann und muss die überstürzte Hast ein Ende haben.

5. Die Landesbank Berlin - mit Sparkasse, Bausparkasse und Investitionsbank - muss zügig aus dem Konzern der Bankgesellschaft ausgegliedert und wieder zu einem öffentlichen, regional operierenden und leistungsfähigen Finanzinstitut werden. Für die gesamte Gruppe der öffentlichen Finanzinstitute muss schnellstmöglich eine Konzeption zur Abwehr etwaiger Haftungsansprüche aus Geschäften der Bankgesellschaft, ihrer Töchter und der Immobilienfonds erarbeitet und umgesetzt werden.

6. Ohne übermäßige Eile aber auch ohne unnötige Verzögerungen ist dann eine Trennung von Sparkasse, Landesbank-Girozentrale und Investitionsbank vorzunehmen. Dabei sind die Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern sowie den öffentlichen Banken und Kreditinstituten mit der europäischen Kommission unter Ausschöpfung der vorgesehenen Übergangsfristen umzusetzen. Das dient auch der Vereinigung mit dem Land Brandenburg.

7. Die vielfältigen Immobilienfonds müssen aus dem Konzern der Bankgesellschaft ausgegliedert und einer einheitlichen wirtschaftlichen Leitung unterstellt werden. Für die einzelnen Fonds sind unter - auch finanzieller - Beteiligung der Anleger Sanierungskonzepte zu erarbeiten und zu realisieren.

8. Es muss eine personell gut ausgestattete Zentralstelle für die Geltendmachung von Regressansprüchen gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder des Bankkonzerns aufgebaut werden. Dieser soll die Geltendmachung aller in Betracht kommender Forderungen übertragen werden. Zügiges Handeln ist hier geboten, um einerseits den Eintritt der Verjährung zu verhindern, anderseits durch mögliche Arrestverfahren Vermögensgegenstände für die Realisierung der Ansprüche zu sichern. Der Zentralstelle soll auch die Möglichkeit zu vergleichsweisen Regelungen eingeräumt werden, wenn dadurch finanzielle Mittel zügiger realisiert werden können.

9. Ziel ist die Sanierung der Berliner Bankgesellschaft und der BerlinHyp unter Abwicklung der Immobiliengesellschaften und - fonds. Für den Fall, dass sich das als unmöglich erweist, sind schon jetzt unverzüglich Vorbereitungen für die Bildung einer Aufganggesellschaft zu treffen. Diese Auffanggesellschaft soll im Notfall Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das Filialnetz, und die Kundenbeziehungen sowie die Marke „Berliner Bank“ übernehmen. Dadurch kann auch verhindert werden, dass kleine und mittlere Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehung über Gebühr behindert werden. Ob und wann die sanierte Bankgesellschaft oder die zu schaffende Auffanggesellschaft verkauft oder dem öffentlichen Finanzsektor eingegliedert werden, kann erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.

10. Die Zeit drängt. Deshalb müssen ohne Hektik alle in Betracht kommenden Möglichkeiten sorgfältig geprüft werden. Berlin hat keinen weiteren Versuch zur Lösung dieser Probleme frei. Deshalb muss unverzüglich eine Arbeitsgruppe aus unabhängigen Expertinnen und Experten gebildet werden, die alle Vorschläge prüft und gegebenenfalls weiterentwickelt und präzisiert. Das gilt für ihre Rechtmäßigkeit und für ihre wirtschaftliche Praktikabilität. Auch geht es um die Absicherung gegenüber der Bundesanstalt für das Kreditwesen (BAKred) oder gegenüber der Europäischen Kommission.

II.

Die Vorgeschichte

1. Solange die öffentlichen Finanzinstitute Sparkasse bzw. Landesbank, für die dem Land Berlin die Gewährträgerhaftung obliegt, nicht zum Konzern der Bankgesellschaft gehörten, gingen von ihnen finanzielle Risiken für das Land Berlin nicht aus. Anders war es mit der Berliner Bank, einer Aktiengesellschaft, die früher vollständig dem Land Berlin gehörte.

2. Im Jahre 1981 führte die sogenannte Garski-Pleite zu finanziellen Belastungen des Landes und zu einer Vertrauenskrise in der Stadt, in deren Konsequenz die SPD erstmals nach 1945 nicht mehr die Mehrheit im Senat und den Regierenden Bürgermeister stellte. Der Bauunternehmer Dietrich Garski hatte für die Durchführung eines Bauprojekts in Saudi Arabien bei der Berliner Bank Kredite aufgenommen, die durch Bürgschaften des Landes Berlin, des Eigentümers der Bank, abgesichert wurden. Als Garskis Unternehmen zusammenbrach, wurde das Land in Anspruch genommen. Der Schaden belief sich auf insgesamt 125 Mio. DM, umgerechnet also etwa 0,064 Mrd. €. Der Schaden hatte sich damals deshalb ganz erheblich vergrößert, weil dem ursprünglichen Kredit ein weiterer nachfolgte, um eine Pleite Garskis zu vermeiden und die Rückführung des ersten Kredits zu ermöglichen. Das schlug fehl, der Verlust wurde umso größer.

3. 1983/1984 hatte eine Arbeitsgruppe von Sozialdemokraten und Gewerkschaftern, darunter der ehemalige Staatssekretär in der Senatskanzlei Gert Wartenberg und der jetzige DGB-Landesbezirksvorsitzende Dieter Scholz, Vorschläge für ein sozialdemokratisches Wirtschaftsprogramm für Berlin (West) unter dem Titel „Vollbeschäftigung und Lebensqualität“ erarbeitet. Darin wurde die Konzentration der beiden dem Land Berlin gehörenden Finanzinstitute auf regionale Aufgaben, insbesondere auf Konsumentenkredite und auf Kredite an kleine und mittlere Unternehmen zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen vorgeschlagen. Diese Vorschläge setzen sich in der SPD nicht durch.

4. Ab Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre wurde von führenden Berliner Soziademokraten auf die Schaffung eines im europäischen Maßstab agierenden Finanzakteurs in Berlin orientiert. Berlin sollte internationaler Finanzplatz werden. In einem Protokoll der Abgeordnetenhausfraktion vom Oktober 1989 heißt es in diesem Sinn: „Gen. Mitzscherling (der Wirtschaftsenator des damaligen rot-grünen Senats) berichtet, dass eine Fusion der Sparkasse der Stadt Berlin West und der Berliner Bank bis zur Eröffnung des europäischen Binnenmarkts erfolgt sein sollte, wenn es eine sinnvolle Maßnahme sein soll.“ Begründet wurde die Notwendigkeit einer Fusion damit, dass die Sparkasse wegen ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen gehindert sei, „richtige“ Bankgeschäfte zu tätigen, die Berliner Bank und das Land Berlin als ihr Eigentümer aber über zu geringe Finanzmittel verfügten. Die Möglichkeiten der privatwirtschaftlich agierenden Geschäftsbank und die bei der Sparkasse in beachtlichem Umfang angesammelten „Spargroschen der kleinen Leute“ sollten für das große Geschäft zusammengebracht werden.

5. Im Vorfeld der Fusion wurde zum 1. Oktober 1990 zunächst die Landesbank Berlin gegründet. Die Sparkasse der Stadt Berlin West wurde zur Abteilung der LBB. Am 11. Dezember 1990 folgte die Sparkasse der Stadt Berlin aus dem Ostteil der Stadt. Dabei wurden die öffentlichen Aufgaben der Landesbank in § 3 Abs. 1 und 6 LBankG entsprechend den Grundsätzen des Sparkassenwesens klar bestimmt: „Die Bank hat durch ihre Geschäftstätigkeit den Gewährträger (das Land Berlin) in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben unter Berücksichtigung sozialer, ökologischer und strukturpolitischer Grundsätze zu unterstützen.“ - „Die Bank führt die ‚Sparkasse der Stadt Berlin West‘ in einer besonderen Abteilung fort, der die Förderung des Sparens und die Befriedigung des örtlichen Kreditbedarfs, insbesondere des Mittelstands und der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise, obliegt.“

6. 1992 wurde die Investitionsbank Berlin (IBB), früher Wohnungsbaukreditanstalt (WBK), als nicht rechtsfähige Anstalt und besondere Abteilung der LBB errichtet.

7. Im selben Jahr erfolgte die Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Berliner Pfandbrief-Bank in eine Aktiengesellschaft, die Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank. 1996 fusioniert sie mit der Braunschweig-Hannoverschen Hypothekenbank zur Berlin-Hannover­schen Hypothekenbank.

8. Konkretisiert worden waren die Fusionspläne inzwischen in der Koalition aus CDU und SPD entsprechend einem Vermerk vom 22. April 1992. Durch die Unterstellung der Landesbank, der Berliner Bank, der Berliner Pfandbriefbank und der Wohnungsbaukreditanstalt unter eine „Berliner Landesbanken AG“ würden folgende Ziele erreicht: Synergieeffekte, Steigerung der Rentabilität, verbesserte Kapitalnutzung und die Vermeidung bzw. Beseitigung von Eigenkapitalproblemen. „Der fiskalische Effekt liegt in der Freistellung des Berliner Haushalts von Kapitalanforderungen; zumindest für einen überschaubaren Zeitraum.“ Als Konstruktion war ausgetüftelt worden, dass „die Holding-AG - anstatt durch Übernahme des Grundkapitals - in Form der atypischen stillen Einlage zu 100 % am Kapital der LBB beteiligt“ wird. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür wurden durch das 2. Änderungsgesetz zum LBB-Gesetz vom 5. November. 1992 geschaffen, auf dieser Grundlage dann die entsprechenden vertraglichen Regelungen getroffen. Die Änderungen traten mit Wirkung zum 1. Oktober 1994 in Kraft. Mit Wirkung vom 1. Januar 1999 wurde später die Berliner Bank mit der Holding „Bankgesellschaft Berlin“ zu einer Aktiengesellschaft verschmolzen.

9. Die politische Verantwortlichen betrieben die Konzernierung der finanziell soliden Sparkasse bewusst mit der nach wie vor wirtschaftlich höchst problematischen Berliner Bank. Für diese hatte der Senat im Dezember 1993 gerade eine stützende Erklärung gegenüber dem Einlagensicherungsfonds der privaten Banken abgeben müssen, weil der Fonds das offenbar gefordert hatte.

10. Die Umstrukturierung des dem Land Berlin gehörenden Finanzsektors wurde gegen heftigen, aber erfolglosen Widerstand einer Minderheit im Landsvorstand der Berliner SPD durchgesetzt. Die damalige Kritik richtete sich zum einen dagegen, dass die auf öffentliche Interessen verpflichtete öffentlich-rechtliche Anstalt einer auf Gewinnerzielung orientierten Aktiengesellschaft und ihrem Weisungsrecht untergeordnet werden solle. Das sei letztlich verfassungswidrig. Auch werde das Durcheinander der unterschiedlichen Weisungs- und Kontrollmechanismen von Anstalt und Aktiengesellschaft sowie der Regelungen von Beteiligungs- und Interessenwahrungsvertrag dazu führen, dass im Ergebnis e2ine wirksame Kontrolle überhaupt nicht gewährleistet sei. - Das Landesarbeitsgericht Berlin hat in einer seiner Entscheidungen die Konstruktion übrigens als verfassungswidrig qualifiziert (AG 1996, S. 140)[1], während der Berliner Verfassungsgerichtshof gegenüber der in ähnlicher Form erfolgten Umstrukturierung der Berliner Wasserwerke nur marginale verfassungsrechtliche Bedenken hatte.[2]

11. Durchgesetzt wurde das Berliner Bankenmodell von SPD-Abgeordneten und -Senatsmit­gliedern, die sich überwiegend früher einmal dem linken Flügel zugerechnet hatten und die sich auch für eine Privatisierung von Eigenbetrieben und Wohnungsbaugesellschaften stark machten und stark machen. Dazu gehörten insbesondere

- der Regierende Bürgermeister im rot-grünen Senat und heutige Präsident des Abgeordnetenhauses Walter Momper[3], der zugleich geschäftsführender Gesellschafter der Momper Entwicklungsgesellschaft mbH ist,

· der verstorbene Wirtschaftsenator Mitzscherling,

· der damalige Senator Meisner[4], der erst das Finanz- und dann das Wirtschaftsressort leitete und später Berater des Vorstands der Herlitz AG war,

· der damalige Bausenator Nagel[5], später Geschäftsführer der zur Fundus-Immobiliengruppe (Jagdfeld) gehörenden Bredero Projekt Berlin GmbH,

· der frühere Fraktions- und Landesvorsitzende, jetzige Bundestagsabgeordneten und Parlamentarische Staatssekretär Staffelt[6], der Vorstandsmitglied der Hölter IndustrieAG und Geschäftsführer der VEBA Kommunalpartner GmbH war und als Beruf „Freiberuflicher Projektentwickler und Projektmanager“ angibt, im Geschäftsbericht der Landesbank für 2000 als Mitglied des Aufsichtsrats geführt,

· der damalige Fraktionsgeschäftsführer Kern, der später bei der Firmengruppe Rentaco (Projektentwicklungen und Seniorenresidenzen) arbeitete, sowie

· der damalige Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Niklas, der nach der Rechtsformänderung vom Eigenbetrieb zur Anstalt Direktor bei der BVG wurde.

Kern, Meisner und Niklas legten auch ein „Exposé zur Neustrukturierung der Bankenbeteiligungen Berlins“ vom 02. Juni 1992 vor, das eine Beschlussvorlage beinhaltete, in der die Fraktionen der CDU und der SPD den Senat aufforderten, entsprechende Schritte einzuleiten.

12. In der großen Koalition waren der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen und der spätere Fraktionsvorsitzende Landowsky[7] sowie der damalige Finanzsenator Elmar Pieroth und die Abgeordneten Dankwart Buwitt[8] und Christian Neuling[9] führend beteiligt. Insbesondere zu Staffelt und Kern bestand eine enge Verbindung über den „Internationalen Club Berlin“.

III.

Der Konzern

1. Der Gesetzentwurf zeichnet sich dadurch aus, dass er trotz der ungewöhnlichen Zusammensetzung und Struktur des Konzerns pauschal und unaufgeschlüsselt „für bestehende Risiken des Immobiliendienstleistungsgeschäfts der

· Bankgesellschaft Berlin AG,

· Landesbank Berlin - Girozentrale,

· Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank AG,

· Immobilien- und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH,

· Immobilien und Beteiligungen AG und

· LPFV Finanzbeteiligungs- und Verwaltungs GmbH“

Garantien ermöglichen will.

2. Die Bankgesellschaft Berlin befindet sich nach der Kapitalerhöhung vom 29. August 2001 zu 80,95 % im Besitz des Landes Berlin (zuvor etwa 56,6 %), zu 10,85 der Nord LB, zu 2,27 % des Versicherungskonzerns Parion (Gothaer Versicherung) und zu 5,93 % im Streubesitz. Die anderen Miteigentümer waren nicht bereit, sich zur Rettung der Bankgesellschaft an der Kapitalerhöhung zu beteiligen.

Die Bankgesellschaft ist an der Landesbank - als stille Gesellschafterin - mit einem Anteil von 75,01 % und an der Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank (BerlinHyp) mit einem Anteil von 87,6 % beteiligt. Das Land Berlin hält unmittelbar einen Anteil von 24,99 % an der LBB, hat aber seine entsprechenden Gewinnansprüche an die Bankgesellschaft abgetreten. Damit ist die Bankgesellschaft wirtschaftlich Alleineigentümerin der Landesbank.

Die Immobilien und Baumanagement der Baugesellschaft Berlin GmbH (IBG) gehört zu 40 % der Bankgesellschaft und zu jeweils 30 % der LBB und der BerlinHyp, die Immobilien- und Beteiligungen AG (IBAG) und die LPFV jeweils zu 100 % der Bankgesellschaft.

Die Ende 2000 gegründete IBAG, der das Fonds- und das Bauträgergeschäft der IBG mit den entsprechenden Tochtergesellschaften im wesentlichen übertragen war, wurde an eine Firma Greico Inc. in der Steueroase Cayman Islands veräußert, die Transaktion aber wieder rückgängig gemacht.

3. Die rechtlichen Beziehungen zwischen der Landesbank und der Bankgesellschaft sind in einem „Vertrag über eine stille Gesellschaft zur Begründung einer einheitlichen Leitung“ geregelt, dessen erster Teil die Bildung der stillen Gesellschaft und dessen zweiter die Unterstellung unter die einheitliche Leitung durch die Bankgesellschaft behandelt. Daraus ergibt sich, dass die Landesbank im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des LBB-Gesetzes den Weisungen des Vorstands der Landesbank unterliegt. Insofern handelt es sich um einen Beherrschungsvertrag nach §§ 308 ff. AktG. Dem öffentlichen Charakter der Landesbank und der Notwendigkeit demokratischer Einwirkung soll durch eine besondere Konstruktion Rechnung getragen werden: „Weisungen dürfen an die LBB nur erteilt werden, wenn ein Aufsichtsratsausschuss der BBG (Bankgesellschaft) dem einstimmig zugestimmt hat. Der Aufsichtsratsausschuss muss so zusammengesetzt sein, dass die entsandten Aufsichtsratsmitglieder des Landes Berlin in der Mehrheit sind.“[10] Allerdings „kann bei Versagen der Zustimmung des Aufsichtsrats[11] der LBB bei zustimmungspflichtigen Geschäften[12] die Weisung durch die BBG wiederholt werden, ohne dass dann der Aufsichtsrat der LBB noch einmal gehört werden müsste.“[13]

4. Zwischen dem Land Berlin und der Bankgesellschaft besteht ein „Interessenwahrungsvertrag“. In ihm räumt das Land Berlin der Bankgesellschaft entscheidenden Einfluss bei der Bestellung des Aufsichtsrats der Landesbank ein. „Nach § 9 Abs. 1 LBankG Bln. besteht der Aufsichtsrat der LBB aus 21 Mitgliedern, wovon 14 durch die Gewährträgerversammlung auf Vorschlag des Senats von Berlin zu bestellen sind. Auf einen Teil dieser Mitglieder beziehen sich § 1 Abs. 1 - 4 des Vertrages.[14] Danach soll sich das Land Berlin bei mindestens der Hälfte der gesetzlichen Zahl der Aufsichtsratsmitglieder von den Vorschlägen der BBG leiten lassen. Die BBG schlägt für jeden der Plätze mindestens drei Personen vor, von denen dann jeweils eine durch die Gewährträgerversammlung zu bestellen ist.“[15] „Wenn die BBG eines dieser Aufsichtsratsmitglieder der LBB abzuberufen wünscht, ist das Land Berlin bei Zustimmung des oben näher beschriebenen Aufsichtsratsausschusses der BBG verpflichtet, diesem Wunsch über die Gewährträgerversammlung Rechnung zu tragen.“[16]

5. Dass so eine handlungsfähige und verantwortliche Unternehmensführung ebenso wenig ermöglicht werden konnte wie eine demokratische Kontrolle und ein wirtschaftliches „Controlling“, liegt auf der Hand. Diese Konstruktion aber als das Werk „geistig Gestörter“[17] zu bezeichnen, verkennt schlicht, wie gezielt hier organisierte Verantwortungslosigkeit ins Werk gesetzt wurde. Wenig Realitätsnähe zeigt auch die Hoffnung, durch „Treuepflicht“ könnten einander widersprechende Interessen behoben werden: „Der private Dritte wird allein auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein und seine atypisch eingeräumten Steuerungsinstrumente im Handelsgewerbe der öffentlich-rechtlichen Anstalt diesem Ziel unterordnen. Die öffentlich-rechtliche Anstalt hingegen hat vorrangig die öffentlichen Aufgaben zu erfüllen; die Gewinnerzielung kommt nur als Nebenziel in Betracht.“[18]

IV.

Immobiliengeschäfte

„Die Bankgesellschaft Berlin AG (BGB), Landebank Berlin - Girozentrale (LBB), Berlin-Hannoversche Hypothekenbank AG (BerlinHyp) hatte im Jahr 1991 begonnen, geschlossenen Immobilienfonds aufzulegen. ... Durch diverse Garantien für die Anleger (u. a. Mietgarantie, Höchstpreisgarantie, Andienungsgarantie)“ gelang es, „bis zum Jahr 2000 zum Marktführer für geschlossenen Immobilienfonds mit einem Anteil von fast 20 % zu werden. Dabei waren die Gesellschaften des Bankkonzerns auf fast jeder Stufe der Wertschöpfungskette beteiligt.“

So formuliert, wer sich einer wirtschaftlichen Großtat zu rühmen hat, sollte man meinen. Nein, so beginnt die Vorlage zur Beschlussfassung, mit der dem Land Berlin 3,73 Mrd. € zur „Abdeckung von Risiken aus dem Immobiliengeschäft“ aufgebürdet werden sollen. Inzwischen ist von 21,6 Mrd. die Rede. Manche meinen, auch dass wir nicht ausreichen.

Nicht nur fehlendes Controlling und eine viel länger als anderswo anhaltende Fehleinschätzung des Grundstückmarkts, wie in der Vorlage angesprochen, haben die tiefe Krise der Bankgesellschaft verursacht. Entscheidend war die Anlage der Geschäfte selbst, waren die „diversen Garantien“ die genutzt wurden, um durch unlauteren Wettbewerb Marktanteile, Provisionen und Tantiemen einzuheimsen.

Die Menschen, die sich an den geschlossenen Immobilienfonds beteiligt haben, verfügen über überdurchschnittliche Einkommen und Vermögen. Sie von den Risken ihrer Geldanlage zu entlasten kann kaum als sozialstaatliche Maßnahme verstanden werden. Die Anleger werden vielmehr zu fragen sein, ob sie bei der Überwindung der Krise mitwirken wollen, ob sie bereit sind auf Garantien und Einlagen teilweise zu verzichten, um den Verlust des Ganzen abzuwenden.

V.

Zusätzliche Geschäftsrisiken

Wer die Bankgesellschaft retten und realistische Vorschläge dafür unterbreiten will, muss auch die anderen Risiken aus den Geschäften des Bankenkonzerns einbeziehen. Gegenüber der Europäischen Kommission war jedenfalls darauf hingewiesen worden, dass „ nach den erheblichen Verlusten der BGB an Reputation in den vergangenen Monaten das verlorene Vertrauen der Kunden ebenso wie der Finanz- und Kapitalmärkte wiederhergestellt werden müsse.“[19]

Zudem ist festgestellt worden: „Gemäß eigenen Informationen der Kommission wird BGB (Irland) als Vehikel zur Aufnahme internationalen Kapitals für den Konzern benutzt.“[20] Dabei sollen Verpflichtungen in Milliardenhöhe entstanden sein.

Wenn nicht alle Verpflichtungen und Risiken der Bankgesellschaft in die Überlegungen einbezogen werden, kommt der Verdacht auf, dass mit der jetzt geforderten „Abschirmung“ die Zukunft der Bankgesellschaft keineswegs gesichert ist und dass das Land Berlin demnächst für andere Risiken in Anspruch genommen werden soll.

VI.

Haftung und Belastungen des Landes Berlin

Im Gesetzentwurf und in der politischen Diskussion wird immer wieder behauptet, dass die finanziellen Lasten noch erheblich größer würden, wenn die vorgeschlagene „Abschirmung“ nicht vorgenommen werde. Vielfach ist die Rede von 21,6 Mrd. €. „In der Detailvereinbarung mit der Bankgesellschaft zur Risikoabschirmung fand sich sogar die Zahl von 35,52 Milliarden Euro.“[21] Spezifizierte und quantifizierte Angaben werden dazu aber nicht gemacht. Es muss darauf bestanden werden, dass im einzelnen dargelegt wird, aus welchen Vertragsbeziehungen welches Unternehmen in welcher Höhe in Anspruch genommen werden kann und aus welchem Rechtsgrund und in welcher Höhe das Land Berlin ohnehin aufkommen müsste.

Andererseits lässt sich aus dem Umfang der beabsichtigten Abschirmung schließen, dass ohne die Erteilung der aufgezählten Garantien das Land Berlin für die gerannten Forderungen nicht haftet, es also die entsprechenden Belastungen nicht zu tragen hat. Zur jetzigen Haftungssituation und möglichen Belastungen bei einer Nichtabschirmung kann unter dem Vorbehalt unzureichender Informationen im übrigen auf Folgendes hingewiesen werden.

1. Eine Gewährträgerhaftung des Landes Berlin besteht allein für die Landesbank Berlin und für ihre beiden Abteilungen, die Sparkasse und die Investitionsbank. Aus einer etwa bestehenden Anstaltslast können Dritte jedoch keine unmittelbaren Ansprüche herleiten.

2. Gegenüber Verbindlichkeiten der Bankgesellschaft besteht keine Gewährträgerhaftung. Insoweit haftet das Land Berlin grundsätzlich nur mit seinem Eigenkapitalanteil. Unter diesem Gesichtspunkt war es ein schwerer Fehler, dass ihr - offensichtlich ohne vorherige ausreichende Prüfung - aus Steuermitteln 1,55 Mrd. € zusätzliches Eigenkapital zugeführt wurden. Das gilt umso mehr, als sich die anderen Miteigentümer weigerten, ihren Kapitalanteil aufzustocken. Es kann aber grundsätzlich nicht sinnvoll sein - wie bei der Garski-Affäre, aber in zwanzigfacher Höhe - schlechtem Geld noch gutes hinterher zu werfen.

3. Dass die Erklärung des Landes Berlin vom 9. Dezember 1993 gegenüber dem Einlagensicherungsfonds eine aktuell bestehende Haftung diesem gegenüber begründet hat, erscheint außerordentlich zweifelhaft. Es liegt nahe, dass es sich hier nur um eine „weiche Patronatserklärung“[22] handelte, die Rechtspflichten nicht auslöste. Eine wirksame „harte Patronatserklärung“, die zur Wirksamkeit der vertraglichen Ausgestaltung bedürfte[23], wäre wegen Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 1 VvB unwirksam, da es offenbar an der insoweit unabdingbaren gesetzlichen Grundlage fehlte.

4. Eine mittelbare Gewährträgerhaftung für Unternehmen, mit denen eine öffentlich-rechtliche Anstalt in einem Konzern verbunden ist, gibt es im geltenden Recht nicht. Kryptisch und einer juristischen Bewertung nicht recht zugänglich ist der Hinweis in der Presse: „Das Beziehungsgeflecht zwischen Bankgesellschaft und Landesbank ist außerordentlich eng. Die Landesbank muss nach den bestehenden Verträgen auf vielfältige Weise für Verpflichtungen der Bankgesellschaft gerade stehen.[24]“ Das Gleiche gilt für die Behauptung: „Zur Verflechtung gehört weiter, dass die Landesbank für das Gesamtvolumen des Konzerns in Haftung ist, weil der Konzern die besseren Refinanzierungskonditionen ... in einer rechtlichen Konstruktion auf die gesamte Bankgesellschaft ausgedehnt hat.“[25] Auch eine auf Aktienrecht beruhende gewährträgerähnliche Haftung ist nicht ersichtlich.

5. Soweit die LBB der Bankgesellschaft und deren sowie gemeinsamen „Töchtern“ Kredite ausgereicht hat, besteht das Risiko dass diese uneinbringlich sind. Insoweit würde die LBB erhebliche Verluste erleiden. Es ist aber nicht ersichtlich, wie diese Verluste durch das vorgeschlagene Gesetz vom Land Berlin abgewendet werden könnten.

6. Soweit bei einer Auflösung der stillen Gesellschaft zwischen LBB und Bankgesellschaft letztere einen Anspruch auf Rückzahlung ihrer stillen Einlage hat und diese nicht unmittelbar an das Land Berlin zurückzuzahlen ist, könnte die LGG jedenfalls mit offenen und fällig gestellten Kreditforderungen gegen die Bankgesellschaft aufrechnen. Das muss indes rechtzeitig erfolgen und ist daher unmittelbar mit der Kündigung der Konzernierungsverträge zu erklären.

7. Dass die LBB für Verbindlichkeiten ihrer „Tochter“ IBG Bürgschaften, Patronats- oder sonstige Garantieerklärungen abgegeben hat, für die das Land Berlin im Rahmen seiner Gewährträgerhaftung aufkommen müsste, ist bisher nicht behauptet worden und auch sonst nicht ersichtlich. Das Gleiche gilt für Verbindlichkeiten der „Töchter“ der Bankgesellschaft IBAG und LPFV. Dem ganz allgemeinen Hinweis auf das Bestehen „einer Reihe harter Patronatserklärungen gegenüber dem Immobilienbereich der Bankgesellschaft“[26] fehlen Angaben darüber, wer diese wem gegenüber, in welchem Zusammenhang und mit welchem Inhalt abgegeben hat. Ohne nähere Angaben kann das daher nicht geprüft werden.

8. Ob, in welcher Höhe und für welche Projekte die LBB realistischen Ansprüchen von Anlegern aus Prospekthaftung ausgesetzt sein kann, ist ebenfalls unklar. Aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich dazu jedenfalls nichts. Aus einer eine solchen Haftung scheiden ohne weiteres die Verträge zwischen den Fondsbetreibern und Anlegern aus, die wegen Sittenwidrigkeit zu Lasten der LBB oder der Bankgesellschaft nichtig sind. Im übrigen ist nicht bekannt, dass die LBB selbst Fonds aufgelegt und Prospekte herausgegeben hätte, also Prospektverantwortliche gewesen wäre.[27] In Betracht käme daher allenfalls eine Prospekthaftung im weiteren Sinne.[28] Machen Fondsanleger eine solche Haftung geltend, sind sie auf den publizitätsträchtigen Rechtsweg zu verweisen. Die entsprechenden Abwehrstrategien sind zentral zu koordinieren.

VII.

Regressansprüche

Die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Garantien hätten zur Folge, dass in formaler Hinsicht weder der Bankgesellschaft und der Landesbank noch deren „Töchtern“ und den vielfältigen Immobilienfonds durch das unverantwortliche und häufig rechtswidrige Verhalten von Vorständen und Aufsichtsratsmitgliedern Schäden entstanden wären. Dementsprechend würden etwaige Schadensersatzansprüche schon mangels Schadens nicht bestehen. Die eigentlich Verantwortlichen für die jetzige Situation könnten nicht in Regress genommen werden. Das kann nicht der Sinn staatlicher Aufwendungen sein.

VIII.

Europäische Dimension

In dem Gesetzentwurf ist die europäische Dimension der geplanten Maßnahmen völlig ausgeblendet, obwohl sie von immenser handlungsleitender Bedeutung ist. Das Europarecht spielt in zweierlei Hinsicht für den Gesetzgebungsgegenstand eine zentrale Rolle.

1. Spätestens seit der Beschwerde der Bankenvertretung der EU bei der Europäischen Kommission gegen die Verletzung der Art. 87 Abs. 1 und 88 Abs. 3 des EG-Vertrags durch die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung im Bereich von Sparkassen und Landesbanken, kann sich niemand mehr vor der Thematik wegducken.

Die privaten Banken haben vorgebracht, dass insbesondere in der Gewährträgerhaftung ein Verstoß gegen das Verbot nicht zugelassener Beihilfen (Subventionen) liege. Da spielt eine ganze Menge Ideologie mit, insbesondere wenn berücksichtigt wird, dass Art. 295 EGV ausdrücklich das Fortbestehen unterschiedlicher Eigentumsordnungen, und damit auch unterschiedlicher Eigentumsformen, in den Mitgliedsländern gewährleistet. Zudem erkennt der durch den Amsterdamer Vertrag in den EGV aufgenommen Art. 16 die besondere Bedeutung an, die „Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ (Daseinsvorsorge) haben. Allerdings haben die öffentlichen Kreditinstitute Ansatzpunkte zur Kritik frei Haus geliefert. Statt sich auf ihre öffentlichen Aufgaben zu konzentrieren, haben die großen unter ihnen die Rolle von global agierenden Großbanken angestrebt. Das gilt zum einen für die WestLB und zum anderen für die Berliner Bankgesellschaft - diese allerdings mit dem bekannt geringen Erfolg.

Wie in dem Streit um die europarechtliche Zulässigkeit von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast „richtig“ zu entscheiden wäre, bedarf keiner Klärung mehr: Am 27. Juli 2001 haben sich Bundesregierung, Ländervertreter und Sparkassen- und Giroverband mit der Europäischen Kommission dahingehend geeinigt, dass bis spätestens zum 18. Juli 2005 die Gewährträgerhaftung abgeschafft und die Anstaltslast durch ein privatrechtliches Beteiligungsverhältnis ersetzt wird. Im übrigen soll die öffentliche Trägerschaft von Sparkassen und Landesbanken unangetastet bleiben. Die entsprechenden landesgesetzlichen Maßnahmen hätten schon bis Ende 2001 eingeleitet werden müssen. Sie müssen bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Am 04. März 2002 wurde eine vergleichbare Absprache hinsichtlich der öffentlichen Förderbanken getroffen. Das würde in Berlin die Investitionsbank betreffen.

Beide Vereinbarungen erfordern dringend eine Neuregelung eines wieder verselbständigten Sparkassen- bzw. Landesbanksektors in Berlin: Die Sparkasse ist aus dem Konzern der Landesbank herauszulösen. Wenn das im Hinblick auf etwaige Maßnahmen der BAKred kurzfristig geschehen muss, empfiehlt sich eine außerordentliche Kündigung sowohl des „Vertrages über eine stille Gesellschaft zur Begründung einer einheitlichen Leitung" als auch des „Interessenwahrungsvertrages“. Das Verhalten der Bankgesellschaft als „Mutter“ hat dazu hinreichend Anlass und Gründe gegeben. Gegenüber einem etwaigen Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlage ist mit Darlehensrückzahlungsansprüchen aufzurechnen.

Ferner muss die Investitionsbank aus der Landesbank ausgegliedert, müssen die unterschiedlichen Aufgaben klar voneinander abgegrenzt werden, wobei die Investitionsbank zu einer umfassenden Förderbank auszuweiten ist.

2. Auch die Stützungsmaßnahmen für den Konzern der Berliner Bankgesellschaft selbst werden von der Europäischen Kommission als Beihilfen gewertet, über deren Zulässigkeit sie entsprechend dem Artikel 88 EGV zu entscheiden hat.

Der Berliner Senat hatte entgegen Art. 88 Abs. 3 EGV weder die damalige Zusage gegenüber der BAKred, eine Kapitalerhöhung bei der Bankgesellschaft vornehmen zu wollen, noch diese selbst bei der Europäischen Kommission angemeldet. Die Kommission hat in ihrem Schreiben an den Außenminister vom 25. 07. 2001 festgestellt: „Im März 2001 erfuhr die Europäische Kommission aus den Medien über finanzielle Schwierigkeiten bei der Bankgesellschaft Berlin (BGB) und von den Plänen des Landes, neues Kapital zuzuführen“[29] Das war hinsichtlich der Form des Vorgehens eine schallende Ohrfeige für den Senat.

Zum Verfahren stellte die Kommission sodann fest: „Die Garantie war ohne vorherige Notifizierung an die Kommission gemäß Art. 88 Abs. 3 EG-Vertrag erfolgt. Die Kommission stellt fest, dass Deutschland seine Notifizierungspflicht nicht erfüllt hat.“[30]

In der Sache hat sie entschieden, „dass die Garantie und die Kapitalszuführung eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikel 87 Absatz 1 EG Vertrag darstellen.“[31] „Keine der Ausnahmebestimmungen des Art. 87 Abs. 2 EG-Vertrag ist in der vorliegenden Situation anwendbar.“[32] „Gleichfalls ist keine der Ausnahmebestimmungen des Artikels 87 Abs. 3 Ziffer a, b, d, und e EG-Vertrag anwendbar“[33] Letztlich hat die Kommission Garantieerklärung und Kapitalerhöhung als „Rettungsbeihilfe“ gebilligt: „Die Rettungsbeihilfe wird gewährt im Hinblick auf schwerwiegende soziale Schwierigkeiten, da 17.000 Arbeitsplätze im Falle von Bankrott oder Liquidation betroffen wären. ... Die Rettungsbeihilfe wird begleitet von einer Verpflichtung Ihrer Behörden, der Kommission innerhalb von 6 Monaten ab Zustellung der Entscheidung über die Genehmigung der Rettungsbeihilfe einen vollständigen Umstrukturierungsplan, Liquidationsplan oder Beweis, dass die Kapitalzurührung rückgängig gemacht wurde bzw. ... dass die Garantie beendet worden ist ... und jegliches Beihilfeelement, das damit verbunden ist, zurückgezahlt worden ist, zukommen zu lassen.“[34]

Im übrigen hat die Kommission noch festgestellt: „Im Fall der BGB gibt es weder Anhaltspunkte noch machen Ihre Behörden geltend, dass die BGB Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (Daseinsvorsorge) erbringt.“[35] Ferner wird „darauf aufmerksam gemacht, dass jegliche weitere direkte oder indirekte Maßnahmen zur Unterstützung durch öffentliche Stellen, die über dieses Niveau (das der Kapitalserhöhung) hinausgeht, von dieser Entscheidung nicht gedeckt ist“ ... und „dass die Kapitalzuführung als Rettungsbeihilfe für nicht mehr als 6 Monate gewährt wird.“[36]

Inzwischen hat der Senat der Kommission offensichtlich seinen „Umstrukturierungsplan“ vorgelegt, der dem Gesetzentwurf zugrunde liegt. Die Kommission hat diesen Plan nicht gebilligt, sondern wird am 09. April 2002 das förmliche Beihilfe-Verfahren nach Artikel 86 Abs. 2 EG-Vertrag einleiten,[37] um die Entscheidung herbeizuführen, „dass der betreffende Staat sie (die Beihilfe) binnen einer bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat.“

Aufgrund des nunmehr eingeschlagenen Verfahrens ist damit zu rechnen, dass die Kommission die Beihilfe insgesamt für unzulässig erklären wird. Auch nach den bisherigen Entscheidungen des EuGH, etwa zum Fall der „Neuen Max-Hütte“ kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass die beabsichtigten Abschirmungsmaßnahmen unzulässige Beihilfen darstellen.[38] Solange das Verfahren vor der Kommission noch schwebt, sind entsprechende Erklärungen wohl nicht gemäß Art. 134 BGB unwirksam. „Erst nach einer Aufhebung oder Umgestaltung gemäß Art. 88 Abs. 2 EGV sind Rückforderungsansprüche bei erfolgter Zahlung zu gewärtigen.“[39]

VIII.

Perspektive Berlin-Brandenburg

Bei den Diskussionen über die Zukunft der Bankgesellschaft wird zumeist völlig außer acht gelassen, dass allgemein die Vereinigung der Länder Berlin und Brandenburg zu einem einheitlichen Land angestrebt wird. In diesem Zusammenhang wäre es unverantwortlich, den Landeshaushalt entsprechend der Gesetzesinitiative mit den Risiken der verfehlten Geschäftspolitik der Bankgesellschaft zu belasten und als Mitgift in die Länderehe einzubringen.

Darüber hinaus müssen weitergehende strukturelle Gesichtspunkte berücksichtigt werden: Das Land Brandenburg hat als Flächenstaat in beachtlichem Umfang Sparkassen, wobei die Funktion der Landesbank - Girozentrale gegenwärtig noch von der WestLB wahrgenommen wird. Im Hinblick auf das absehbare Ende der WestLB als Teil der Sparkassenorganisationen stellt sich die Frage, ob das Land Brandenburg eine eigene Landesbank errichtet oder sich der Landesbank eines anderen Landes anschließt.

Bei dieser Sachlage erscheint es sachgerecht, dass aus dem Prozess der Entflechtung der Bankgesellschaft heraus auch eine Trennung zwischen Landesbank - Girozentrale und Berliner Sparkasse vorgenommen wird. In jedem Fall wird so der Ansatz für eine gemeinsame Landesbank geschaffen.

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Anmerkungen :

[1] Dort heißt es: „Ist sonach die freiheitssichernde Funktion der Errichtung einer rechtsfähigen Anstalt schon nur für den Preis einer eingeschränkten parlamentarischen Kontrolle zu haben, geht es nicht an, eine solcherart mit Autonomie ausgestattete Verwaltungseinheit durch Einbindung in einen Konzern i. S. d. § 13 S. 1 AktG privater Fremdsteuerung auszusetzen.. ... Einer konzernmäßigen Einbindung der (LBB) stand auch ihre öffentlich-rechtliche Aufgabestellung entgegen. Nach § 3 Abs. 1 LBB-Gesetz hat die (LBB) durch ihre Geschäftstätigkeit den Gewährträger, nach § 5 Abs. 1 LBB-Gesetz das Land Berlin, in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben unter Berücksichtigung sozialer, ökologischer und strukturpolitischer Grundsätze zu unterstützen. ... Muss die (LBB) bei allen ihren geschäftlichen Aktivitäten ihre öffentlich-rechtlichen Vorgaben beachten, so bleibt kein Raum, in dem eine privatrechtliche Fremdsteuerung aufgabenunschädlich wäre.“ (142)

[2] Urteil vom 21. 10. 1999 (DVBl. 2000, 51)

[3] „... gründete eine eigene Firma (Momper-Projektentwicklungs-GmbH), mit der er seither ‚mit kleinem Stab Villen in Havelnähe, marktgerechte Umwidmung alter Kasernen, neue Siedlungen in der brandenburgischen Prärie‘ plante, wie DER SPIEGEL (25.1.1999) schrieb.“ (Munzinger Archiv)

[4] „Und dass unter seiner Federführung der über die Parteigrenzen hinaus vielfach geschmähte und heftig in Frage gestellte Verkauf eines 60.000 m² großen Areal auf dem Potsdamer Platz für 92 Mio. DM an die Daimler Benz AG besiegelt wurde, kostete ihn viele Sympathien.“ (Munzinger-Archiv)

[5] „Nach dem Fall der Mauer träumte der damalige Bausenator Nagel von 50.000 Wohnungen in der Wasserstadt Spandau. Heute ist sie eines der Milliardenrisiken der Bankgesellschaft Berlin.“ (taz, 15. März 2002)

[6] „Zu den größten politischen Erfolgen St.s werden vor allem die Rechtsformumwandlung der Eigenbetriebe gezählt sowie die Bankenfusion von Landesbank Berlin, Berliner Bank und Berliner Hypobank zur Bankgesellschaft Berlin‘“ (Munzinger-Archiv)

[7] „1988 wurde er bei der Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank Vorsitzender des Vorstands und später Vorstandssprecher der Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank AG.“ (Munzinger-Archiv)

[8] später Landesschatzmeister der Berliner CDU

[9] später herausragender Bankkunde

[10] Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als Konzernunternehmen (2001), S. 92

[11] bei der LBB heißt das Aufsichtsgremium nicht, wie sonst üblich, „Verwaltungsrat“, sondern „Aufsichtsrat“

[12] für besonders bedeutende Geschäfte bedarf der Vorstand der Zustimmung des Aufsichtsrats

[13] Fett, a.a.O., S. 93

[14] § 1 des Vertrages ist mit „Stimmbindung des Landes Berlin“ überschreiben. (Fett, S. 93, Fußn. 15)

[15] Fett, a.a.O., S. 93

[16] a.a.O., S. 94

[17] so Finanzsenator Sarrazin nach der Ausarbeitung von Hans-Georg Lorenz (MdA) und Gerlinde Schermer, „Wer ist schuld an der Bankenkrise?“, S. 2

[18] Fett, a.a.O., S. 87

[19] Schreiben an den Bundesaußenminister - SG (2001) D/290571 - vom 25. 07. 2001, S. 6. In einer Fußnote wird auf „vertrauliche Angaben zu den genaueren Schwierigkeiten der BGB“ hingewiesen.

[20] a.a.O., S. 2

[21] Der Tagessspiegel vom 07.04.02

[22] Merkel in: Schimansky/Bunter/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, (2001) Bd. II, § 98 Rnr. 36 ff..

[23] a.a.O., § 98 Rnr. 16

[24] Der Tagessspiegel vom 07.04.02

[25] so der PDS-Fraktionsvorsitzende Harald Wolf in ND vom 22. März 2002

[26] so aber Harald Wolf a.a.O.

[27] vgl. Siol in: Schimansky/Bunter/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, (2001) Bd. I, § 45 Rnr. 32

[28] vgl. Siol, a.a.O., § 45 Rnr. 40 ff.

[29] Schreiben an den Bundesaußenminister - SG (2001) D/290571 - vom 25. 07. 2001, S. 1

[30] a.a.O., S. 8 f.

[31] a.a.O., S. 10

[32] a.a.O.

[33] a.a.O.

[34] a.a.O., S. 12

[35] a.a.O., S. 14

[36] a.a.O., S. 15

[37] dpa-Meldung vom 04. April 2002

[38] vgl. Merkel a.a.O., § 98 Rnr. 34

[39] a.a.O. Rnr. 35