Auszug aus dem
"Spiegel" Nr.33 vom 11.08.2008, Seiten 30 - 32
Deutschland
SPIEGEL-STREITGESPRÄCH
„Einspruch!" - „Abgelehnt"
Der SPD-Europa-Parlamentarier Martin
Schulz, 52, und der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, 59,
über das Demokratiedefizit der Europäischen Union, die
Entmachtung des Bundesverfassungsgerichts und die Erfolgsaussichten von
Klagen gegen den EU-Vertrag von Lissabon
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Kontrahenten Schulz, Gauweiler: „Ihr
Glaube ist wunderbar' (Bild)
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SPIEGEL: Herr Gamveiler, der
Lissaboner Reformvertrag droht zu scheitern, nachdem die Iren nein
gesagt haben und jetzt auch der polnische Präsident nicht
unterschreiben will. Freut Sie das?
Gauweiler: Ja, auch. Dieser Vertrag überschreitet die
verfassungsrechtliche Grenze für die Übertragung von
Hoheitsrechten. Er hat die Aufgabe der souveränen Staatlichkeit
zur Folge und sieht den absoluten Vorrang des EU-Rechts vor.
Außerdem bedeutet er eine Verschiebung der Macht zwischen
Bundesregierung und Bundestag und schränkt unseren
Grundrechtsschutz wesentlich ein. Das kann nicht gutgehen.
SPIEGEL: Herr Schulz, ist Herr Gauweiler mit seinen Ansichten Europas
Staatsfeirid Nummer eins?
Schulz: Nein, er ist weitgehend isoliert, auch in seiner eigenen
politischen Familie. Die Europäische Union ist kein Staat. Es sind
die souveränen Mitgliedstaaten, die die EU bilden. Diese sorgen
ganz im Gegenteil sehr konsequent dafür, dass ihre hoheitlichen
Rechte nicht durch Brüssel eingeschränkt werden.
SPIEGEL: Aber Herr Gauweiler könnte, wenn seine Klage beim
Verfassurtgsgericht Erfolg hat, zum Totengräber Europas werden,
jedenfalls des Europas, das Sie sich wünschen.
Schulz: Er wird damit in Karlsruhe scheitern, da bin ich ganz sicher.
Das Bundesverfassungsgericht hat in etlichen Punkten, die Herr
Gauweiier in diesem Prozess anführt, schon vor vielen Jahren
Urteile gefällt, die dem widersprechen, was er behauptet.
Gauweiler: Tatsache ist, dass es inzwischen fast flächendeckend
EU-Kompetenzen gibt, jetzt auch in dem unüberschaubaren Bereich
der Innen- und Rechtspolitik. Nach dem Lissabon-Vertrag ist die EU
faktisch ein Bundesstaat geworden mit allen Elementen der
Staatlichkeit. Und nun wird mit dem. Abkommen plötzlich auch noch
ein Unionsvolk konstituiert, das es so gar nicht gibt.
Schulz: Sie wollen die Europäische Union in ihrem heutigen Zustand
nicht. Ich will sie, weil ich sie für zwingend notwendig halte.
Und ich glaube, dass die Bundesregierung, auch die Mitglieder des
Bundestags, eigentlich für diese Union sein müssen, auch
für ihre Vertiefung, ohne die übrigens jede Erweiterung nicht
mehr handhabbar ist.
SPIEGEL: Was ist mit dem Vorwurf, es würde jetzt ein Unionsvolk
konstituiert?
Schulz: Es gibt keinerlei Absicht, ein Unionsvolk zu schaffen. Es geht
in den Verträgen nicht um ein Volk, sondern um den Verbund
mehrerer Völker, deren besondere verfassungsrechtliche und auch
kulturelle Voraussetzungen zu schützen sind, und zwar durch die
Europäische Union.
SPIEGEL: Immerhin steht irn derzeit gültigen EG-Vertrag, das
Europäische Parlament bestehe „aus Vertretern der Völker",
künftig soll es sich „aus Vertretern der Unionsbürgerinnen
und Unionsbürger" zusammensetzen.
Schulz: Das heißt aber nicht, dass damit ein Volk im
staatsrechtlichen Sinn geschaffen wird.
Gauweiler: Im Lissabon-Vertrag steht ex-pressis verbis, die
„Unionsbürgerschaft" trete nun „zur nationalen
Staatsangehörigkeit hinzu". Wenn Sie diesen radikalen
Integrationsweg weitergehen wollen, müssten Sie eine
verfassungsgebende Entscheidung eben dieses Unionsvolks
herbeiführen.
Schulz: Da bin ich anderer Meinung. Die Ratifikation eines solchen
Vertrags durch das Parlament ist nicht niederwertiger als eine
Volksabstimmung.
Gauweiler: Ihr Kollege, der EU-Parlamentarier Jo Leinen, hat zum
Lissabon-Vertrag gesagt, bei einer Volksabstimmung hätte er in
Deutschland auch mit einem Nein gerechnet. Aber es hilft doch nichts,
dass wir uns in Spekulationen ergehen. Wenn das Grundgesetz wirklich
durch eine andere Verfassung abgelöst werden soll, muss
darüber der Souverän - das ist nicht die politische Klasse,
sondern das Volk - entscheiden. Was aber jetzt passiert, ist mit dem
Grundgesetz nicht vereinbar. Wenn das Bundesverfassungsgericht Ihre
Meinung teilen würde, hätte es den Herrn
Bundespräsidenten nicht auffordern müssen, den Vertrag noch
nicht auszufertigen. Jenseits aller Kontroversen sollten Sie sich
darüber Gedanken machen.
Schulz: Zunächst gestatten Sie mir Kritik an Ihrem Vorgehen. Sie
stellen eine These auf und leiten Ihre weiteren Punkte aus dieser
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EU-Zentrale in Brüssel, britische EU-Gegner im Straßburger
Parlament: „So schön populistisch" (Bild)
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These ab. Das ist zulässig, aber wissenschaftlich nicht besonders
haltbar. Ihre These ist, es entsteht ein europäischer Bundesstaat,
oder es gibt ihn schon. Das ist falsch.
Gauweiler: Ich will einmal festhalten, wofür die EU nach Lissabon
zuständig ist. Das ist ja nicht nur der Gemeinsame Markt. Dazu
gehören entscheidende Bereiche der Wirtschafts- und die gesamte
Währungspolitik, die Gesundheits-, Industrie-, Regional-,
Bildungs- und Jugendpolitik. Außerdem der Verbraucherschutz und
Bereiche der Daseinsvorsorge, die Forschungs- und Technologiepolitik,
die Umwelt-, Energie-und Klimapolitik, die Asyl- und
Einwanderungspolitik, das Zivilprozessrecht, das Strafrecht, die
Terrorismusbekämpfung, die Innere Sicherheit und die Polizei. Und
darüber hinaus soll sich die EU mit Hilfe einer sogenannten
Flexibilitätsklausel ihre Kompetenzen auch noch selbst ausbauen
können.
SPIEGEL: Herr Schulz, was können die einzelnen Nationen denn
überhaupt noch selbst bestimmen? . .
Schulz: Zunächst muss man ja unterscheiden zwischen den
abschließenden Kompetenzen der EU und der Mitgliedstaaten und den
geteilten Kompetenzen, bei denen beide am Entscheidungsprozess
beteiligt sind. Der Lissaboner Vertrag lehnt sich stark an die
Föderalstruktur der Bundesrepublik Deutschland an. Viele
Kompetenzen, von denen Herr Gauweiler so tut, als seien sie von der
raffgierigen EU an sich gezogen worden, sind geteilte Kompetenzen.
SPIEGEL: Was also können die einzelnen Mitgliedstaaten noch selbst
entscheiden?
Schulz: Das kann ich aus dem Kopf nicht sagen.
SPIEGEL: Aber es wird den Mitgliedstaaten doch noch etwas Wichtiges
geblieben sein?
Gauweiler: Dasist die große Frage.
Schulz: Die Gesundheitspolitik ist zum Beispiel eine
ungeschmälerte Kompetenz der Mitgliedstaaten - und das hat er eben
so schön populistisch dazugepackt.
Gauweiler: Nein. Es gibt massive EU-Kompetenzen in Sachen Gesundheit.
Und mit Hilfe der Flexibilitätsklausel ließen sich diese
Kompetenzen ganz ohne Vertragsänderung erweitern.
Schulz: Natürlich überschneidet sich Gesundheitspolitik mit
anderen Dingen, etwa dem Verbraucherschutz.
SPIEGEL: Die EU regelt über diese geteilte Zuständigkeit
sogar den Zahnersatz.
Schulz: Und warum? Weil wir Gott sei Dank die Freizügigkeit und
die Niederlassungsfreiheit haben, was dazu führt, dass ein Mensch
auch gut versorgt ist, wenn er in einem anderen Land der
Europäischen Union arbeitet. Natürlich muss man in jedem
Einzeifall fragen, ist es nötig, die Kompetenz an Brüssel zu
übertragen? Da kann man dafür sein oder auch dagegen.
Gauweiler: Der frühere Verfassungsrichter und spätere
Bundespräsident Roman Herzog hat gesagt: Wenn dem Vertrag
zugestimmt wird, stellt sich die Frage, ob Deutschland nur noch
eingeschränkt als parlamentarische Demokratie zu bezeichnen sei.
Nach einer Datenbankabfrage des Bundesjustizministeriums sind in den
Jahren 1998 bis 2004 insgesamt 18167 EU-Verordnungen und 750
EU-Richtlinien erlassen und auf Bundesebene im selben Zeitraum 1195
Gesetze sowie 3055 Rechtsverordnungen verkündet worden.
Schulz: Das Bundesverfassungsgericht hat bereits verlangt, dass mit
solchen Kompetenzerweiterungen auch die demokratischen Grundlagen der
EU auszubauen sind. Das geschieht im Lissaboner Vertrag wie nie zuvor.
SPIEGEL: Reicht das Ihrer Meinung nach aus?
Schulz: Nein, natürlich nicht. Ich hätte mir deutlich mehr
gewünscht, zum Beispiel, dass auch das Parlament oder der Rat eine
Gesetzesinitiative ergreifen könnten. So kann das Parlament leider
nicht unmittelbar tätig werden, wenn ihm etwa - wie zuletzt - die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs möglicherweise
zu unsozial ist. Ich hatte mir auch eine klarere Wahl des
Kommissionspräsidenten gewünscht, ohne dass das Parlament an
den Vorschlag des Rates gebunden ist. Dennoch wird es eine
größere parlamentarische Legitimation geben, auch auf der
nationalen Ebene.
Gauweiler: Wir bekommen sowohl im Land weniger Demokratie als auch auf
europäischer Ebene. Die Verhältnisse zwischen Bundestag und
Bundesregierung werden faktisch gedreht. Roman Herzog hat dafür
den plastischen Begriff des Uber-die-Bande-Spielens geprägt. Wenn
die Bundesregierung etwa für die Abschaffung von Glühbirnen
im Parlament keine Mehrheit erhalten würde, macht sie halt
dasselbe via Brüsseler Rat als europäische Richtlinie. Dem
Bundestag bleibt dann nur, diese Richtlinie zu vollziehen.
Schulz: Einspruch!
Gauweiler: Einspruch abgelehnt. Das ist weniger Demokratie im eigenen
Land. Schulz: Das Über-die-Bande-Spielen ist kein Kriterium, das
man dem Lissaboner
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Karlsruher Verfassungsrichter: Strittige Abgrenzung der Kompetenzen
(Bild)
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Vertrag zurechnen darf. Herr Gauweiler erweckt ja den Eindruck, als
müsse ein Minister nur nach Brüssel reisen, dort ein bisschen
tricksen, und schon habe er den Wünschen des nationalen Parlaments
j einen Riegel vorgeschoben. So einfach lauft das nicht. Zugegeben -
dass die Regierung die Möglichkeit hat, dem nationalen Parlament
eine Entscheidung zu entziehen, verursacht ein Stück weit eine
Legitimitätskrise.
Gauweiler: „Ein Stück weit eine Legitimitätskrise" klingt gut.
Schulz: Geschenkt. Ich glaube, wir müssen uns darüber im
Klaren sein, dass Deutschland ein vitales Interesse an der Entwicklung
der Europäischen Union zu einer sozialen Rechtsgemeinschaft hat.
Wir erwirtschaften mehr als ein Drittel unseres Bruttosozialprodukts im
Export, 65 Prozent davon gehen in den europäischen Binnenmarkt.
Das heißt, die Ausgestaltung dieses Marktes ist für die
Bundesrepublik von zentraler Bedeutung, Und es ist klar, dass sich die
27 EU-Staaten insgesamt die Frage stellen müssen, ob sie und ihre
500 Millionen Einwohner auf Dauer den globalen ökonomischen,
ökologischen, technologischen und nebenbei auch finanzpolitischen
Notwendigkeiten gewachsen sind, wenn sie allein handeln.
SPIEGEL: Herr Gauweiler, gegen die Notwendigkeit zur wirtschaftlichen
Kooperation können Sie wohl kaum etwas sagen?
Gauweiler: Dazu brauchen wir keinen Lissabon-Vertrag. Das war die
grundlegende Entscheidung von 1957, die in der Entwicklung des
Gemeinsamen Marktes vielfältigste Ausgestaltungen erfahren hat.
Was jetzt geschieht, geht aber weit darüber hinaus. Durch den mit
Lissabon erstmals völkerrechtlich verbindlich gemachten absoluten
Vorrang des EU-Rechts geben wir etwas Entscheidendes auf. Wenn meine
Klage keinen Erfolg hat, kann in Zukunft jedes nationale Recht, selbst
der bisher unveränderliche Kern unserer Verfassung.
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* Dirk Kurbjuweit und Dietmar Hipp in München.(Bild)
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durch Brüssel oder durch die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs außer Kraft gesetzt werden. Es ist eigentlich
völlig rätselhaft, warum man das mitmacht.
Schulz: Ich glaube nicht, dass der Europäische Gerichtshof die
Rechtsprechung des deutschen Verfassungsgerichts in Frage stellen kann .
Gauweiler: Halleluja! Ihr Glaube ist wunderbar! Er stimmt nur nicht.
Schulz: ... er kann sich nur über einfaches nationales Recht
hinwegsetzen.
Gauweiler: Wenn das so wäre! Der EuGH setzt sich doch aber
ständig auch über nationales Verfassungsrecht hinweg!
Schulz: Nennen Sie mir einen Fall.
Gauweiler: Nehmen Sie die Entscheidung aus dem Jahr 2000. Danach
erklärte der EuGH, es könne schon sein, dass nach dem
deutschen Grundgesetz Frauen in der Bundeswehr keinen Dienst mit der
Waffe tun dürften, aber dies sei mit der
Gleichbehandlungsrichtlinie der EG nicht vereinbar und damit
ungültig.
Schulz: Was hat Karlsruhe dazu gesagt?
Gauweiler: Das Verfassungsgericht hat nichts dazu
gesagt, weil der Bundestag das Grundgesetz noch im gleichen Jahr brav
in eine neue Form gebracht hat.
Schulz: Aha! Ich sagte, nennen Sie mir einen Fall, wo sich der
Europäische Gerichtshof über das Verfassungsgericht
hinweggesetzt hätte. Nicht über die Verfassung - über
das Verfassungsgericht.
SPIEGEL: Diesen Kollisionsfall hat es bisher noch nicht gegeben.
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Gauweiler, Schulz, SPIEGEL-Redakteure* „Ick bin entschieden anderer
Auffassung" (Bild)
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Schulz: Na bitte!
Gauweiler: Halten Sie es denn für richtig, dass der EuGH sich
über nationales Verfassungsrecht hinwegsetzen kann?
Schulz: Nein.
Gauweiler: Stört Sie dann nicht, dass jetzt dieser absolute
Vorrang der Rechtsprechung des EuGH von uns vertraglich
ausdrücklich festgeschrieben wird? Bisher sagte das
Bundesverfassungsgericht: Selbstverständlich behalten wir uns in
letzter Konsequenz vor, Hoheitsakte der EU dahingehend zu prüfen,
ob sie mit dem Grundgesetz vereinbar sind, ob die EU dafür die
Kompetenz hatte, oder ob ihre Organe darüber hinausgeschossen
sind. Wenn Lissabon Realität wird, geht das nicht mehr.
SPIEGEL: Ist es nicht pikant, dass das Verfassungsgericht jetzt quasi
über seine eigene Entmachtung entscheiden muss?
Schulz: Ich sehe das nicht so. Der EuGH wird niemals die Anwendbarkeit
des Grundgesetzes auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland in
Frage stellen können.
Gauweiler: Aber wenn ein Großteil des Rechts in Deutschland von
der EU kommt und das EU-Recht Vorrang vor dem Grundgesetz hat!
Schulz: Aber nicht der EuGH. Ich habe dazu meine Meinung
geäußert, und ich bin ziemlich sicher, dass das
Bundesverfassungsgericht das ähnlich sehen wird. Die entscheidende
Frage lautet doch: Ist wegen des demokratischen Defizits, das
zugegebenermaßen existiert, die gesamte Europäische Union
falsch? Ist deshalb der gesamte Einigungsprozess zu hinterfragen? In
der EU ist nicht alles Gold, was glänzt, ganz im Gegenteil. Aber
Sie wollen die EU in eine Zeit zurückzudrehen, in die sie nicht
mehr zurück kann.
Gauweiler: Auch ich glaube, dass die Europäische Union eine gute
Sache ist
Schulz: Da freue ich mich jetzt aber. Gauweiler: Ich will gar nicht in
einen Wettbewerb treten, wer von uns der bessere Europäer ist -
Sie sind es. Aber ich glaube, dass hier für eine gute Idee des
Guten zu viel getan wird. Wir sind dabei, wie der Hans im Glück
einen Goldklumpen, unseren jetzigen Verfassungsstatus in einen
Schleifstein zu verwandeln.
Schulz: Tut mir aufrichtig leid, aber da bin ich entschieden anderer
Auffassung. Gauweiler: Ich bin ja schon erleichtert, dass es
überhaupt eine inhaltliche Diskussion über dieses
Vertragswerk gibt. Jetzt wird deutlich, dass die EU uns ein
paternalistisches System aufdrückt, das die europäischen
Demokratien eigentlich längst mit Mehrheitsprinzip,
Gewaltenteilung und Volkssouveränität überwunden haben.
Schulz: Ich glaube, dass es zu einer Vertiefung der europäischen
Integration keine Alternative gibt.
SPIEGEL: Herr Gauweiler, Herr Schulz, wir danken Ihnen für dieses
Gespräch.