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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 14.07.2005

Grünes Licht für Sparkassenfusion

Kreistag stimmt mit großer Mehrheit zu - Auch die Zusatzerklärung zum Vertrag findet eine breite Zustimmung

LAUTERBACH (rwh). Grünes Licht für die Sparkassenfusion. Mit großer Mehrheit stimmte der Kreistag gestern dem Zusammengehen der heimischen mit der Wetterauer Sparkasse zur „Sparkasse Oberhessen" ab l. Januar 2006 zu. Ebenfalls mehrheitlich wurde eine Erklärung verabschiedet, die Forderungen an die künftigen Sparkassengremien enthält. Trotz deutlicher Mehrheit bei der Abstimmung: vor überfüllten Zuschauerbänken, auf denen vor allem Mitarbeiter der Sparkasse die Sitzung verfolgten, verlief die rund zweistündige Debatte kontrovers, phasenweise auch polemisch.

Mit der breiten Zustimmung zum Fusionsvertrag erfüllte der Kreistag eine Bitte von Landral Rudolf Marx. Der hatte zu Beginn der Diskussion für eine „eindeutige Entscheidung" geworben. Marx machte deutlich, dass „Vorstand und Aufsichtsrat die Fusion wollen, um die Zukunft in der Region zu gestalten".

Die Sparkasse Vogelsberg habe „nie zu den stärksten in Hessen" gezählt, sie sei allerdings auch kein Sanierungsfall und „schon gar nicht in Schieflage" stellte Marx als Aufsichtsratsvorsitzender fest. Nachdem die Sparkassenaufsicht dem Institut geraten habe, „sich einen Partner zu suchen", hätten sich Aufsichtsrat und Vorstand als „nicht beratungsresistent" erwiesen. In der Folge seien die Sparkassen Vogelsberg und Wetterau „aufeinander zugegangen".

Von einer „Weichenstellung" in einer „der wichtigsten Entscheidungen der letzten Jahre" sprach CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Hans Heuser. Auch Heuser sieht in der Fusion die Garantie für eine sichere Zukunft, zog zugleich aber auch historische Parallelen, um das Zusammengehen zu begründen. Die Fusion sei „ein weiterer Schritt in Richtung Provinz Oberhessen, die ja bis 1945 bestand". Die Sparkasse Wetterau sei schon heute „eine der bestaufgestellten Sparkassen in Hessen", durch den Zusammenschluss werde das neue Institut noch stärker.

Namens der drei Koalitionsfraktionen begründete Heuser auch eine „Erklärung". Gefordert wird darin vor allem eine sachgerechte Ausstattung der Hauptniederlassungen Alsfeld, Lauterbach und Nidda, eine ausgewogene Personalpolitik, keine vertragsbedingten Kündigungen und der Erhalt des Filialnetzes in angemessenem Umfang. Anders als noch vor Wochenfrist in den Ausschussberatungen forderte die Koalition jetzt nicht mehr, dass diese Erklärung fester Bestandteil des Fusionsvertrages werden müsse. Wie Heuser erklärte, versteht sie sich als „Auftrag an Aufsichtsrat, Vorstand und alle Vertreter in den künftigen Gremien der Sparkasse, Vogelsberger Belange stärker zu beachten".

Dass diese Erklärung noch vor Wochenfrist unterschiedlich von den einzelnen Koalitionspartner interpretiert worden war, veranlasste SPD-Fraktionschef Karl Heinz Krug zu seiner Feststellung, Landrat Marx sei „auf dem Weg zur Fusion das Vertrauen der Koalition verloren gegangen". In dem Papier sah Krug ein „klares Misstrauenvotum" der Koalition für Marx. Auch vor diesem Hintergrund sehe sich die SPD in der Verantwortung, sie habe „ein Interesse an einer starken Sparkasse". Von einer gemeinsamen Sparkasse erwartet Krug „eine Absicherung der derzeitigen Beschäftigungsverhältnisse", wenn gleich festgestellt werden müsse, „dass der Personalabbau ja jetzt schon läuft" und man, mit oder ohne Fusion „an einer solchen Entwicklung nicht vorbeikommt". Von allen denkbaren Szenarien sei das Zusammengehen mit der Wetterau für die Vogelsberger Sparkasse „das beste". Die Fusion sei „der sicher Heimathafen für die Vogelsberger Sparkasse", meinte Krug.

Als „Chance" bezeichnete auch sein Fraktionskollege Manfred Görig die Fusion. Zugleich mahnte er, die Ängste der Arbeitnehmer ernst zu nehmen. Der Beschluss über die Fusion sei lediglich der erste Schritt, ihre Ausgestaltung eine Aufgabe der Führungsgremien, bei der die Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt werden müssten.

Unterschiedliche Positionen zur Fusion äußerten die Vertreter der beiden kleineren Koalitionsfraktionen. Dr. Bernd Stumpf (FDP), der die Enthaltung seiner Fraktion begründete, nannte die Fusion „grundsätzlich richtig", allerdings erfülle der Fusionsvertrag die Erwartungen nicht. Vor allem die Vorgehensweise hielt Stumpf, der von einem „schlechten Management der Fusionsverhandlungen" sprach, für „kritikwiirdig". Der Fusionsvertrag schüre Misstrauen, weil er beispielsweise bei betriebsbedingten Kündigungen nur „vage Andeutungen" mache und sich vor konkreten Aussagen drücke. Mit dem Vertrag würde der Kreistag „überrumpelt" und ..entmündigt".

„Beklagenswert" fand auch auch Friedel Kopp (F'WG) die Verfahrensweise. Er kritisierte mit Blick auf die Abläufe, „dass die politischen Meinungsträger im Vogelsbergkreis keine Chance hatten, auf den Fusionsvertrag Einfluss zu nehmen". Die FWG stimme der Fusion dennoch zu, weil sie die Grundsatzentscheidung für notwendig und die Vorbehalte für unbegründet halte.

Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen mit einem Antrag, der sich inhaltlich stark an der von der Koalition eingebrachten Erklärung orientierte. Die Grünen-Sprecher Dr. Erik Siefart und Cornelia Bothe beantragten allerdings, diese Forderungen zum Bestandteil des Fusionsvertrages zu machen. „Wenn, wie vom Wetterauer Landrat festgestellt, seriös verhandelt wurde, dann lassen sich diese Forderungen auch seriös festschreiben", begründete Cornelia Bothe ihren Antrag, der von der Kreistagsmehrheit aber abgelehnt wurde. Im Gegenzug lehnten die Grünen dann die Fusion ab.

Zu den Zuschauern, die die Debatte verfolgten, gehörte auch der Vorstand der Sparkasse Vogelsbergkreis, für den Vorstandsvorsitzender Gerold Beckmann nach der Abstimmung feststellte: „Das war der erste von zwei notwendigen Schritten in die richtige Richtung und der Beginn einer strategischen Neuorientierung". Der Kreistag des Wetteraukreises wird heute in einer Woche über die Fusion entscheiden.