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Parlamentsmehrheit verhindert Cross-Border-Leasing bei U-Bahn -

Gefeierter "Sieg der Bürgergesellschaft" ist für CDU und FDP Ergebnis einer "perfiden Emotionalisierung"

Das Stadtparlament hat gestern Abend mit einer linken Mehrheit sowie den Stimmen von BFF und Republikanern den Ausstieg aus Cross-Border-Leasing-Geschäften beschlossen. Es folgte damit dem Anliegen des Bürgerbegehrens "Rettet die U-Bahn". Als "Sieg der Bürgergesellschaft" und "Signal gegen Resignation" wurde die Entscheidung gefeiert. CDU und FDP sprachen von "perfider" Emotionalisierung" und "Rattenfängerei".

Das Stadtparlament habe heute Abend "leichtfertig 100 Millionen Euro verschenkt", sagte CDU-Fraktionschef Uwe Becker. Diesen Betrag wollte die Stadt aus dem auf 99 Jahre angelegten Leasing-Geschäft mit einem US-Investor einstreichen. Das Bürgerbegehren, das auch von den Fraktionen PDS und BFF von Anfang an unterstützt worden war, habe die Menschen auf der Straße "primitiv angesprochen", habe emotionalisiert mit der Frage "Wollt ihr, dass unsere U-Bahn verkauft wird?". Auf diese Weise seien die fast 50000 Unterschriften gegen CBL zustande gekommen. Diesem "Druck der Straße", so FDP-Fraktionschef Volker Stein, hätten sich dann die Grünen gebeugt - aus "opportunistischen Gründen". Vom "Sieg der Frankfurter Bürgerschaft" könne da keine Rede sein.

Becker (CDU) bezeichnete die Grünen, die die Vertragsverhandlungen lange befürwortet, dann aber ausgestiegen waren, als die "größten Umfaller", die das Ansehen der Stadt als verlässlichen Partner geschädigt hätten. Nach Ansicht von Heiner Halberstadt (PDS) und Wolfgang Hübner (BFF) sollte die Stadt vielmehr "stolz auf ihre engagierten Bürger sein". Von Frankfurt aus sei - auch dank den Organisatoren von Attac - ein "Signal der Ermutigung" (Halberstadt) gesendet worden, dass Demokratie lebendig sei. Gerade das bürgerliche Klientel, sehr viele ältere Menschen und keineswegs nur "die Linke" habe an den Ständen gegen CBL unterschrieben, entgegnete Hübner CDU und FDP.

Das Bürgerbegehren und die damit verbundene öffentliche Diskussion habe bei ihm die Einsicht befördert, "dass CBL ein Fehler gewesen wäre", sagte Giesbert Schulz-Freywald (FAG). "Ich ziehe vor diesen Bürgern meinen Hut." Das Bürgerbegehren habe den Kurs der Grünen gestoppt, fand SPD-Fraktionsgeschäftsführer Klaus Oesterling. Die Grünen sollten sich überlegen, ob sie weiterhin die "Rolle einer zweiten FDP spielen" oder nicht besser zur "sozialökologischen Politik zurückkehren sollten".

Für die Grünen-Fraktion sprach Angela Hanisch von einer Meinungsänderung "aus Respekt vor der Meinung der Bevölkerung". Es sei einfach klar geworden, dass ein CBL-Geschäft nicht durchzusetzen sei. "Wenn die Bevölkerung es nicht mitträgt, macht es keinen Sinn." Hanisch gab zu, dass die Grünen einer "Fehleinschätzung" dieser Stimmungslage unterlegen waren. Die Fraktion hätte aber auch keinen Sinn darin gesehen, mit der Bekanntgabe ihrer Einsicht bis zum Abschluss der laufenden Risikoanalyse zu warten. Es sei den Grünen durchaus klar, dass "wir es ohne die 100 Millionen Euro in den Haushaltsberatungen noch schwerer haben werden". ox

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Dokument erstellt am 19.09.2003 um 00:01:22 Uhr
Erscheinungsdatum 19.09.2003 | Ausgabe: S | Seite: 26